Die Wälder von Albion
gesehen hast, Dieda!«
»Natürlich mich«, erwiderte Cynric lachend. »Jedenfalls hoffe ich es.«
»Dann wirst du sie heiraten und unser richtiger Bruder sein«, sagte Senara und lächelte ihn an.
»Wer sagt dir, daß ich sie wirklich heiraten will?« Cynric zog eine Grimasse. »Außerdem müssen wir zuerst mit deinem Vater sprechen.«
»Glaubst du, er hat etwas dagegen?« fragte Dieda besorgt.
Gaius mußte daran denken, daß die Tochter eines Druiden möglicherweise noch weniger Freiheiten hatte als der Sohn eines Präfekten.
»Wenn er mich einem anderen versprochen hätte, dann wüßte ich es bestimmt!«
»Und wen willst du heiraten, Eilan?« fragte Senara. Gaius sah sie mit großen, erwartungsvollen Augen an.
»Darüber habe ich noch nicht nachgedacht«, erwiderte Eilan sichtlich verlegen und wurde rot. »Ich glaube, manchmal die Stimme der Göttin zu hören… Vielleicht sollte ich als eine der Jungfrauen dem Orakel in Vernemeton dienen.«
»Besser du als ich«, sagte Dieda. »Um ein solches Leben würde ich dich nicht beneiden.«
»Ach!« Senara schüttelte enttäuscht den Kopf. »Möchtest du wirklich ein Leben lang alleinsein, Eilan?«
»Das wäre sehr traurig«, sagte Gaius. »Gibt es denn wirklich keinen Mann, den du heiraten möchtest?«
Eilan sah ihn an und schwieg. Schließlich sagte sie leise: »Keinen, den meine Eltern mir zum Mann geben würden. Außerdem, das Leben im Heiligtum kann sehr schön sein. Die Frauen lernen dort das geheime Wissen und werden auch in der Heilkunde unterwiesen… «
Ach so, dachte Gaius, sie will eine heilkundige Priesterin werden.
Er war irgendwie enttäuscht. Einer so schönen Frau sollte das Leben in der Welt verschlossen bleiben. Das wäre wirklich schade…
Eilan war ganz anders als alles, was er von britonischen Frauen bisher gehört hatte. Er hatte geglaubt, sie seien alle wie die Tochter von Clotinus, und sich nicht die Mühe gemacht herauszufinden, ob das tatsächlich stimmte. Sein Vater hatte mehrmals davon gesprochen, ihn mit der Tochter eines Freundes, eines hohen Beamten in Londinium, zu verheiraten. Aber Gaius hatte das Mädchen nie gesehen.
Er fand jetzt, es sei möglicherweise richtiger für ihn, eine Frau wie Eilan zu heiraten. Schließlich hatte auch seine Mutter einem britonischen Stamm angehört, und es mußte noch andere Beispiele für solche Verbindungen geben. Er sah Eilan unverwandt an, bis sie unruhig wurde.
»Senara, habe ich mich im Gesicht mit Beerensaft verschmiert?« fragte sie und sprang plötzlich auf. »Ich glaube, wir sollten mit dem Blumenpflücken anfangen«, rief sie und lief über die Wiese, die übersät war mit blauen und gelben Blüten.
»Du hast dich nicht verschmiert!« rief Senara und lief hinter ihr her.
»Nein, Senara, den Rittersporn nehmen wir nicht«, sagte Eilan, »der welkt viel zu schnell.«
»Dann zeig mir, welche Blumen ich pflücken soll«, sagte Senara. »Ich möchte eine Girlande aus diesen roten Lilien… Die Priesterinnen hatten sie auch im letzten Jahr, und sie sahen wunderschön aus.«
»Ich glaube, die Stengel sind nicht biegsam genug, um sie zu flechten. Aber ich werde es versuchen«, sagte Eilan und nahm Senara die Blumen ab, die diese ihr reichte. »Nein… . es geht nicht, Senara. Lhiannons Frauen müssen geschickter sein als ich. Bei mir brechen die Stengel«, erklärte Eilan. »Komm, wir nehmen lieber Schlüsselblumen.«
»Ach, die sind so gewöhnlich wie Unkraut«, widersprach Senara. Eilan lachte.
»Was geschieht denn bei dem Fest?« fragte Gaius, als sie mit den Blumen zurückkamen.
»Die Männer treiben die Rinder zwischen den Feuern hindurch, und Lhiannon ruft die Göttin an, damit sie den Orakelspruch verkünden kann«, erwiderte Eilan.
»Und an den Feuern treffen sich die Liebespaare«, sagte Cynric mit einem Blick auf Dieda. »Wer sich verlobt hat, gibt das Verlöbnis bekannt. Hier, Senara, nimm diese hier… «
»Mit denen habe ich es schon versucht. Aber die Stengel sind einfach zu holzig«, erwiderte Eilan. »Dieda, wie findest du diese Girlande?«
Dieda kniete vor einem blühenden Weißdornstrauch. Sie drehte sich bei Eilans Frage um und stach sich dabei mit einem Dorn in den Finger, der sofort zu bluten begann. Cynric lief zu ihr und küßte ihn. Sie wurde rot und fragte verlegen: »Soll ich dir auch eine Girlande machen, Cynric?«
»Wenn du willst… «, sagte er. In diesem Augenblick krächzte auf einen Baum in der Nähe ein Rabe, und Cynric wurde auf der Stelle
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