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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Der Herr hat uns vor der drohenden Gefahr beschützt . Und Er wird uns auch weiterhin Seinen Segen geben, wenn wir treu bleiben und nicht von Seinem Pfad abweichen.«
    Pater Giacomo packte seinen Stab wieder fester und schritt voran. Stefano rappelte sich auf und beeilte sich, ihm zu folgen . Pater Giacomo hatte natürlich Recht. Trotzdem konnte er den Soldaten am Tor nicht aus seinem Kopf verbannen. Seine ungewöhnlichen strahlend blauen Augen schienen ihn immer noch mit ihrem Blick zu verfolgen. Deutlich, als würde der Soldat direkt vor ihm stehen, sah er die seltsame hohe, mit goldenen Kordeln verzierte Mütze und die bunte Kleidung vor sich, deren Farben so grell und leuchtend waren, dass sie Stefano fast geblendet hatten. Und immer noch liefen ihm Angstschauer über den Rücken, wenn er an den Säbel dachte, der am Gürtel des Soldaten baumelte. Die blitzende Klinge machte einen tödlich scharfen Eindruck. Vielleicht war sie sogar scharf genug, um Haare damit spalten oder einen Kopf mit nur einem einzigen Hieb vom Rumpf trennen zu können. Obwohl sie weit gereist und bereits seit vielen Jahren unterwegs waren, um von ihrer Heimat, einem einsam gelegenen Kloster in den Bergen von Umbrien, nach Jerusalem zu gelangen, hatte Stefano nie zuvor solche Soldaten gesehen. So schön und so erschreckend gefährlich zugleich.
    »Wer sind diese Soldaten am Tor?«, fragte Stefano, als er Pater Giacomo nach ein paar Schritten eingeholt hatte.
    »Es sind Janitscharen, mein Sohn«, antwortete dieser so bereitwillig, wie er ihn alle Dinge lehrte, die er wissen musste. »Sie selbst bezeichnen sich gern als die Wächter von Jerusalem , als Mündel des Sultans. Doch in Wahrheit sind sie Kinder aus jenen christlichen Provinzen, die von den Moslems erobert wurden. Ihren richtigen Familien wurden sie gewaltsam entrissen . Sie sind arme Seelen, die unter den Geierschwingen der Osmanen vom rechten Pfad abgedrängt wurden, um anstelle der Wahrheit der Bibel den Lügen des Korans zu folgen.« Pater Giacomo seufzte und schüttelte betrübt den Kopf. »So viele vortreffliche junge Männer sind auf diese Weise dem Feind in die Hände gefallen! Aber noch sind sie nicht verloren, wenigstens nicht alle. Wer weiß, vielleicht gelingt es uns, den einen oder anderen von ihnen wieder zum wahren Glauben zurückzuführen . Auch dies wird hier unsere Aufgabe sein.«
    Stefano warf Pater Giacomo einen bewundernden Blick zu. Auf jede seiner Fragen kannte er die Antwort. Sein Wissen war so unermesslich groß, so umfassend. Manchmal glaubte er, dass es ihm die Engel Gottes offenbart haben mussten.
    Sie gingen die Straße entlang, die schmal war im Vergleich zu den Straßen in anderen Städten, welche sie auf ihrer Reise gesehen hatten. Und doch war alles erfüllt von Leben. Männer und Frauen in den unterschiedlichsten Gewändern eilten an ihnen vorbei. Schafe blökten, Ziegen meckerten, Kinder spielten auf der Straße Verstecken und andere seltsame Spiele, die Stefano nicht kannte. Ein Mann schleppte einen Käfig voller weißer Tauben auf seinem Rücken. Die Tiere flatterten in ihrem engen Gefängnis aufgeregt umher, sodass weiße Federn den Weg des Mannes säumten. Nein, Jerusalem war anders. Ganz anders als jede Stadt, die er kannte.
    In ehrfürchtigem Staunen blickte sich Stefano um. Oft schon hatte er seinen Fuß über die Schwelle der Tore der Heiligen Stadt gesetzt – in seinen Träumen. Doch selbst in den kühnsten unter ihnen war sie ihm nie so prächtig und erhaben erschienen. Jerusalem. Die Stadt, in der der Herr Jesus Christus gepredigt hatte, in der Er, der Sohn des lebendigen Gottes, zum Wohle aller Menschen den Weg des Leidens gegangen war. Hier war Er ans Kreuz geschlagen worden und drei Tage später im Triumph über Tod, Sünde und seine Feinde wieder auferstanden. Jerusalem. Stefano konnte es kaum fassen, dass seine Füße gerade jene Steine berührten , über die der Herr Jesus Christus auch gewandelt war. Am liebsten wäre er auf die Knie gesunken, um die Steine zu küssen.
    »Stefano, was ist mit dir?« Pater Giacomos Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Du stehst da und machst Augen, als wäre dir soeben der Engel der Verkündigung erschienen. Es fehlt wohl nicht viel, und du fällst noch mitten auf der Straße auf die Knie.«
    Unter Pater Giacomos belustigtem Blick wurde Stefano rot.
    »Verzeiht, Pater, aber …«
    »Schon gut, mein Sohn, schon gut.« Pater Giacomo tätschelte ihm die Schulter. »Ich kann dich verstehen. Du bist

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