Die Wälder von Albion
Hohepriesterin über Vernemeton geherrscht, als sei sie so keusch wie der Mond. Aber das war alles eine Lüge!«
Eilan fühlte in sich die Kraft der Mutter und Göttin, die ihr Kind schützt, und rief mit weithin hallender Stimme: »Ich habe immer der Göttin gedient, nicht den Druiden, nicht den Römern, sondern nur dem Heiligtum und damit meinem Volk!«
Bendeigid ballte im Zorn die Fäuste.
»Warum soll ich dir glauben? Dein ganzes Leben war eine einzige Lüge!«
Er packte sie am Arm.
»Wenn du nicht falsch gespielt hättest, hätte ich dich aufgefordert, die Göttin zu rufen und unseren heiligen Krieg zu segnen. Aber jetzt sollst du IHR Opfer sein!«
Du kannst mir keine Angst machen. Mein Leben ist nichts als ein Opfer gewesen!
Als Bendeigid sie neben Gaius zerrte, wurde die Menge unruhig. Einige empfanden es als Sakrileg, daß er es wagte, Hand an die Hohepriesterin zu legen, andere forderten wie Bendeigid ihr Blut.
»Eilan, kannst du mir verzeihn?« fragte Gaius leise. »Ich bin deiner Liebe nie wert gewesen. Ich sollte dein geweihter König sein, aber ich war nur ein einfacher Mann… «
Sie sah ihn an, und trotz der Wunden und der Folter war sein Gesicht so ruhig und klar wie noch nie zuvor. Sie hätte ihn am liebsten in die Arme genommen und ihm mit ihren Küssen alle Schmerzen genommen. Aber er brauchte das nicht mehr. Er hatte zu sich selbst gefunden, zu seinem wahren Wesen.
»Ich sehe den Gott in dir«, antwortete Eilan glücklich. »Ich sehe deinen Geist, der unsterblich ist. Wir haben getan, was von uns verlangt worden ist. Auch wenn wir vielleicht nicht alles so gut bewältigt haben, wie es möglich gewesen wäre, so ist der Wille der Göttin doch erfüllt. Ich bin sicher, wir dürfen zusammen eine Zeit im Sommerland verbringen, ehe wir wieder auf die Erde müssen.«
»Du hast gesagt, er sei ein geweihter König«, rief Bendeigid heiser. »Gut, dann soll er als Sommerkönig sterben!«
Gaius schien nicht auf die Worte des höchsten Druiden zu hören. Er blickte nur voll Staunen in Eilans Augen und wandte auch den Blick nicht von ihr, als sie ihm die Schlinge über den Kopf warfen und zuzogen. Und bevor sie ihm das Schwert in den Leib stießen, wurden seine Augen leer und richteten sich auf etwas, das jenseits dieser Welt lag. Das Blut strömte noch im Rhythmus der letzten Herzschläge aus der Wunde, als sie ihn zum Feuer trugen und ihn den Flammen übergaben.
»Sag uns, Hohepriesterin, welches Zeichen siehst du in diesem Opfer?«
Der Ruf kam aus der Menge. Bendeigid zuckte zusammen, aber die Frage an das Orakel war ergangen. Eilan richtete den Blick auf ihren Vater. Er wich zurück, denn vor ihm stand die Göttin.
IHRE Stimme erhob sich über das prasselnde Feuer und klang klar und laut durch die Nacht.
»Königliches Blut wird auf MEINER Erde vergossen.
In diesem Mann mischt sich das Erbe von Rom und Albion.
Ihr habt es heute für immer an dieses Land gebunden.
ICH nehme das Opfer an.«
Eilan kam es vor, als hätte sie den Trank geleert. Ihr Kopf schien zu bersten, ihr Herz schlug wie rasend, und sie hörte ein lautes Dröhnen. Aber sie war glücklich, denn sie hatte gesehen, wie Gaius den Tod überwand. Sie erhob sich über die Menge und sah die Gestalt, die die Göttin jetzt benutzte, um vielleicht zum letzten Mal zu den Menschen zu sprechen. Auf der Ebene des Friedens, die Eilans Bewußtsein wieder erreicht hatte, hörte sie die Göttin.
»Ihr Menschen der Cornovier und aller anderen Stämme!
MEINE Priesterin wird nie mehr zu euch von diesem Hügel sprechen!
Noch einmal warne ICH euch, und bedenkt MEINE Worte wohl!
Ihr Krieger, legt eure Schwerter beiseite.
Kehrt in Frieden zu euren Häusern zurück!
Erst neun Generationen werden sterben müssen,
bis die römischen Adler das Land auf immer verlassen.
Dann können jene, die aus euren und ihrem Blut sind,
Albion siegreich gegen seine Feinde verteidigen!«
»Du lügst! Du lügst!« rief Bendeigid mit erstickter Stimme. »Du hast uns schon immer verraten! Du hast dein Gelübde gebrochen. Hört nicht auf sie… «
Seine Worte riefen Eilan in ihren Körper zurück. Aber die schrecklichen Schmerzen waren vergangen.
Sie schüttelte hoheitsvoll den Kopf. »Ich habe mein Gelübde nicht gebrochen, denn Gaius war der Sommerkönig. Du selbst hast ihn dazu gemacht. Meine Liebe war keine Sünde!«
Bendeigid schwankte einen Augenblick lang wie von einem Schlag getroffen und klammerte sich an seinen Stab. Er sah all seine Hoffnungen
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