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Die Wanderapothekerin 1-6

Die Wanderapothekerin 1-6

Titel: Die Wanderapothekerin 1-6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Frau in Klaras Nähe.
    Der Reiter hielt an und musterte die Gruppe. »Warum arbeitet ihr nicht?«, herrschte er die Frauen und Männer des Dorfes an.
    »Weil sie ihre Arzneien für den Winter einkaufen, mein Herr«, antwortete Martha mit einem bäuerlich wirkenden Knicks.
    »Von euch beiden Hausiererinnen etwa? Wenn hier jemand Arzneien verkauft, so die Buckelapotheker aus Königsee …«
    »… und zwar jene, die ihre Salben und Elixiere im Namen von Herrn Rumold Just austragen«, unterbrach Klara den Mann und zog ihren Pass aus der mit Wachs eingeriebenen Lederhülle, welche ihn gegen Nässe schützen sollte.
    »Hier, seht! Ich wurde von dem Laboranten Just geschickt, und das mit allergnädigster Erlaubnis Seiner Hoheit, Fürst Ludwig Friedrich von Schwarzburg-Rudolstadt!« Klara reichte dem Reiter den Pass. Dieser warf einen kurzen Blick darauf und gab ihn ihr wieder zurück.
    »Meinetwegen kannst du hier verkaufen. Halte aber meine Leibeigenen nicht zu lange auf! Die sollen arbeiten und nicht schwätzen. Doch nun zu diesem Burschen hier! Ich habe ihn erwischt, wie er am Bach Forellen fangen wollte. Du«, sein Finger stach auf einen kräftigen Mann zu, »wirst ihm dafür zwanzig Stockhiebe versetzen. Ihr anderen schaut zu, damit ihr begreift, was denjenigen erwartet, der sich an meinen Fischen oder meinem Wild vergreift!«
    Klara wurde bei dem Gedanken an die Forellen in Marthas Packen ganz schwül. Während sie zusah, wie der Knecht den Jungen an einen Baum band, einen Stock abschnitt und die Entfernung für die Schläge abmaß, stopfte Martha einen Forellenschwanz, der vorwitzig aus ihrem Bündel herauslugte, ganz hinein und verfolgte dann ebenfalls die Bestrafung.
    Aus Angst vor seinem Herrn wagte der Knecht nicht, zu leicht zuzuschlagen. Daher traf jeder Hieb den Jungen mit großer Wucht. Die ersten drei ertrug der Fischdieb noch schweigend, dann aber schrie er bei jedem weiteren, als stecke er am Spieß.
    Der Reiter lachte dröhnend und befahl einer der Bäuerinnen, ihm einen Krug Bier zu bringen. Es war die Mutter des Jungen, und sie befolgte seinen Befehl voller Angst. Als die Beine des erbarmungswürdigen Fischdiebs bei dem zehnten Schlag nachgaben und er nur noch von dem Seil gehalten am Baum hing, fasste die Frau den Stiefel des Herrn und sah wie eine geprügelte Hündin zu ihm auf.
    »Übt Gnade, Herr!«, flehte sie. »Ihr lasst meinen armen Kunner sonst noch zuschanden schlagen!«
    »Zwanzig Hiebe für einen Fisch, vierzig für einen Hasen, hundert für ein Reh. So steht es geschrieben. Hätte dein Sohn die Hände von meinen Forellen gelassen, bekäme er jetzt keine Strafe!« Der Gutsherr blieb ungerührt, und so musste der Junge die volle Zahl der Schläge hinnehmen.
    Als dies geschehen war, setzte der Reiter seinen Weg fort, als wäre nichts geschehen. Die meisten Frauen und Männer trollten sich und kehrten an ihre Arbeit zurück. Zuletzt blieben nur der Junge, dessen Mutter und der Knecht, der die Strafe ausgeführt hatte, bei Klara und Martha.
    »Warum hast du so hart zugeschlagen, Simon?«, klagte die Frau.
    Der Knecht warf den Stock mit einer Geste des Abscheus fort. »Hätte ich es nicht getan, wäre ich aufs Schloss geschafft worden, und dort hätte der Herr mich doppelt so viel schlagen lassen. Allerdings habe ich nicht mit voller Kraft zugeschlagen, sonst hätte Kunner keine heile Rippe mehr«, sagte er leise.
    Unter Tränen band die Frau ihren Sohn los und stützte ihn, weil er nicht alleine gehen konnte. »Es ist schon ein Kreuz, als Leibeigener geboren zu werden«, seufzte sie und wandte sich dann Klara und Martha zu. »Seid froh, dass euch das erspart geblieben ist!«
    Auf Marthas Gesicht zuckte es. Sie war als Leibeigene geboren worden und hatte bis vor wenigen Wochen die Willkür ihres Herrn ertragen müssen. Mitleidig legte sie einen Arm um die Frau und zog sie an sich.
    »Sei versichert, es gibt noch Schlimmere als euren Herrn. Ich kenne einen, der hat einen Mann wegen eines lumpigen Hasen aufhängen lassen!« Das war Marthas Vater gewesen, und wenn sie daran dachte, tat es ihr immer noch weh. Ihr Gesicht verriet ihren Schmerz, und Klara überkam mit einem Mal heiße Scham.
    Sie maß etwas Heilsalbe ab und reichte sie der Mutter des Jungen. »Hier, trage das auf die Striemen auf! Der Rücken deines Sohnes wird dann besser heilen.«
    »Ich habe kein Geld, dir die Salbe zu bezahlen. Wir sind arm und haben oft nicht einmal genug zu essen.«
    »Nimm sie ruhig! Gott wird es mir gewiss im

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