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Die Waffenbrüder von Antares

Die Waffenbrüder von Antares

Titel: Die Waffenbrüder von Antares Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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geflüchtet und dann die Tür verriegelt haben. Nulty lag bewußtlos in einer Ecke; er atmete wie ein erschöpftes Rennpferd, sein Körper schien eine einzige blutende Masse zu sein. Frauen und Männer lagen verwundet auf dem Boden. In einer Ecke waren Leichen aufgeschichtet worden. Ein Stück entfernt lag Hamun ham Farthytu, der Sohn des Amak – ebenfalls tot.
    Ich beugte mich über den Herrscher des Tals.
    »Es ist vorbei, Dray Prescot. Alles ist vorbei.«
    »Nein, Naghan.« Ich griff in einen Wasserkrug und befeuchtete ihm die Lippen. Er versuchte zu trinken, verschluckte sich aber und begann zu husten. Seine Wunden waren tief. »Nein, Naghan, mein Freund. Du wirst dich erholen. Das Paline-Tal wird wieder in Blüte stehen.«
    »Wir haben dich durch einen Spalt in der Tür kämpfen sehen. Du bist ein großer Jikai, Notor Prescot. Aber wir sind verloren. Die Ehre der Familie der ham Farthytu ist vernichtet!«
    »O nein!« erwiderte ich energisch. Ich nahm an, daß er im Sterben lag – kein Mensch sollte ohne einen Hoffnungsschimmer sterben. »Du hinterläßt einen großen Namen, einen Namen, auf den man stolz sein kann.«
    Er ließ unruhig den Kopf von einer Seite auf die andere rollen. Ich glaube nicht, daß er Schmerzen litt.
    »Unser Name wird in Vergessenheit geraten, Dray! Mein Sohn ist tot!«
    Es gibt kaum einen Satz, der sich schrecklicher anhört: Mein Sohn ist tot.
    Ehe ich etwas erwidern konnte, fuhr Naghan fort: »Er ist nicht ehrenvoll gestorben. Er ist geflohen und hat sich versteckt. Die Räuber haben ihn gefunden und sich über ihn lustig gemacht. Sie ... sie haben sich mit ihm vergnügt. Und er ließ es geschehen, weil er glaubte, sein elendes Leben zu retten.« Er schluchzte. »Ich glaube, ich bin schon in jenem Augenblick gestorben, noch ehe ich die Spitze des Schwerts zu spüren bekam.«
    »Sei ganz ruhig, Naghan.«
    »Ich werde niemals zur Ruhe kommen, Dray – weder in dieser Welt noch auf den Eisgletschern Sicces.«
    In jenen chaotischen Sekunden spielte der Zufall eine Karte aus die mir eine Idee eingab. In Sekundenschnelle kam mir der Gedanke.
    Naghan ham Farthytu lag im Sterben. Seine Gedanken verwirrten sich. Sein strenges Gesicht erschlaffte, und Speichel und Blut liefen ihm aus dem Mundwinkel. Er begann zu husten, und ich versuchte, ihn zu beruhigen. Er hatte Kregen schon halb verlassen.
    »Naghan ham Farthytu«, sagte ich. »Amak des Paline-Tals.« Ich sprach förmlich, und er reagierte sofort auf meinen Ton. »Wenn du möchtest, wird dein Name nicht vergessen sein. Ihm werden die Ehre und der Respekt zuteil werden, die er verdient hat.«
    Er lag im Sterben, doch er wußte natürlich, daß es mir darum ging, nach Ruathytu zu reisen und dort für ihn und seine Familie ein Denkmal zu errichten. Seine blutige Hand packte meinen Ärmel. Ich beugte mich näher zu ihm. Keuchend sprach er die Worte, versuchte er seinen Körper den Befehlen eines Gehirns unterzuordnen, in dem sich plötzlich eine große Klarheit breitmachte.
    Ich bin wirklich davon überzeugt, daß mich der Zufall an diese Stelle führte, zu den letzten Worten eines sterbenden Edelmanns, und der Zufall ließ mich vorhersehen, was er sagen, was er von mir verlangen würde, noch ehe ich erkannte, daß die Denkmalserrichtung im Palast der Namen nicht das einzige war, was ich für ihn tun konnte.
    »Dray Prescot! Du bist ein Mann der Ehre, ein Jikai. Auf dem Totenbett ist es mein Wunsch, daß du den Namen ham Farthytu fortführst! Es wäre mir willkommen, wenn das Reich in dir und deinen Fähigkeiten den Namen ham Farthytu sähe.«
    Ich zögerte. Das Übernehmen von Namen kann zur Gewohnheit werden. Doch Naghan packte meinen Arm und sah mich mit zerfurchtem Gesicht flehend an. Sein Flüstern war schwächer geworden; offenbar hatte ihn der Gedanke gepackt, und er war nicht mehr in der Lage, über seinen Wunsch hinaus zu blicken und sich die andere Seite des Problems klar zu machen. Unter normalen Umständen hätte er so etwas nie von mir verlangt. Auf dem Totenbett indes hatte er das Recht dazu.
    »Willst du das tun, Dray Prescot, für mich, einen Sterbenden?«
    »Ja, Naghan«, erwiderte ich nach kurzem Zögern.
    Das Seufzen begann tief unten und endete mit einem Hustenanfall, bei dem er viel Blut verlor. Doch er wollte mich nicht loslassen; seine Hand verkrampfte sich um meinen Arm. Wir mußten einen makabren Anblick geboten haben, umgeben von toten und verwundeten Männern und Frauen, am Fußende des Lagers die entehrte Leiche

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