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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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nicht ungewöhnlich fand. »Autoren haben manchmal einen Blackout, das gehört zum Berufsrisiko«, klärte er mich auf. »Machen Sie sich an die Arbeit, Sie werden sehen, das Problem löst sich von ganz allein.« Er stellte mir sein Arbeitszimmer im Erdgeschoss zur Verfügung, wo er selbst all seine Bücher geschrieben hatte, auch den Ursprung des Übels . Dort brachte ich lange Stunden mit dem Versuch zu, ebenfalls etwas zu Papier zu bringen, doch ich war zu sehr in die Betrachtung des Ozeans und Schnees auf der anderen Seite der Fensterscheibe versunken. Wenn Harry mir Kaffee oder etwas zu essen brachte und meine verzweifelte Miene sah, versuchte er mich aufzumuntern.
    Eines Morgens sagte er schließlich zu mir: »Machen Sie nicht so ein Gesicht, Marcus. Man könnte meinen, Sie müssten sterben.«
    »Ich bin nah dran …«
    »Aber, aber … Zermartern Sie sich von mir aus den Kopf über den Gang der Welt oder den Krieg im Irak, aber doch nicht wegen einem lausigen Buch … Dafür ist es noch zu früh. Sie sind wirklich rührend, wissen Sie das? Sie machen ein Riesentheater, weil es Ihnen schwerfällt, auch nur drei Zeilen zu schreiben. Sehen Sie doch mal den Tatsachen ins Auge: Sie haben ein großartiges Buch geschrieben, Sie sind reich und berühmt geworden, und Ihr zweites Buch hat ein bisschen Mühe, aus Ihrem Kopf herauszukommen. An dieser Situation ist überhaupt nichts Merkwürdiges oder Beunruhigendes …«
    »Was ist mit Ihnen? Haben Sie dieses Problem nie gehabt?«
    Er lachte schallend. »Eine Schreibblockade? Soll das ein Scherz sein? Mein armer Freund: öfter, als Sie sich vorstellen können!«
    »Mein Verleger sagt, wenn ich nicht jetzt sofort ein neues Buch schreibe, bin ich erledigt.«
    »Wissen Sie, was ein Verleger ist? Ein gescheiterter Schriftsteller, dessen Papa reichlich Kohle hatte und es ihm ermöglichen konnte, sich das Talent anderer anzueignen. Sie werden sehen, Marcus, alles kommt ganz schnell wieder in Ordnung. Vor Ihnen liegt eine steile Karriere. Ihr erstes Buch war bemerkenswert, Ihr zweites wird noch besser. Kopf hoch, ich helfe Ihnen.«
    Ich kann zwar nicht behaupten, dass mir mein Rückzug nach Aurora die Inspiration zurückgab, aber er tat mir unbestreitbar gut. Harry auch, denn er war oft einsam, das wusste ich: Er hatte keine Familie und nicht viel Ablenkung. Wir verlebten glückliche Tage. Genau genommen waren es die letzten glücklichen Tage, die wir gemeinsam verbrachten. Wir machten ausgedehnte Spaziergänge am Meer, hörten uns wieder einmal die großen Opernklassiker an, zogen auf den Langlaufloipen unsere Bahnen, klapperten die kulturellen Veranstaltungen der Gegend ab und unternahmen Ausflüge in die umliegenden Supermärkte, um nach den kleinen Cocktailwürstchen Ausschau zu halten, deren Verkaufserlös der amerikanischen Armee zugutekam, denn Harry war ganz wild auf sie und meinte, allein diese Würstchen rechtfertigten die militärische Intervention im Irak. Wir aßen auch oft im Clark’s zu Mittag und verbrachten ganze Nachmittage dort, tranken Kaffee und philosophierten über das Leben wie zu der Zeit, als ich noch sein Student gewesen war. Jeder in Aurora kannte und respektierte Harry, und auch mich kannten die Leute von früher. Von allen am meisten lagen mir Jenny Dawn, die Besitzerin des Clark’s, und Erne Pinkas, der ehrenamtliche Gemeindebibliothekar. Er stand Harry sehr nahe und kam abends manchmal auf ein Gläschen Scotch in Goose Cove vorbei. Ich selbst suchte die Bücherei jeden Morgen auf, um die New York Times zu lesen. Am ersten Tag war mir aufgefallen, dass Erne Pinkas ein Exemplar meines Buchs in einem gut sichtbaren Aufsteller platziert hatte. Stolz hatte er es mir gezeigt und gesagt: »Siehst du, Marcus, dein Buch steht in vorderster Reihe. Es ist seit einem Jahr das am häufigsten ausgeliehene Buch. Wann erscheint dein nächstes?« – »Ehrlich gesagt komme ich nicht so richtig in die Gänge. Deshalb bin ich hier.« – »Mach dir nichts draus. Du hast bestimmt bald eine zündende Idee, da bin ich mir sicher.« – »Zum Beispiel?« – »Davon verstehe ich nicht viel, du bist der Schriftsteller. Aber man muss ein Thema finden, das die Leute begeistert.«
    Harry saß im Clark’s seit dreißig Jahren am selben Tisch, nämlich an dem mit der Nummer 17, an den Jenny eine Metallplakette hatte schrauben lassen. Sie trug die Aufschrift:
    An diesem Tisch verfasste der Schriftsteller Harry Quebert im Sommer 1975 seinen berühmten Roman Der Ursprung des

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