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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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glaubte nicht, daß der gegenwärtige Krieg lange dauern und bedeutende Folgen haben werde. Zwei oder drei gewonnene Schlachten hier oder dort und man würde sicherlich parlamentieren und dem Ding ein Ende machen. Um was schlug man sich denn eigentlich? Um gar nichts. Das Ganze war mehr eine Art Waffenpromenade, von den Franzosen aus ritterlicher Abenteuerlust, von den Deutschen aus tapferer Verteidigungspflicht unternommen; ein paar getauschte Säbelhiebe und die Gegner würden sich wieder die Hände reichen... Törin, die ich war! Als ob die Folgen eines Krieges im Verhältnis zu den Ursachen seines Entstehens blieben. Der Verlauf ist es, der die Folgen bestimmt.
    Gern hätten wir Paris verlassen, denn der ganze von der Bevölkerung gezeigte Enthusiasmus berührte uns höchst peinlich. Aber der Weg nach Osten war nunmehr versperrt ; auch hielt uns der Bau unseres Hauses zurück – kurz: wir blieben. Geselligen Umgang hatten wir beinahe keinen mehr. Alles was nur konnte, hatte Paris geflohen und unter den obwaltenden Umständen dachte auch unter den Zurückgebliebenen keiner daran, Einladungen auszuteilen. Nur einige unserer Bekannten aus literarischen Kreisen, die noch anwesend waren, suchten wir öfters auf. Gerade in dieser Phase des beginnenden Krieges war es Friedrich interessant, die betreffenden Urteile und Ansichten der hervorragenden Geister kennen zu lernen. Da war ein ganz junger Schriftsteller, der später zu solcher Berühmtheit gelangte, Guy de Maupassant, von dessen Äußerungen, die mir aus der Seele gesprochen waren, ich einige in die roten Hefte eintrug:
    »Der Krieg – wenn ich nur an dieses Wort denke, so überkommt mich ein Grauen, als spräche man mir von Hexen, von Inquisition – von einem entfernten, überwundenen, abscheulichen, naturwidrigen Dinge. Der Krieg – sich schlagen! Erwürgen, niedermetzeln! Und wir besitzen heute – zu unserer Zeit mit unserer Kultur, mit dem so ausgedehnten Wissen, auf so hoher Stufe der Entwickelung, auf der wir angelangt zu sein glauben – wir besitzen Schulen, wo man lernt zu töten – auf recht große Entfernung zu töten, eine recht große Anzahl auf einmal.
    ... Das Wunderbare ist, daß die Völker sich dagegen nicht erheben, daß die ganze Gesellschaft nicht revoltiert bei dem bloßen Worte Krieg.
    Jeder, der regiert, ist ebenso verpflichtet, den Krieg zu vermeiden, wie ein Schiffskapitän verpflichtet ist, den Schiffbruch zu vermeiden. Wenn ein Kapitän sein Schiff verloren hat, wird er vor ein Gericht gestellt und verurteilt, falls man erkennt, daß er sich Nachlässigkeit zuschulden kommen ließ. Warum wird die Regierung nach jedem erklärten Kriege nicht gerichtet? Wenn die Völker das verständen, wenn sie sich weigerten, ohne Grund sich töten zu lassen – dann wäre es mit dem Kriege aus.«
    Und Erneste Renan ließ sich also vernehmen: »Ist es nicht herzzerreißend, zu denken, daß alles, was wir Männer der Wissenschaft in fünfzig Jahren aufzubauen bestrebt waren, mit einem Schlage zusammengestürzt ist: die Sympathien zwischen Volk und Volk, das gegenseitige Verständnis, das fruchtbare Zusammenarbeiten. Wie tötet ein solcher Krieg die Wahrheitsliebe! Welche Lüge, welche Verleumdung des einen Volkes wird nun nicht aufs neue in den nächsten fünfzig Jahren von dem anderen mit Begierde geglaubt werden und sie für unabsehbare Zeiten voneinander trennen! Welche Verzögerung des europäischen Fortschrittes! In hundert Jahren werden wir nicht wieder aufrichten können, was diese Menschen an einem Tage heruntergerissen haben.«
    Ich hatte auch Gelegenheit, einen Brief zu lesen, den Gustave Flaubert in jenen ersten Julitagen, als eben der Krieg ausgebrochen war, an George Sand geschrieben hat. Hier ist er:
    »Ich bin verzweifelt über die Dummheit meiner Landsleute. Die unverbesserliche Barbarei der Menschheit erfüllt mich mit tiefer Trauer. Dieser Enthusiasmus, der von keiner Idee beseelt ist, macht, daß ich sterben möchte, um ihn nicht mehr zu sehen. Der gute Franzose will sich schlagen: 1. weil er sich durch Preußen herausgefordert glaubt; 2. weil der natürliche Zustand des Menschen die Wildheit ist; 3. weil der Krieg ein mystisches Element in sich hat, das die Menschen fortreißt. Sind wir wieder zu den Rassekämpfen gekommen? Ich fürchte es ... Die schrecklichen Schlachten, die sich vorbereiten, haben nicht einmal einen Vorwand für sich. Es ist die Lust, sich zu schlagen, um sich zu schlagen. Ich beklage die gesprengten Brücken

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