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Die Wahrheit über Geld - Wie kommt unser Geld in die Welt und wie wird aus einem Kleinkredit ein großer Finanzcrash (German Edition)

Die Wahrheit über Geld - Wie kommt unser Geld in die Welt und wie wird aus einem Kleinkredit ein großer Finanzcrash (German Edition)

Titel: Die Wahrheit über Geld - Wie kommt unser Geld in die Welt und wie wird aus einem Kleinkredit ein großer Finanzcrash (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Brichta , Anton Voglemaier
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werden. Dies halten wir jedoch ebenfalls für ein Märchen – oder einen Taschenspielertrick, je nach Betrachtungsweise. Denn gemeint ist damit in der Regel nur, dass der prozentuale Anteil des staatlichen Schuldenlochs an der gesamten Wirtschaftsleistung eines Landes abgebaut wird. Das ist etwa so, als würden Sie, liebe Leserinnen und Leser, Ihren persönlichen Schuldenstand mit Ihrem Einkommen ins Verhältnis setzen. Dann brauchten Ihre Schulden in einem Jahr nur einmal langsamer zu steigen als Ihr Einkommen und schon wäre der Anteil der Schulden am Einkommen geringer. Aber hätten Sie damit Ihre Schulden abgebaut? Keineswegs, sie wären sogar gestiegen.
    Ganz zu schweigen davon, dass damit in gewisser Weise Äpfel und Birnen verglichen werden. Die Schuldenhöhe ist nämlich eine sogenannte Bestandsgröße, die auch im nächsten und übernächsten Jahr in gleicher Höhe Bestand hat, sofern Sie keine Schulden tilgen. Das Einkommen dagegen ist eine Stromgröße, die schwanken kann. Wenn Sie beispielsweise im kommenden Jahr weniger verdienen, steigt der Anteil Ihrer Schulden automatisch, ohne dass sich Ihre Schuldenhöhe ändern muss. Davon können die Griechen ein Lied singen: Ihre Wirtschaftsleistung brach in der Finanzkrise ein, sodass ihr relativer Schuldenstand in astronomische Höhen schoss, ohne dass dafür ein einziger Cent mehr an tatsächlichen Schulden nötig gewesen wäre.
    Mit anderen Worten: Der Vergleich der Staatsschulden mit der Wirtschaftsleistung ist eine Schönfärberei, die sich in schlechteren Zeiten schnell ins Gegenteil verkehren kann – es sei denn, man glaubt daran, dass schlechtere Zeiten niemals mehr kommen werden. Einen tatsächlichen Abbau von Staatsschulden durch Wirtschaftswachstum hat es selbstverständlich noch nie gegeben. Im Gegenteil: Auch in guten Zeiten werden gerne neue Schulden gemacht, weil man es sich ja gerade dann leisten kann. Die Rechnung dafür wird schließlich erst später präsentiert.
    Und noch etwas: Wer als Privatmann seine Schulden in Relation zu seinem Einkommen setzt, macht das in der Regel nur, um abzuschätzen, ob er seinen Kredit in überschaubarer Zeit tatsächlich zurückzahlen kann. Das heißt, er plant konkret, in 20 oder 30 Jahren schuldenfrei zu sein. Dies plant aber kein Staat, zumindest nicht ernsthaft, sondern ein Staat tilgt seine Schulden in der Regel niemals, wie wir wissen. Das Verhältnis „absolute Höhe der Schulden zum Einkommen“ ist für ihn also auch deshalb vollkommen irrelevant – zumal es sich bei dieser Betrachtung nicht einmal um sein eigenes Einkommen handelt, sondern um das seiner Bürger.
    Für einen Staat wäre es also allenfalls sinnvoll, abzuschätzen, ob er sich die reinen Zinszahlungen noch leisten kann. Das heißt, dass er lieber seine jährlichen Zinszahlungen mit seinen jährlichen Steuereinnahmen ins Verhältnis setzen sollte. Denn das ist die Relation, die wirklich zählt! Nur in diesem Fall würden Äpfel mit Äpfeln verglichen. Und dann käme es auch nicht zu solch abstrusen Behauptungen, die Schulden wären abgebaut worden, während sie tatsächlich gestiegen sind.
    Zur selben Kategorie zählen wir übrigens auch die Unterstellung, Staaten könnten sich mithilfe niedriger Zinsen oder hoher Inflation ihrer Schuldenlasten entledigen. Die Wissenschaftler Carmen Reinhart und Bélen Sbrancia beispielsweise zogen in einer Studie den Schluss, die USA und Großbritannien hätten zwischen 1945 und 1980 im Durchschnitt Schulden von drei bis vier Prozent ihrer Wirtschaftsleistung pro Jahr abgebaut. Gelungen sei dies mithilfe von Zinssätzen, die über lange Perioden unter den Inflationsraten lagen. 1
    Sie merken schon, liebe Leserinnen und Leser: Auch hier wird wieder nur die relative Größe betrachtet, nämlich in „Prozent der Wirtschaftsleistung“. In absoluten Zahlen sind die Schulden dieser Länder selbstverständlich auch in diesem Zeitraum gestiegen. Und deshalb sind sie heute bei einer Höhe angelangt, die zur Sorge Anlass gibt. Selbst mit niedrigen Zinsen oder hoher Inflation können Staaten ihre Schulden also im Endeffekt nicht abbauen. Damit lässt sich die Schuldenorgie allenfalls verlängern, weil die Nebenwirkungen phasenweise abgemildert werden. 2
BREMSE ODER GASPEDAL?
    Im Übrigen unterscheidet sich die Entwicklung der Staatsschulden in keiner Weise von dem Trend, den wir für die Gesamtverschuldung aufgezeigt hatten. Das ist auch plausibel, da die öffentliche Hand ein dominierender Kreditnehmer ist,

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