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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Sodomie?
    Dann schoß es durch ihn hindurch wie ein Lichtstrahl: „Die Bibel deckt nur einen kleinen Bereich von Jesu Leben ab. Nur seine Geburt, seine Bar-Mizvah im Alter von zwölf Jahren und seine geistige Mission, die er im Alter von dreißig Jahren begann. Achtzehn Jahre seiner Jugend und frühen Reifezeit fehlen. Er kann in jeder Hinsicht ein absolut normales Leben geführt haben, was die Gestalter des Neuen Testaments aus Prüderie nicht erwähnt haben – oder einfach nicht wußten.“
    „Was ich zu Beginn der Szene angedeutet habe“, stimmte Therion zu. „Die Frau am Brunnen war ebenso sexy, wie das bei Samaritern so vorkommt. Denk auch daran, wie er später die Parabel vom barmherzigen Samariter erzählt. Offensichtlich dachte er an das schöne Bumsen bei ihnen …“
    „Nein!“ Nun steckte Bruder Paul wieder in der ersten Falle und kämpfte sich durch den Schmutz und Schund einer degenerierten Vorstellung. „Kein flüchtiger Sex. Er muß verheiratet gewesen sein..“
    Therion hob die Braue. Er besaß ungewöhnliche Kontrolle über sein Mienenspiel. „Wird das irgendwo in der Bibel erwähnt?“
    Gab es einen Ausweg? „Nein, wird es nicht. Aber wie ich schon sagte, entweder die Zensur oder übersehen …“
    „Glaubst du wirklich, so etwas Wichtiges hätten sie vergessen? Eine Frau einfach nicht berücksichtigt?“ Therion lächelte überlegen. „Nicht ein Apostel, nicht einer derjenigen, die mit Jesus zu tun hatten, soll ein Wort über die kleine Frau verloren haben? Keine Witwe bei der Kreuzigung? Keine Waisenkinder?“
    Es war hoffnungslos. „Nein, das hätten sie nicht vergessen können“, gab Bruder Paul schwerfällig zu. „Jesus war unverheiratet.“ Wie verlockend, sich eine liebevolle Frau auszumalen, die kinderlos an irgendeinem Fieber starb, ehe Jesus seine Mission begann … aber nutzlos.
    „Also wieder zurück zur Ausgangs frage: ‚Was hat Jesus außer Pinkeln mit seinem Penis getan?’“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Glaubst du nicht, dies herauszufinden schuldest du deiner Mission?“
    Diabolischer Imperativ! „Ja“, sagte Bruder Paul grimmig. Man hatte die Ehre von Jesus Christus herausgefordert, und Bruder Paul würde sie verteidigen … wenn er es könnte. Ein Scheitern würde bedeuten, der gesamte Komplex christlicher Religionen würde eliminiert, und man überließe das Feld gänzlich dem Gehörnten Gott.
    „Da steht alles“, sagte Therion und deutete auf die Bibel.
    „Vater, vergib mir“, murmelte Bruder Paul inbrünstig. „Ich muß es tun.“ Er schritt auf das riesige Buch zu, und die Seiten flogen so rasch an ihm vorbei, daß sie vor seinem Blick verschwammen. Er setzte einen Fuß in diese Wolken, dann den anderen, sank hinein wie in eine Nebelbank und fand sich in Galiläa wieder auf einer Bergwiese. Er sah sich um.
    Es war ein typisch subtropischer Berghang mit ein paar stämmigen Bäumen und hohem Gras kurz vor der Blüte. Bald, dessen war er sicher, würde ein Schäfer seine Herde hierherbringen, die in wenigen Tagen das Gras kurzfressen würde. Dann würden sie auf eine grünere Weide weiterziehen und dieser ermöglichen, sich neu zu beleben. Es gab natürlich keine Zäune. Das Land stand allen offen, die es nutzen wollten und die die Macht hatten, es für sich zu beanspruchen. Schäfer konnten ziemlich rauhe Burschen sein, das wußte er. Der kleine David war ein Meister mit der Schleuder geworden, weil er seine Herde vor den Wölfen hatte beschützen müssen, und diese Waffe hatte er auch eingesetzt, um Goliath zu töten.
    Aus dem Buschwerk nahe am Hang tauchte ein Mann auf, der locker, aber zielstrebig auf ihn zukam. Es war Jesus. Bruder Paul erkannte ihn auf Anhieb, denn er erkannte Lees Haltung. Natürlich mußte Jesus hier vorbeikommen, denn Bruder Pauls Animation war nur dazu da, ihn diesem Mann in den Weg zu bringen.
    Jesus erblickte ihn und blieb stehen. Grüßend hob Bruder Paul den Arm. Das war natürlich eine Szene aus einem Spiel, doch er spürte seine Aufregung. Auch in einer kurzen Szene bedeutete der Gedanke, Jesus persönlich zu treffen …
    „Hallo“, sagte Bruder Paul, als Jesus näher kam. Er sprach nicht in Jesu Muttersprache, aramäisch, weil weder er noch Lee sie kannten. Bei einem wirklichen Sprung in die Vergangenheit würden unüberwindliche sprachliche Barrieren auf sie zukommen.
    „Hallo“, antwortete Jesus. Er war ungefähr im gleichen Alter wie Bruder Paul, mit schulterlangem Haar, das die levantinische Sonne gebleicht

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