Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
blieb stehen.
Sie stieß mit dem Rücken gegen die Wand und fand das Gleichgewicht wieder. Ihre Brüste hoben und senkten sich heftig, während sie ihn aus weit aufgerissenen Augen ansah. »Tanzen Sie etwa mit mir, Mr Monroe?«
Gütiger Gott! Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Diese Frau war nicht ganz bei Trost. Oder sie begriff nicht, dass er ihr soeben eine Abfuhr erteilt hatte. Phin suchte nach den richtigen Worten, um an ihr Gefühl für Anstand zu appellieren, vorausgesetzt, ihr war die Bedeutung des Wortes überhaupt geläufig. Doch sein Körper verhöhnte ihn, und in seinem Kopf herrschte erschreckende Leere. »Wie bitte?«, war schließlich alles, was er herausbrachte.
»Meine Freunde aus England haben sich darüber beschwert, dass Amerikaner nicht tanzen können«, sagte sie und nestelte an einem ihrer Perlenohrringe. Sie hatte sich wieder gefangen und gab sich zwanglos. Nichts ließ ahnen, dass sie ihn eben so intim geküsst hatte. »Aber das sehe ich anders. Ich tanze sehr gut, und ich bin sicher, dass Sie ebenfalls ein ausgezeichneter Tänzer sind. Wollen wir es unter Beweis stellen? Für Amerika, Sir!«
Vielleicht war es falsch von ihm, sie zu unterschätzen. Aber ganz gewiss wäre er ein verdammter Idiot, wenn er sich selbst überschätzte. »Ich glaube kaum, dass das angemessen wäre.«
Sie runzelte die Stirn. »Warum denn nicht? Weil ich Sie geküsst habe?«
Er blickte den Flur entlang. »Ganz genau, Miss Masters.« Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand sie zusammen sah. Und das war das Allerletzte, was er gebrauchen konnte. Vielleicht halfen einige deutliche Worte dort, wo die Manieren versagt hatten. »Es sei denn, Sie verspüren das brennende Verlangen, von mir an dieser Wand gevögelt zu werden.«
Das Bild, das seine Worte heraufbeschworen, verlieh seiner Stimme etwas Heiseres, schien aber auf Miss Masters keine Wirkung zu haben. »Nun, in einem Ballsaal würde ich so etwas auch nicht tun wollen«, entgegnete sie, ging auf ihn zu und nahm seinen Arm.
Vielleicht hätte er sich für eine elegantere Formulierung entscheiden sollen. Allem Anschein nach hatte sie ihn nicht verstanden. Oder sie hatte ihn nur allzu gut verstanden, denn sie klammerte sich an ihn, als wäre auch noch der letzte Fetzen jungfräulichen Anstands aus ihr gewichen. Aber wie auch immer – sie war das Chaos in Person, und ihre Verrücktheit war vermutlich ansteckend. Denn Phin, der sich ein wenig benommen fühlte, ließ sich von ihr zum Ballsaal führen.
Einen Tanz also. Nicht weiter schwierig. Für die Dauer eines Tanzes würde es ihm gelingen, die Finger bei sich zu lassen, selbst wenn er sich dafür auf die Zunge beißen musste, um sich abzulenken. Dass er etwas aus seinem Zimmer hatte holen wollen, war gelogen gewesen. Gott war sein Zeuge, dass Miss Masters ihm vermutlich bis ins Bett gefolgt wäre, wäre er bei seiner kleinen Schwindelei geblieben.
Wie zur Begrüßung schallte ihnen Musik aus dem Ballsaal entgegen. Phin empfand sie als sehr laut, fast als aggressiv. Er merkte, wie sehr ihm die Lautstärke und das Stimmengewirr zusetzten, als Miss Masters ihn in den Saal zog. Sie sagte etwas, das er jedoch nicht verstand. Weshalb ließ er überhaupt zu, dass sie ihren Willen bekam? Sein Kopf schmerzte entsetzlich. Ja, sie war zwar hübsch anzusehen und hatte einen attraktiven Körper, zu dem aber leider auch ein Kopf gehörte, in dem nichts als gähnende Leere herrschte. Für ihn bedeutete sie nur eine Menge Ärger.
Als die letzten Takte verklangen, trennten sich die meisten Tanzpaare. In wenigen Augenblicken würde eine neue Melodie ertönen. Erwartungsvoll sah Mina zu ihm auf. Als er ihr nicht sogleich die Hand entgegenstreckte, griff sie einfach danach. In dem Moment, in dem Phin bewusst wurde, dass er ihre Finger nicht spürten begriff er, dass etwas nicht stimmte.
Er wollte tief durchatmen – mit dem Ergebnis, dass der Boden unter seinen Füßen heftig ins Schwanken geriet.
Wie volltrunken taumelte er einige Schritte zurück und stieß mit jemandem zusammen. Ein Schrei. Die Welt zerfiel und fügte sich wieder zusammen. Miss Masters Lippen bewegten sich. Ihm war, als würden ihm zwei winzige Schrauben in die Schläfen gedreht. Gott im Himmel. Litt er womöglich an einer unbekannten Form der Malaria?
Das Antlitz seiner Tanzpartnerin wurde riesig und rückte immer näher. Es bereitete Phin größte Mühe, klar zu sehen. Seine Sicht wechselte zwischen scharf und verschwommen. Beim Allmächtigen, war
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