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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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geflohen, als der Kaiser sie verfolgen und hinrichten ließ. Die Druiden haben ihnen sogar erlaubt, auf der Insel Avalon weit im Süden, im Sommerland, ein Heiligtum zu errichten. Aber wir kennen nur den Gefährten der Göttin… oder seinen Stellvertreter, der sein Blut für das Land gibt.«
    Unter lautem Geschrei warfen die jungen Männer die Strohpuppen in die Flammen. Alle jubelten laut, als sie knisternd und zischend brannten und die Flammen hoch aufloderten. Eilan zuckte zusammen, als eine andere Gruppe mit neuen Strohpuppen an ihnen vorbeirannte. Gaius legte sofort schützend einen Arm um sie.
    »Sie verbrennen jetzt alle bösen Geister, und dann wird man die Rinder zwischen den beiden Feuern hindurchtreiben, damit sie im Sommer geschützt sind, wenn sie auf den Hügeln weiden. Das Feuer hat eine reinigende Kraft und… « Sie schwieg und wurde plötzlich rot.
    »Was geschieht noch?« fragte er sanft und mußte sich sehr beherrschen, sie nicht noch enger an sich zu ziehen. Aber auch so spürte er durch das Kleid ihren schlanken und weichen Körper. Und plötzlich wußte Gaius, daß er sie haben wollte.
    »Nun ja… «, antwortete Eilan zögernd und starrte in die Flammen, »in dieser Nacht, während die Feuer der Göttin brennen, springen Paare, die sich verloben, Hand in Hand über die Flammen und bitten auf diese Weise die Göttin um Kinder. Dann laufen sie zusammen in den Wald. Vielleicht wußte man früher nicht, warum eine Frau ein Kind bekommt. Ardanos sagt, man stellte fest, daß die Frauen schwanger wurden, nachdem sie an Beltane auf diese Weise der Göttin gehuldigt hatten, und deshalb hält unser Volk noch immer an dem alten Brauch fest… «
    Gaius spürte, wie sein Herz schneller schlug.
    »Natürlich«, fuhr Eilan ernst fort, »tun die Töchter der Könige oder der Druiden so etwas nicht… «
    »Natürlich nicht.« Gaius wußte, daß der Sohn eines Präfekten das sehr wohl tun konnte, obwohl er Eilan seine sehr körperlichen Gefühle nicht zeigen wollte, um sie nicht zu erschrecken. Außerdem war sie die Tochter seines Gastgebers und deshalb so unantastbar wie seine eigene Schwester. »Und doch… wäre es sehr schön… «, er holte tief Luft, »wenn wir beide der Göttin ebenfalls so Ehre erweisen würden… «
    Er ahnte, wie ihre Wangen glühten, obwohl es zu dunkel war, um die flammende Röte zu sehen, und sie wurde ganz still in seinem Arm.
    »Das wäre mir nie in den Sinn gekommen… «, flüsterte sie und begann zu zittern, aber sie löste sich nicht von ihm.
    »Dann könnte ich dir zeigen, was ich für dich empfinde«, sagte er so leise und zart, als fürchte er, einen Vogel zu erschrecken, den er in seiner Hand hielt.
    Eilan hatte ihm diese Geschichte mit so großer Unschuld erzählt, während die Tochter von Clotinus ihm überdeutlich gezeigt hatte, daß er sie haben konnte. Gaius fand ihre Dreistigkeit abstoßend.
    Jetzt schien ihm, er habe noch nie soviel für eine Frau empfunden wie für Eilan, die vertrauensvoll und unschuldig neben ihm saß. Sie war ihm so nahe, daß er die Wärme ihres Körpers spürte, und jeder Atemzug erfüllte ihn mit dem zarten Duft ihrer blonden Haare.
    Der Lärm verstummte allmählich, und in der einsetzenden Stille hörten sie die leisen Geräusche der Nacht. Kleine Tiere raschelten im Gras auf dem Abhang hinter dem Hügelgrab. Die brennenden Äste knackten und zischten. Sie hörten das Muhen der Rinderherden. Irgendwo rief ein Nachtvogel, und durch ihre Geschichte erregt, hörte er auch die anderen Geräusche der Frühlingsnacht. Nicht weit von ihnen entfernt lagen die Liebespaare unter den Bäumen und huldigten auf ihre Weise der Göttin.
    Er berührte vorsichtig Eilans Wange. Sie war so zart wie ein Blütenblatt. Sanft drehte er ihr Gesicht zu sich. Sie blickte ihn mit großen, fragenden Augen an. Ihre Lippen waren leicht geöffnet. Er spürte ihre Überraschung, als er sie küßte, aber sie wich nicht vor ihm zurück. Und ihre Lippen waren so weich… Er zog sie an sich und küßte sie noch einmal. Nach einem Augenblick des Widerstands spürte er, wie sich ihr Mund wie eine Blüte unter seinen Lippen öffnete.
    Gaius überließ sich ganz diesem Glücksgefühl. Benommen und mit klopfendem Herzen begriff er nicht sofort, was geschah, als sie ihn von sich schob.
    »Das dürfen wir nicht!« flüsterte sie. »Mein Vater würde uns beide umbringen.«
    Es kostete Gaius große Überwindung, Eilan loszulassen. Alle Gesetze der Gastfreundschaft zwangen ihn dazu.

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