Die Wälder von Albion
will?«
»Er sagt… «, sie deutete auf Senara. »Er will sie holen… «
Senara wurde bleich und sprang auf.
»Das ist er… !« Sie schlug die Hände vor das Gesicht und murmelte: »Er hat es versprochen… und er ist gekommen.«
Eilan stand auf. »Zuerst muß er mit mir sprechen! Hole Huw. Er ist wahrscheinlich in der Küche. Er soll den Mann hierher bringen.«
Die Priesterin verneigte sich und ging schnell hinaus.
Es blieb Eilan kaum Zeit, das dunkelblaue Gewand der Hohenpriesterin anzulegen, denn sie verzichtete auf Senaras Hilfe und sagte ihr, sie solle sich vor allen Dingen erst einmal beruhigen und die Tränen trocknen. Sie hatte vor, dem Römer, der Senara heiraten wollte, ein paar wichtige Fragen stellen. Aber es gab keinen Grund zur Aufregung. Alles sollte mit Ruhe und Sachlichkeit besprochen werden.
Als Eilan gerade den goldenen Torque um den Hals legte, hörte sie Senara draußen vor der Tür.
»Gaius!« rief sie. »Ich hatte dich noch nicht so schnell erwartet! Hat mein Onkel dir erlaubt, mich zu heiraten?«
Beim Klang des Namens schoß Eilan der stechende Schmerz wieder durch den Kopf. Der Boden unter ihren Füßen schien zu schwanken, und sie umklammerte den Tisch, als sie ihn antworten hörte: »Bei den Göttern, warum bist du nicht zum Tor gekommen?«
Noch ehe Senara etwas erwidern konnte, hatte sich Eilan gefaßt. Sie trat langsam durch die Tür hinaus, und als sie sah, daß es sich tatsächlich um Gaius handelte, fragte sie: »Was willst du hier?«
Bei ihrem Anblick wurde er bleich und senkte den Kopf.
Eilan wandte sich an Senara und fragte: »Soll das heißen, daß Gaius Macellius Severus der Mann ist, den du liebst?«
»Ja… «, flüsterte sie, und ihre Augen wanderten erschrocken von Gaius zu Eilan. »Warum… was ist daran so schlimm?«
Eilan starrte Gaius zornig an. »Sag du ihr, was daran so schlimm ist… « Aber als er noch immer schwieg, rief sie zornig: »Sag ihr die Wahrheit… das bist du ihr schuldig!«
»Was für eine Wahrheit?« fragte Senara verwirrt. »Ich weiß, er ist mit einer Römerin verheiratet. Aber sie hält sich nicht an das Ehegelübde. Er wird sich natürlich von ihr scheiden lassen, bevor er mich heiratet… «
»Natürlich wird er das tun«, sagte Eilan und richtete den Blick auf Gaius. »Sie weiß also von deinen Töchtern, die du Julia überlassen willst, weil sie dir nur eine Last sind. Aber weiß sie auch etwas von unserem Sohn?«
»Sohn… ?« wiederholte Senara kaum hörbar und blickte Gaius fassungslos an. »Sag mir, daß das nicht wahr ist… !« rief sie flehend. Ihre Stimme versagte. »… Mein Gott!« Sie schlug die Hände vor das Gesicht und schluchzte. »Wie konntest du mich so belügen… ?«
»Du verstehst das alles nicht richtig… «, murmelte Gaius.
»Ich verstehe alles… «, sagte Senara. »Ich wollte deine Seele retten, und du hättest mich beinahe in die Hölle gestürzt! Ich verstehe, wie sehr du mich betrogen hast!«
Als Gaius zu Senara treten wollte, die laut schluchzend auf der Bank zusammengesunken war, erschien Huw mit erhobener Keule. Aber man hatte ihm wegen Cynrics Tod schwere Vorwürfe gemacht, und er wollte denselben Fehler nicht zweimal machen. »Herrin«, fragte er, »was ist mit diesem Mann? Was soll ich tun?«
Eilan wandte den Blick nicht von Gaius, der totenblaß den Leibwächter anstarrte. Vielleicht war es die größte Strafe für einen stolzen Römer wie ihn, in eine solche Lage geraten zu sein. Wenn er nicht wirklich in Gefahr gewesen wäre, hätte Eilan laut gelacht.
Sie hob die Hand und bedeutete Huw, im Haus zu warten. Dann sagte sie leise und in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete: »Geh! Geh, oder er wird dir den Schädel einschlagen!« Zu Senara sagte sie: »Wenn du willst, geh mit ihm.«
Senara hob das Gesicht. Nach einem kurzen Blick auf Gaius sprang sie zitternd auf und warf sich Eilan in die Arme.
»Nie im Leben! Nicht um alles in der Welt! Er könnte mir alles versprechen, und ich würde nicht mit ihm gehen… !«
Überrascht und gerührt drückte Eilan das zitternde Mädchen an sich. »Geh jetzt… «, sagte sie noch einmal zu Gaius. »Geh, oder ich rufe Huw.«
Wieder durchzuckte sie der stechende Schmerz. Sie krümmte sich und murmelte: »Geh und laß dich nie wieder hier blicken, oder ich werde dich mit eigenen Händen umbringen!«
Gaius verließ wortlos den Raum. Dann hörte man nur noch die leiser werdenden Schritte von Huw und ihm auf dem Kies.
Gaius saß in der Taverne
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