Die Waffen nieder!
Deutschen, deren Sprache ja die meine ist, stammverwandter als ihre Gegner? Außerdem war die Kriegserklärung nicht von den Franzosen aus so nichtigem Grunde – nein, nicht Grunde, Vorwande – ausgegangen, mußten wir daher nicht einsehen, daß die Sache der Preußen die gerechte war, daß diese nur als Verteidiger und dem Zwang gehorchend in den Kampf zogen? Und war die Einmütigkeit nicht erhebend, mit welcher die vor kurzem noch sich befehdenden Deutschen sich jetzt zusammenscharten? Sehr richtig hatte König Wilhelm in seiner Thronrede vom 19. Juli gesagt:
»Das deutsche und das französische Volk, beide die Segnungen christlicher Gesinnung und steigenden Wohlstandes gleichmäßig genießend, waren zu einem heilsameren Wettkampfe berufen, als zu dem blutigen der Waffen. Doch die Machthaber Frankreichs haben es verstanden, das wohlberechtigte aber reizbare Selbstgefühl unseres großen Nachbarvolkes durch berechnete Mißleitung für persönliche Interessen und Leidenschaften auszubeuten –«
Kaiser Napoleon erließ seinerseits folgende Proklamation:
»Angesichts der anmaßenden Ansprüche Preußens haben wir Einsprache getan. Diese ist verspottet worden. Vorgänge [Fußnote: Diese Vorgänge wurden 18 Jahre später wie folgt beurteilt. In seinem Werk über den Feldzug von 1870 schreibt General Boulanger: Après avoir obtenu une satisfaction légitime, nous avons voulu imposer une humiliation au roi de Prusse; nous en sommes venus à prendre une attitude diplomatique aggressive, presque inconsciente. La renopciation formelle du Prince Leopold de Hohenzollern nous était acquise, nous avions en outre l'assentiment du roi de Prusse à cette renonciation. La réparation était suffisante car elle demeurait sur le domaine respectif des interêts de la France, des droits de la France et des obligations du chef de la famille Hohenzollern. Nous devions nous en tenir là. Notre gouvernement poussa plus loin. Il voulut un engagement catégorique du roi Guillaume pour l'avenir. En portant si haut ses prétentions il deplaçait l'objet et le terrain du litige. Iles faisait une provocation directe au souverain de la Prusse.] folgten, welche Verachtung für uns zeigten. Unser Land ist dadurch tief aufgeregt und augenblicklich erschallt das Kriegsgeschrei von einem Ende Frankreichs zum anderen. Es bleibt uns nichts mehr übrig, als unsere Geschicke dem Lose, welches die Waffen werfen, zu überlassen. Wir bekriegen nicht Deutschland, dessen Unabhängigkeit wir achten. Mir haben die besten Wünsche dafür, daß die Völker, welche das große deutsche Volkstum ausmachen, frei über ihre Geschicke verfügen. Was uns betrifft, so verlangen wir die Ausrichtung eines Standes der Dinge, welcher unsere Sicherheit verbürge und unsere Zukunft sicherstelle. Wir wollen einen dauerhaften Frieden erlangen, begründet auf die wahren Interessen der Völker; wir wollen, daß dieser elende Zustand aufhöre, bei dem alle Nationen ihre Hilfsquellen aufwenden, um sich gegenseitig zu bewaffnen.«
Welche Lektion, welche gewaltige Lektion spricht aus diesem Schriftstück, wenn man es mit den folgenden Ereignissen zusammenhält! Also um Sicherheit, um dauernden Frieden zu erlangen, wurde dieser Feldzug von Frankreich unternommen? Und was ist daraus entstanden? – » L'année terrible « und dauernde – noch immer dauernde – Feindschaft. Nein, nein: – mit Kohle läßt sich nicht weiß färben, mit asa foetida nicht Wohlgeruch verbreiten und mit Krieg nicht Frieden sichern. Dieser »elende Zustand«, auf den Napoleon anspielte, wie hat der seither sich noch verschlimmert! Es war dem Kaiser Ernst, voller Ernst mit dem Plane, eine europäische Abrüstung anzubahnen, ich habe es durch seine nächsten Verwandten mit Bestimmtheit erfahren, aber die Kriegspartei hat ihn gedrängt, gezwungen – und er gab nach ... Dennoch konnte er sich nicht enthalten, in der Kriegsproklamation selber seine Lieblingsidee anklingen zu lassen. Es sollte deren Verwirklichung nur hinausgeschoben sein. »Nach dem Feldzug – nach dem Siege ...« sagte er sich zum Trost. Es ist anders gekommen.
Auf welcher Seite also unsere Sympathien standen? Wenn man dazu gelangt, den Krieg an und für sich zu verabscheuen, wie das bei Friedrich und mir der Fall war, so kann das echte, naive »Passionieren« für den Ausgang eines Feldzuges nicht mehr eintreten; die einzige Empfindung ist eben die: Hätte er nur nie begonnen – dieser Feldzug – und wäre er nur schon aus!
Ich
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