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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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Ollivier die Tochter Meyerbeers geheiratet, der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland wäre nicht ausgebrochen! Hier meine plausiblen Beweise. Vorerst hätte Meyerbeer, der das Kaisertum bis zur Verachtung haßte, nie seinem Tochtermann erlaubt, Minister des Kaisers zu werden. Man weiß, daß, wenn Ollivier der Kammer gedroht hätte, eher seine Demission zu geben, als den Krieg zu erklären, dieselbe Kammer nie den Krieg erklärt hätte. Der gegenwärtige Krieg ist das Werk dreier intimer Stuben- und Geheimminister der Kaiserin, mit Namen: Jerome David, Paul de Cassagnac und Duk de Grammont. Die Kaiserin, von dem Papste aufgereizt, dessen religiöse Puppe sie ist, wollte diesen Krieg, an dessen Sieg sie nicht zweifelte, um die Nachfolge ihres Sohnes zu sichern. Sie sagte: »C'est ma guerre à moi et à mon fils!« und die drei obengenannten päpstlichen »Anabaptisten« waren ihre geheimen Werkzeuge, um den Kaiser, der keinen Krieg wollte, und die Kammer durch falsche und verhehlte Depeschen aus Deutschland zum Krieg zu zwingen!«
    »Das nennt man Diplomatie!« unterbrach ich schaudernd.
    »Hören Sie weiter,« fuhr Alexander Weill fort. »Den 15. Juli sagte mir Ollivier, den ich auf der place de la concorde antraf: ›Der Friede ist gesichert – eher gäbe ich meine Demission.‹ Woher nun kam es, daß derselbe Mann einige Tage später, statt seine Demission zu geben, den Krieg selbst d'un coeur léger , wie er in der Kammer sagte, erklärte?«
    »Leichten Herzens!« rief ich mit neuem Schauer.
    »Hier liegt ein Geheimnis, das ich aufklären kann. Der Kaiser, für den das Geld nie einen anderen Wert hat, als um Liebe und Freundschaft sich zu erkaufen – er glaubt, wie Jugurtha in Rom, ganz Frankreich wäre feil, die Männer wie die Weiber – hat die Gewohnheit, wenn er einen Minister annimmt, der nicht reich ist, ihn durch ein Geschenk von einer Million Franken näher an sich zu fesseln. Darum allein, der mir dieses Geheimnis entdeckte, lehnte dieses Geschenk ab: timeo Danaos et dona ferentes . Und er allein, nicht gebunden, gab seine Demission. So lange der Kaiser zauderte, erklärte sich Ollivier, mit der goldenen Kette an seinen Meister gefesselt, neutral – eher für den Frieden. Sobald aber der Kaiser von seiner Frau und den drei ultramontanen Anabaptisten überrumpelt ward, erklärte sich auch Ollivier für den Krieg und entseelte sich lebendig mit ›leichtem Herzen‹ und – voller Tasche.« [Fußnote: Briefe hervorragender Männer an Alexander Weill. (Zürich. Verlagsmagazin)]
    * * *
    » O Monsieur, o Madame – welches Glück, welche große Nachricht!« Mit diesen Worten stürzten eines Tages Friedrichs Kammerdiener und hinter ihm der Koch in unser Zimmer. Es war am Tage von Wörth.
    »Was gibt's?«
    »An der Börse ist eine Depesche angeschlagen: wir haben gesiegt. Die Armee des Königs von Preußen ist so gut wie vernichtet ... Die Stadt schmückt sich mit dreifarbigen Fahnen – es soll heute abend illuminiert werden.«
    Im Laufe des Nachmittags stellt sich jedoch heraus, daß die Nachricht eine falsche – ein Börsennmanöver – war. Ollivier hält von seinem Balkon aus eine Ansprache an die Menge.
    Nun – desto besser. Wenigstens würde man nicht beleuchten müssen. Diese Freudenkundgebungen anläßlich »vernichteter Armeen« – d. h. anläßlich zahlloser zerrissener Leben und gebrochener Herzen – das hätte in mir auch wieder den Flaubertschen Wunsch erweckt: »Ach wär' ich doch bei den Beduinen!«
    Am 7. August Unglücksbotschaft. Der Kaiser eilt aus St. Cloud nach dem Kriegsschauplatz. Der Feind ist ins Land gedrungen. Die Blätter können ihrer Entrüstung über die »Invasion« nicht heftig genug Ausdruck geben. Der Ruf » à Berlin! « – deuchte mir – bedeutete doch auch beabsichtigten Einfall – doch daran war nichts Entrüstendes; – daß aber die östlichen Barbaren in das schöne, gottgeliebte Frankreich einzufallen sich unterstanden: das war schier Wildheit, Frevel – dem mußte rasch gesteuert werden.
    Der interimistische Kriegsminister erläßt ein Dekret, daß alle rüstigen Bürger von dreißig bis vierzig Jahren, welche der Nationalgarde noch nicht angehören, derselben sofort einverleibt werden müssen. Es bildet sich ein Ministerium der Landesverteidigung. Die bewilligte Kriegsanleihe von fünfhundert wird auf tausend Millionen erhöht. Ganz herzerfrischend ist es, wie opferfähig die Leute über das Geld und das Leben der anderen stets verfügen. Eine kleine

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