Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
Vom Netzwerk:
…“
    „Oh, sei doch still“, unterbrach sie ihn. „Ich mußte das dem Nath erzählen, weil Einzelwesen einfach nicht herumlaufen. Nach Nath-Kriterien kann eine halbe Person einfach nicht überleben. Die ganze Kolonie wäre in Aufruhr, nicht nur du und ich. Du glaubst gar nicht, wie empfindlich sie in dieser Sache sind. Das ist ihre Religion, verdammt noch mal.“
    „Tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Wenn du nur aufhören würdest, mich auszuziehen, könnte ich dir besser zuhören.“
    „Nun, vielleicht können wir eine Weile so tun“, stimmte sie zögernd zu. Sie schob ihn hinab auf das Sofa und streckte sich auf höchst provokative Weise neben ihm aus. „Wenn die Naths sich reproduzieren wollen, spalten sie sich. Sie teilen sich in die weibliche und männliche Hälfte auf. Das ist der eine von zwei Augenblicken ihres Lebens, wo sie nicht zusammen sind. Dann regeneriert sich jede Hälfte – machen das Erdenwürmer eigentlich auch immer so?“
    „Ja“, versicherte ihr Bruder Paul.
    „Nur ein männlicher Nath kann sich nicht zu dem anderen Geschlecht reproduzieren und vice versa. So produzieren Männchen das männliche Gewebe und Weibchen weibliches. Ist dir das peinlich?“
    „Du redest über die Reproduktion von Außerirdischen“, erinnerte er sie. „Warum sollte mir das peinlich sein?“
    „Das stimmt, du bist ja frisch von der Erde. Die örtliche Pornographie berührt dich noch nicht. Jedenfalls ist ein Unisex-Paar in der Regel instabil.“
    „Das kann ich mir denken“, sagte Bruder Paul. „Wie bei der Homosexualität …“
    „Außer daß es notwendiger Bestandteil ihrer Reproduktion ist“, sagte sie. „Der Unisex erfordert rasche Neuspaltung. Dann gibt es vier Unter-Naths, darunter zwei Weibchen. Männlich-Original und Männlich-Reproduktion, und das gleiche gilt für die Weibchen, dann kombinieren sie sich neu und bilden …“
    „Ich verstehe“, meinte Bruder Paul. „Aber das ist ja wie bei einer menschlichen Familie. Das Elternpaar produziert zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. Der Mechanismus ist im Detail anders, aber …“
    „Und diese Details machen einen gewaltigen Unterschied aus“, unterbrach sie ihn. „Einige Fragmente müssen hinausgehen und sich mit anderen Familien teilen beziehungsweise verbinden, um den genetischen Fundus weit genug zu halten …“
    „Ja, natürlich. Daher sind Menschen exogam und heiraten außerhalb ihrer Familien. Andernfalls würde sich die Art rasch zu verschiedenen Spezies herausbilden. Es muß unter den Mitgliedern Vermischung geben …“
    „Aber es sind nicht die Kinder, die sich regenerieren und die exogam leben“, meinte Ruby. „Die wären zu frisch, um damit fertig zu werden. Es sind die alten Individuen, die sich trennen und woanders wieder vereinen ‚Sie …“
    „Sie müssen sich nach der Reproduktion scheiden lassen?“ fragte Bruder Paul verdutzt. „Das entspricht aber nicht meiner Vorstellung von einer stabilen Verbindung. Wer kümmert sich denn um die Kinder?“
    „Die Kinder kümmern sich mit Hilfe der gesamten Nath-Gemeinschaft um sich selber. Sie verschmelzen zu einem Nath-Paar und …“
    Bruder Paul war schockiert. „Aber das ist Inzest!“
    „Nun beginnst du allmählich das Problem zu begreifen“, sagte sie. „Nach ihren Normen und ihrer Religion ist es für Geschwister unmoralisch, sich nicht miteinander zu paaren, und für Eltern, nicht auseinander zugehen und andere Geschiedene zu heiraten. Wenn wir also die Unterstützung der Naths für unsere Enklave wollen …“
    „Müssen wir Inzest begehen und andere Familien auseinanderreißen“, beendete Bruder Paul den Satz. „Jetzt begreife ich. Als Kolonie seid ihr hin und her gerissen zwischen den ökonomischen Bedürfnissen, dem Überleben und der menschlichen Sexualmoral,
    wie bei einer dualistischen Religion, die eine Dichotomie verkleistert. Aber wenn ihr den Naths diesen grundlegenden Unterschied erklären würdet …“
    „Das haben unsere Vorfahren versucht“, meinte sie. „Die Nath-Missionare haben uns ihre Position erklärt. Sie sagten, wir hätten in unerträglicher Sünde gelebt, und das könnten sie nicht unterstützen. Es sei ihre Pflicht, uns ans Licht zu führen.“
    „Wie unsere Missionare“, meinte Bruder Paul. „Aber wie werdet ihr damit fertig?“
    „Das wissen vermutlich die Nath-Biologen, aber die Missionare wissen nicht oder geben vor, nicht zu wissen, daß menschliche Paare normalerweise keine Zwillinge hervorbringen

Weitere Kostenlose Bücher