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Die Wanderapothekerin 1-6

Die Wanderapothekerin 1-6

Titel: Die Wanderapothekerin 1-6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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den Seitengang in der undurchdringlichen Finsternis zu ertasten. Dort maß sie die Länge, die der Bach offen floss, und kam auf acht Schritte. Das war wenig, doch das Wasser strömte rasch genug, um alles mit sich zu tragen. Trotzdem tastete sie sich zuerst zur anderen Seite hin und trank, bevor sie zum Abfluss des Baches zurückkehrte, um sich dort zu erleichtern. Sie musste sich dafür in das eisige Wasser stellen und hatte noch einige Zeit danach das Gefühl, als wären ihre Füße erfroren.
    Der Gedanke, dass sie in der Haupthöhle sein musste, wenn Görch auftauchte, trieb sie wieder dorthin zurück. Als sie dort ihren Stein, den sie vorhin neben sich gelegt hatte, in der Dunkelheit nicht auf Anhieb fand, geriet sie fast in Panik.
    Da vernahm sie Dietas erleichterten Ruf. »Hier ist dein Stein!«
    Klara tastete sich zu ihr hin und nahm ihn entgegen. Damit sie ihn nicht erneut verlor, steckte sie ihn in die Tasche, in der ihr Brot gewesen war, und harrte darauf, dass ihr Peiniger wiederkam.

14.
    D as Geräusch von Schritten, die weit über ihr widerhallten, riss Klara aus einem unruhigen Schlaf. Sie schreckte hoch und bemerkte ganz oben einen Lichtschein. Wenig später sah sie, wie die Strickleiter herabgelassen wurde. Endlich war Görch gekommen! Nun galt es, die Freiheit zu erkämpfen oder das Schicksal jenes bedauernswerten Mädchens zu teilen, dessen Gebeine keine acht Schritte von ihr entfernt in einem Seitengang moderten.
    Klara zitterte vor Angst und Aufregung und zog sich weiter nach hinten zurück, damit sie nicht sofort in den Schein der Laterne geriet, mit der der Unhold die Strickleiter herunterkletterte. Ihre Faust krampfte sich um den Stein, und sie überlegte, ob sie Görch nicht gleich niederschlagen sollte, wenn er den Boden der Höhle erreichte und noch durch die Laterne behindert wurde.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, drehte er sich um und leuchtete so weit in die Höhle, wie der Schein seiner Laterne reichte. Da die Mädchen sich außerhalb des Lichtkreises befanden, konnte er sie nicht sehen.
    Doch er lachte nur hämisch. »Ihr könnt euch nicht vor mir verstecken, ihr Metzen. Hier gibt es keinen Ausweg! Seid gescheit und macht freiwillig für mich die Beine breit. Dann bekommt ihr auch etwas zu essen.«
    »Niemals!«, entfuhr es Klara, während Dieta neben ihr zu wimmern begann.
    »Er hat mir schrecklich weh getan und wird es wieder tun!«
    »Nimm dich zusammen!«, zischte Klara leise und umfasste den Stein noch fester.
    Unterdessen hatte Görch den Boden der Höhle erreicht und sah sich um. »Wenn ihr nicht freiwillig kommt, werdet ihr es bereuen«, drohte er.
    Klara verging fast vor Angst, er könnte die Leine bemerken, die etwa zwei Handbreit über den Boden gespannt war.
    Aber Görch sah sich nicht um, sondern dachte nur an die Befriedigung seiner Gier. Er starrte ins Dunkel, als könne er es durchdringen, und horchte angestrengt. Doch die Mädchen verrieten sich mit keinem Laut. Nun begriff er, dass es nicht so einfach war, gleich zwei Opfer zu bändigen. Er würde eines von ihnen fesseln müssen, sonst würde es hinter seinem Rücken die Strickleiter hochklettern, während er das andere bestieg.
    »Ihr macht mich zornig!«, rief er und drohte mit der Faust.
    »Noch einen Schritt! Geh noch einen Schritt!«, flehte Klara und bemerkte, dass sie es laut gesagt hatte.
    Görch vernahm ihre Stimme und kam auf sie zu. Im nächsten Moment stolperte er über die Leine, stürzte und schlug hin. Die Laterne entglitt ihm und drohte zu erlöschen. Doch als er danach greifen wollte, wuchs vor ihm ein Schatten in die Höhe. Er sah noch die ausholende Bewegung eines Armes, dann traf ihn etwas Hartes am Kopf, und er versank im Nichts.
    Klara vernahm einen Seufzer und wollte zum zweiten Mal ausholen. Doch der Köhler rührte sich nicht mehr.
    Ich habe ihn erschlagen!, durchfuhr es Klara, und sie zitterte nun am ganzen Körper. Dennoch behielt sie die Übersicht und hob die Laterne auf, bevor diese verlöschen konnte. Als sie den Schein auf den Mann richtete, sah sie, dass seine Brust sich hob und senkte. Da er noch atmete, musste er am Leben sein. Dort aber, wo ihr Stein ihn getroffen hatte, färbte sein schütteres Haar sich rot.
    »Wir haben es geschafft!«, rief sie Dieta zu. »Komm rasch! Bevor er wieder erwacht, müssen wir oben sein.«
    Klara eilte zur Strickleiter und wollte hochklettern. Da sah sie, dass Dieta zwar in den Lichtschein getreten war, aber bei Görch stehen blieb und diesen

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