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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Sargtisch.«
    Meine Mutter stellt ihre Kaffeetasse auf der Glasplatte ab, um mir vor Augen zu führen, dass es sich sehr wohl um einen Tisch handelt. »Siehst du?«
    »Du hast einen Sarg in deinem Wohnzimmer stehen.« Ich kann es einfach nicht fassen.
    Sie setzt sich auf das Sofa und legt die Füße in den zierlichen Sandalen oben auf die Glasplatte. »Das weiß ich, Liebes. Ich habe ihn ja ausgesucht.«
    Ich berge das Gesicht in den Händen. »Du warst gerade zur Kontrolluntersuchung bei Dr. Feldman. Du weißt doch, was er gesagt hat: Wenn du regelmäßig die Medikamente gegen deinen Bluthochdruck nimmst, spricht nichts dagegen, dass du uns noch alle überlebst.«
    Sie zuckt die Achseln. »Damit habe ich dir wenigstens eins erspart, wenn es soweit ist.«
    »Himmelherrgott. Tust du das, weil Colin letztens von betreutem Wohnen gesprochen hat? Ich schwöre dir, er dachte nur, du…«
    »Beruhige dich, Schatz. Ich habe gar nicht vor, in nächster Zeit den Löffel abzugeben. Ich habe nur einen Couchtisch gebraucht. Ich mag die Holzfarbe. Und dann habe ich in Twenty/Twenty einen Beitrag gesehen über einen Mann in Kentucky, der diese Tische herstellt.«
    Faith streckt sich neben dem Sarg auf dem Boden aus. »Du könntest in ihm schlafen, Oma«, schlägt sie vor. »Wie Dracula.«
    »Du musst doch zugeben, dass er wunderbar verarbeitet ist«, meint meine Mutter.
    Und das in mehr als nur einer Hinsicht. Das Holz ist exquisit, glatt und glänzend. Die Stöße und Facetten sind sauber und fein gearbeitet, und die Beschläge sind auf Hochglanz poliert.
    »Es war ein richtiges Schnäppchen«, fügt meine Mutter hinzu.
    »Jetzt sag bitte nicht, du hast ihn gebraucht gekauft.«
    Meine Mutter schnaubt und wirft einen Blick auf Faith. »Deine Mutter müsste dringend lernen, nicht alles immer so eng zu sehen.« Das gibt meine Mutter mir nun schon seit Jahren auf die eine oder andere Art zu verstehen. Aber ich kann einfach nicht vergessen, dass ich das letzte Mal, als ich mich habe gehen lassen, beinahe daran kaputtgegangen wäre.
    Meine Mutter setzt sich zu Faith auf den Fußboden, und zusammen ziehen sie an den für die Sargträger vorgesehenen Messinggriffen. Sie haben die blonden Köpfe — das Haar meiner Mutter gefärbt, das meiner Tochter fast weiß so dicht zusammengesteckt, dass ich nicht erkennen kann, wo der eine aufhört und der nächste anfängt. In ihrem Übermut schaffen sie es, den Sarg ein paar Zentimeter weit zu sich heranzuziehen. Ich starre auf den Abdruck, den das schwere Möbel auf dem Teppich hinterlassen hat, und versuche dann, den Teppichflor mit dem Schuh so gut es geht wieder aufzurichten.
     
    Colin und ich haben mehr Glück als die meisten Menschen. Wir haben jung geheiratet, aber wir sind verheiratet geblieben - trotz einiger sehr heftiger Erschütterungen unterwegs.
    Die Chemie stimmt einfach. Wenn Colin mich ansieht, weiß ich, dass er weder die zehn Pfund sieht, die ich nach der Schwangerschaft nicht mehr losgeworden bin, noch die feinen grauen Strähnen in meinem Haar. Er stellt sich meine Haut straff und samtig vor, mein Haar, wie es mir offen den Rücken herabfällt, meinen Körper wie den einer College-Studentin. Er sieht mich so, wie ich zu meinen Glanzzeiten ausgesehen habe, weil ich - wie er immer wieder betont — das Beste bin, das ihm in seinem Leben widerfahren ist.
    Wenn wir gelegentlich mit seinen Kollegen essen gehen denjenigen, die Ehefrauen als Trophäen betrachten -, wird mir immer wieder von neuem klar, wie glücklich ich mich schätzen kann, einen Mann wie Colin zu haben. Er legt mir eine Hand auf den Rücken, der nicht so gebräunt oder schlank ist wie der eines der jüngeren Modelle. Er stellt mich stolz und lächelnd als seine Ehefrau vor. Und mehr wollte ich auch nie sein.
    »Mami.«
    Es hat wieder angefangen zu regnen; die Straße vor mir ist überflutet, und ich bin noch nie eine besonders sichere Fahrerin gewesen. »Psst. Ich muss mich konzentrieren.«
    »Aber Mami«, quengelt sie. »Es ist wirklich sehr, sehr wichtig.«
    »Wirklich sehr, sehr wichtig ist, dass du heil zum Ballettunterricht kommst.«
    Einen wunderbaren Moment lang ist es still. Dann fängt Faith an, von hinten gegen meinen Sitz zu treten. »Aber ich habe mein Trikot nicht dabei«, jammert sie.
    Ich fahre rechts ran und drehe mich zu ihr um. »Du hast es nicht dabei?«
    »Nein. Ich wusste nicht, dass wir gleich von Oma aus zum Ballettunterricht fahren.«
    Ich fühle, wie mir Zornesröte ins Gesicht steigt. Wir

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