Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
räuspern. Gütiger Gott, aber diese Kopfschmerzen waren das Letzte, was er jetzt brauchte. Erst als sie ihn anstarrte, wurde ihm bewusst, dass er sich die Schläfen rieb. Irgendwie hatten diese Schmerzen etwas mit ihr gemein: Beide wurden mit jedem Augenblick unerträglicher. Was hatte er sagen wollen? Ach ja. »Aber Sie können unmöglich wollen, dass man Sie für von Natur aus trunksüchtig hält.«
Unvermittelt fiel ihm seine Gesprächigkeit auf, und er ärgerte sich darüber. Es war fast, als verfügte Miss Masters über das Talent, ihm törichte Bemerkungen zu entlocken. Wie kleine Kinder oder junge Hunde hatte sie etwas Argloses an sich. Wann immer er sie ansah, machte er sich auf etwas Schlimmes gefasst. Welpen wurden getreten, Kinder fielen von der Fensterbank. Miss Masters tanzte am Rande einer Klippe, und niemand – weder ihre introvertierte Mutter noch ihr tyrannischer Bastard von Stiefvater – machte sich die Mühe, sie an die Leine zu legen.
»Das ist unfair, Mr Monroe!«, protestierte Mina. »Ich trinke nichts außer Champagner, einem durchaus achtbaren Getränk. Und wenn ich ein wenig zu viel davon hatte, dann nur, weil hier alle so langweilig sind.«
Er lachte unwillkürlich. Wie schon so manches Mal zuvor beschlich ihn auch jetzt wieder der Verdacht, Mina Masters könnte sich einen Spaß daraus machen, ihre Umwelt mit ihrer dümmlich-naiven Art an der Nase herumzuführen. Es stand außer Frage, dass dieselbe Bemerkung, aus dem Munde einer anderen Frau, seiner Selbstgefälligkeit einen heftigen Dämpfer verpasst hätte.
Doch nein, sie lächelte ihn derart unbedarft an, dass sie unmöglich zu denen gehören konnte, die geistreiche Bonmots zum Besten gaben. »Es sei denn, Sie erklären sich bereit, mich ein wenig zu unterhalten.« Als ihr Blick zu seinem Mund glitt, erstarb sein Lachen. Sie täte besser daran, Vorsicht walten zu lassen. »Oh«, sagte sie leise. »Mr Monroe, was für wundervolle Lippen Sie haben.«
Und wie aus heiterem Himmel stürzte sie sich auf ihn.
Zuerst war er zu überrascht, um sie abzuwehren. Sie war immer sehr direkt, aber dass sie ihn verführte, damit hatte er nun wahrlich nicht gerechnet. Auch wenn dieser Überfall streng genommen nichts mit Verführung zu tun hatte, denn sie packte sein Haar mit dem Feingefühl eines Schraubstocks und zerrte seinen Kopf zu sich herunter. Als ihre Lippen sich vehement auf seinen Mund pressten, befürchtete er, im nächsten Augenblick Blut zu schmecken. Getrieben von purer Selbsterhaltung wich er zurück, doch sie ließ nicht locker und schmiegte sich warm und weich an seine Brust. Das leise Keuchen, das sich ihren Lippen entriss, mogelte sich an seinem Verstand vorbei und fuhr ihm direkt ins Gemächt.
Nein . Er würde diesen Kuss nicht erwidern. Sie war wie ein unbekümmertes, aufgedrehtes Kind, und sollte er von ihr geträumt haben, dann lediglich aus Langeweile.
Sie öffnete den Mund, und er spürte das Streicheln ihrer Zunge. Phin packte Mina bei den Ellbogen und wollte sie wegschieben. Doch ihre samtige Haut zu fühlen machte sein Vorhaben zunichte, und er ertappte sich dabei, wie er stattdessen mit dem Daumen über ihren Arm strich, wenn auch nur, um sich davon zu überzeugen, dass sie tatsächlich so weich war wie er glaubte. Ihr leises Stöhnen ermunterte ihn. Mochte Gott ihm beistehen, aber auf der ganzen Welt gab es gewiss keine Puppe, die je ein solches Geräusch von sich gegeben hatte. Zudem zählte Mina Masters bereits zwanzig Lenze und war beileibe kein Mädchen mehr.
Zur Hölle damit ! Ehe er es sich versah, erwiderte er den Kuss. Sie schmeckte nach Champagner und Erdbeeren, und ihr schlanker, aber nichtsdestotrotz mit wundervollen Kurven gesegneter Körper drängte sich ihm entgegen. Ihm war, als könnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen. Bezaubernd, viel bezaubernder, als er erwartet hatte. Sie war geschmeidig wie eine Flamme, die an ihm züngelte. Ihre Hände gruben sich in seine Schultern und drückten ihn gegen die Wand. Sie brauchte dringend eine Lektion in Sachen Raffinesse, und es hätte ihr gutgetan, einige Wahrheiten über die Welt zu erfahren, und das schnell. Am besten, noch ehe der Morgen graute. Nur zu gern würde er sie ihr näherbringen; ihr gewissermaßen einen Liebesdienst erweisen …
Was zum Teufel mache ich hier eigentlich?
Er stieß sie von sich und atmete tief durch. Als sie stolperte, wollten seine Arme instinktiv vorschnellen und sie auffangen, doch er ballte die Hände zu Fäusten und
Weitere Kostenlose Bücher