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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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»Allerdings darf ich nicht fliegen.«
    Lord Vetinari, der Patrizier von Ankh-Morpork, stocherte im Tintenfass. Es enthielt auch ein wenig Eis.
    »Hast du hier nicht einmal ein anständiges Feuer?«, fragte Hughnon Ridcully, Hohepriester des Blinden Io und inoffizieller Sprecher des religiösen Establishments der Stadt. »Ich meine, ich halte nichts von stickigen Zimmern, aber hier drin ist es lausig kalt!«
    »Es dürfte ein wenig frisch sein, ja«, erwiderte Lord Vetinari. »Wie seltsam: Das Eis ist nicht so dunkel wie die flüssige Tinte. Woran liegt das?«
    »Vermutlich an der Wissenschaft«, sagte Hughnon gleichgültig. Wie sein Zaubererbruder Mustrum hielt er sich nicht gern mit Fragen auf, die ihm dumm erschienen. Sowohl Götter als auch Magie erforderten solide, vernünftige Männer, und was ihre Solidität betraf, konnte man die Gebrüder Ridcully mit Felsen vergleichen. In mancher Hinsicht waren sie auch ebenso vernünftig.
    »Nun, wie dem auch sei… Was hast du eben gesagt?«
    »Du musst dieser Sache ein Ende bereiten, Havelock. Du kennst ja die… Übereinkunft.«
    Vetinari schien von dem Tintenfass fasziniert zu sein. »Ich ›muss‹, Hochwürden?«, fragte er ruhig, ohne aufzusehen.
    »Du weißt doch, warum wir gegen Drucktypen sind!«
    »Erinnere mich noch einmal daran… Sieh nur, es wippt auf und ab…«
    Hughnon seufzte. »Worte sind zu wichtig, um sie Maschinen zu überlassen. Gegen das Gravieren haben wir nichts, das weißt du ja. Wir erheben keine Einwände gegen Worte, die richtig festgenagelt werden. Aber Worte, die man auseinander nehmen kann, um aus ihren Einzelteilen neue Worte zu formen… So etwas ist gefährlich. Ich dachte, du wärst ebenfalls dagegen.«
    »Im Großen und Ganzen, ja«, sagte der Patrizier. »Aber ich regiere diese Stadt jetzt seit vielen Jahren, Hochwürden, und daher weiß ich, dass man einen Vulkan nicht bremsen kann. Manchmal ist es besser, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Für gewöhnlich kehrt nach einer Weile wieder Ruhe ein.«
    »Du hast nicht immer eine so lockere Einstellung vertreten, Havelock«, meinte Hughnon.
    Der Patrizier bedachte ihn mit einem langen kühlen Blick.
    »Flexibilität und Verständnis sind immer mein Motto gewesen«, sagte er.
»Mein Gott, tatsächlich?«
»Ja. Jetzt möchte ich, dass du, Hochwürden, und dein Bruder Folgendes auf eine flexible Weise versteht: Zwerge haben das neue Unternehmen gegründet. Und weißt du, wo die größte Zwergenstadt liegt, Hochwürden?«
    »Was? Oh… mal sehen… Es gibt da einen Ort in…«
    »Ja, das sagen die meisten Leute. Aber die richtige Antwort lautet: Ankh-Morpork. Inzwischen leben hier mehr als fünfzigtausend Zwerge.«
    »Das muss ein Irrtum sein.«
    »Nein, es ist die Wahrheit. Derzeit unterhalten wir sehr gute Beziehungen zu den Zwergengemeinschaften in Kupferkopf und Überwald. Gegenüber den Zwergen ist Ankh-Morporks Hand der Freundschaft ständig ausgestreckt, und zwar ein wenig nach unten. Und angesichts des jüngsten Kälteeinbruchs sind bestimmt alle froh darüber, dass jeden Tag Frachtkähne mit Kohle und Lampenöl von den Zwergenminen kommen. Dir dürfte klar sein, worauf ich hinauswill, oder?«
    Hughnon sah zum Kamin. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit glühte dort ein einzelnes Kohlestück.
    »Außerdem lässt sich diese neue Art des Druckens kaum mehr ignorieren«, fuhr der Patrizier fort. »Immerhin gibt es im Achatenen Reich große Druckereien, ebenso in Omnien, wie du sicher weißt. Und zweifellos bist du auch darüber informiert, dass die Omnianer ihr heiliges Buch Om in großer Zahl exportieren, von ihren vielen Broschüren ganz zu schweigen.«
    »Evangelikaler Unsinn«, kommentierte Hughnon. »Du hättest ihn schon vor einer ganzen Weile verbieten sollen.«
    Erneut folgte ein langer durchdringender Blick.
» Eine Religion verbieten, Hochwürden?«
»Nun, als ich von verbieten sprach, meinte ich…«
»Ich bin sicher, dass mich niemand als Despot bezeichnen kann,
    Hochwürden«, sagte Lord Vetinari streng.
    Highnon Ridcully schätzte die Situation falsch ein und versuchte, die Stimmung zu verbessern. »Zumindest nicht zweimal, ahaha.« »Wie bitte?«
»Ich sagte… Zumindest nicht zweimal… ahaha.«
    »Entschuldige bitte, aber ich glaube, ich verstehe dich nicht ganz.« »Ich, äh, habe mir nur einen Scherz erlaubt, Have… Herr.« »Oh. Ja. Ahah«, sagte Vetinari, und die Worte zerfaserten in der Luft.
    »Nein, ich fürchte, den Omnianern steht es völlig frei, ihre guten

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