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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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mit der Anwesenheit des riesigen Leibwächters Huw zusammen, der mit einer Keule in den Händen neben dem Eingang stand. Er würde jedem Mann - auch Ardanos - auf der Stelle den Schädel einschlagen, wenn er der Hohenpriesterin auch nur mit einer Geste zu nahe kam oder ohne die gebührende Ehrfurcht mit ihr sprach. Huws Gegenwart bürgte für Lhiannons Sicherheit und ermöglichte ihr, Besucher zu empfangen, was den weniger gut bewachten Frauen nicht gestattet war.
    Ardanos wußte zu seinem Verdruß, daß er für das Amt des höchsten Druiden eine imposantere Erscheinung hätte sein können. Er war nicht der wiedergeborene Merlin Albions. Trotz des geheimen Wissens und der Kraft seiner Gesänge war ihm die Stimme der Göttin versagt. SIE sprach nicht zu ihm. Dazu brauchten die Druiden die Priesterinnen und vor allem Lhiannon. Insgeheim tröstete ihn der Gedanke, daß Lhiannon inzwischen ebenfalls nicht mehr wie die leibhaftige Göttin der Weisheit aussah, die den Blick in die Zukunft und in die Vergangenheit werfen konnte. Gewiß, Lhiannon war selbst jetzt noch sehr schön. Sie war anmutig und sanft. Ein asketisches Leben hatte ihre Züge verfeinert. Davon abgesehen war sie jedoch nur eine alternde Frau, obwohl man in ihren hellblonden Haaren die grauen Strähnen nicht sah, die sie hatte, wie Ardanos sehr wohl wußte.
    Das dunkelblaue rituelle Gewand fiel in steifen Falten und ließ nichts von ihrem zarten Körper erkennen. Es kleidete sie nicht besonders vorteilhaft. Die sonst so geraden Schultern ließ sie mit der Müdigkeit ihrer Jahre etwas hängen. Ardanos wurde sich des eigenen Alters um so mehr bewußt, als er die deutlichen Zeichen vergangener Jugend an ihr sah.
    Seit einigen Jahren trug Lhiannon in Anbetracht ihres Alters ein Kopftuch, wie es die meisten Matronen und alten Frauen taten. Nur bei den Ritualen fielen die langen, seidigen Haare noch offen über die Schultern.
    Wie auch immer, dachte Ardanos, seit über dreißig Jahren - und er kannte sie bereits länger als zwanzig - war diese Frau, dieses Gesicht und diese Erscheinung, der Mittelpunkt der Glaubens aller Menschen weit und breit. Aus ihrem Mund kam das Wort der Göttin, das von den Orakelpriestern gedeutet wurde.
    Vielleicht strahlte das Gesicht der alternden Frau deshalb eine Art Göttlichkeit aus - eine Göttlichkeit, die das schwere und unvorteilhafte Gewand wie ein zarter Blütenduft umwehte. Vielleicht hatten ihr die unzähligen Menschen diesen Hauch des Göttlichen verliehen, denn für sie war diese Frau die Verkörperung der Göttin. In den Augen der Menschen war sie nicht nur ein Symbol ihres Glaubens, sondern für ihre kindlichen Gemüter war sie die Göttin selbst - die große jungfräuliche Mutter der Stämme, die Herrin des Landes, die sichtbar als Mensch unter ihnen weilte.
    Lhiannon hob den Kopf. »Ardanos, du starrst mich jetzt schon so lange an, daß man in dieser Zeit hätte eine Kuh melken können! Bist du gekommen, um mir etwas zu sagen, hast du eine Frage? Was es auch sei, heraus damit! Es kann nicht Schlimmeres geschehen, als daß ich es dir ablehne. Und wann wäre ich dazu schon einmal in der Lage gewesen?«
    Das sind die Worte einer Göttin, dachte Ardanos und war froh, sich mit Zynismus aus einer Stimmung zu befreien, die ihn zunehmend bedrückte.
    »Verzeih mir, Herrin des Heiligtums«, sagte er freundlich, »ich war in Gedanken woanders.«
    Er bemerkte ihre Überraschung, als er sich erhob und unruhig auf und ab ging. Dann sagte er unvermittelt: »Lhiannon, ich mache mir Sorgen. Ich habe in Deva ein Gerücht gehört - und kein Geringerer als der Sohn des Präfekten hat es wiederholt. Rom wird vielleicht seine Legionen abziehen. Ich höre das jetzt bereits zum dritten Mal. Gut, es gibt immer diejenigen, die rufen: ›Nieder mit Rom!‹, aber… «
    »Und leider erwarten - oder zumindest hoffen - zu viele, die Gerüchte und Halbwahrheiten verbreiten, daß wir in ihr Geschrei einstimmen. Ich glaube nicht an das Gerücht«, erklärte Lhiannon entschieden. »Aber ich bin sicher, wenn es so sein sollte, dann können wir auch ohne die Legionen leben. Haben wir uns das nicht gewünscht, seit Carac in Ketten durch Rom geführt wurde?«
    »Aber stell dir nur das Chaos vor, das dann unweigerlich ausbrechen würde«, erwiderte Ardanos. »Dieselben Leute, die jetzt schreien: ›Nieder mit Rom‹… « er wollte sich nicht von diesem Gedankengang abbringen lassen -
    Lhiannon lächelte zuvorkommend und beendete seinen Satz. »…

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