Die Wälder von Albion
ihm wurde klar, daß sein römischer Stolz aus ihm sprach. Eilan schien die Vorstellung zu gefallen, daß er sie heiraten wollte, aber sie sah keine Möglichkeit, das zu tun. Sie kannte die strengen Grundsätze ihres Vaters, der als Druide dachte und handelte.
»Ich bin noch keinem Menschen begegnet, den ich so mag wie dich«, murmelte sie hilflos, »und alles ging so schnell. Ich verstehe es im Grunde überhaupt nicht.« Leise, aber mit fester Stimme fuhr sie fort: »Mir scheint, daß ich dich kenne, seit die Welt geschaffen wurde.«
»Vielleicht hast du recht«, erwiderte Gaius beinahe flüsternd. Keine andere Frau, keine Offizierstochter hatte ihn so bis in sein Innerstes berühren können. Eilans Sanftheit und ihr Einfühlungsvermögen ließ alle anderen Frauen, die er kannte, neben ihr verblassen. Er kam sich in ihrer Nähe so rein vor wie alles, was mit ihr in Berührung kam.
Er sagte: »Einige der griechischen Philosophen glauben, daß jede Seele immer aufs neue geboren wird, um ihre Mission in der Welt zu erfüllen. Die Seele weiß, wen sie in anderen Leben geliebt hat und wer ihre Feinde waren. Vielleicht hat uns das Geschick wieder zusammengeführt, Eilan. Vielleicht kennen wir uns wirklich aus einem anderen Leben.«
Er staunte insgeheim über seine Worte. War es möglich, daß er, Gaius Macellius Severus, so mit einer Frau sprach?
Aber Eilan ist nicht irgendeine Frau, dachte er entschuldigend.
Er hatte sich noch nie jemandem so nahe gefühlt. Er schien sie mit seinem innersten Wesen zu kennen. Es war wirklich etwas Geheimnisvolles, was ihn mit dieser Frau verband und für das er keine Erklärung fand.
»Die Druiden sagen das auch«, erwiderte sie nach einer Weile, »sie sagen, daß unsere größten Priester unendlich viele Leben auf der Erde hinter sich haben. Sie haben in der Gestalt von Hirschen, Fischen und Bären gelebt, damit sie alle Geschöpfe verstehen können. Auch Helden, die ihr Leben in früher Jugend in der Schlacht verlieren, werden wiedergeboren. Aber… du und ich… «
Sie runzelte nachdenklich die Stirn und sah ihn so durchdringend an, daß er ihrem Blick kaum standhalten konnte.
»An dem Tag, als wir dich in der Fallgrube fanden, habe ich in einen See geblickt, und mein Spiegelbild im Wasser hatte ein anderes Gesicht, und doch war ich das auch. Ich glaube, damals war ich eine Priesterin. Und wenn ich dich ansehe, dann bist du für mich weder ein Römer noch ein Britone. Mein Herz sagt mir, daß du einst für dein Volk von sehr großer Bedeutung warst… vielleicht warst du so etwas wie ein König.«
Gaius spürte, wie seine Wangen zu glühen begannen, und wurde verlegen. »Aber jetzt bin ich kein König«, erwiderte er rauh, »und du bist keine Priesterin. Eilan, ich möchte dich in diesem Leben haben!« Er griff nach ihrer Hand. »Ich möchte dich morgens beim Aufwachen sehen und mit dir in den Armen einschlafen. Ich habe das Gefühl, als hätte in meinem Leben etwas gefehlt, und nur du kannst es mir geben! Verstehst du das?«
Es erschien ihm unvorstellbar, daß er am folgenden Tag zu seiner Legion zurückkehren und Eilan nie wiedersehen würde.
Sie blickte schweigend auf das Feuer, dann sah sie ihn wieder an.
»Bevor ich dich zum ersten Mal sah, hatte ich von dir geträumt«, sagte sie. »In meiner Familie haben viele das zweite Gesicht. Und ich sehe manchmal in meinen Träumen Dinge, die wirklich geschehen werden. Deshalb erzähle ich meine Träume, und oft sind sie für andere von Bedeutung. Aber daß ich von dir geträumt habe, weiß niemand.« Sie lachte leise: »Gawen, in meinem Herzen gibt es schon lange nur dich. Ich weiß nicht, welche Kraft uns zusammenführt, aber ich glaube, daß ich dich in einem anderen Leben bereits geliebt habe.«
Er küßte ihre Handfläche.
»Gaius, ich liebe dich… . aber ich weiß nicht, wie wir zusammenkommen können… «
Ich sollte sie jetzt lieben. Dann würden sie erlauben müssen, daß wir heiraten!
Er wollte sie an sich ziehen, aber auf dem Platz vor den beiden Feuern wurde es plötzlich laut. Die Menschen drängten herbei, und ein Blick zu den Sternen sagte ihm, daß es bald Mitternacht sein würde. Wo waren die Stunden geblieben?
Eilan sprang mit einem erschrockenen Ruf auf.
»Was ist?« fragte er. »Was geschieht dort?« In der Ferne hörten sie laute Rufe und feierlichen Gesang, und um die Feuer wuchs die erwartungsvolle Spannung.
»Psst… «, flüsterte Eilan, als er ebenfalls aufstand. »Die Göttin kommt… «
In
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