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Die Wanderapothekerin 1-6

Die Wanderapothekerin 1-6

Titel: Die Wanderapothekerin 1-6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ins Freie zu gelangen.«
    Der Jäger stellte ihr noch ein paar Fragen und wandte sich dann an seinen Begleiter. »Reite nach Königsee und fordere den Amtmann auf, mit mehreren Männern hierherzukommen. Ich schaue unterdessen nach, ob die Jungfer die Wahrheit gesprochen hat.«
    »Das habe ich!«, fauchte Klara ihn an, weil sie sich nicht ernst genommen fühlte.
    »Wir werden sehen«, antwortete der Jäger und forderte sie auf, ihn zu der Höhle zu führen.
    Zunächst taten sie sich mit der Orientierung schwer. Doch als Klara zwischen den Zweigen hindurch die Sonne entdeckte, vermochte sie die richtige Richtung einzuschlagen und erreichte nach einer Weile die Seitenschlucht mit dem Geröllhang.
    An dieser Stelle musste der Jäger vom Pferd steigen. Er tat sich schwerer als die beiden Mädchen, die beim Klettern die Hände zu Hilfe nahmen, denn er hielt seine Büchse so krampfhaft fest, als könne jeden Augenblick ein Bär oder ein anderes Untier aus der Schlucht herausstürmen. Als sie den Höhleneingang erreichten, brannte die Unschlittkerze in der Laterne noch. Klara hob sie auf und drang als Erste in die Höhle ein. Nach kurzem Zögern folgte der Jäger ihr, während Dieta vor dem dunklen Loch zurückscheute und draußen blieb.
    Schon bald hörten sie das wüste Fluchen des übertölpelten Köhlers. Görch ist aus seiner Betäubung erwacht!, dachte Klara und sah ihren Begleiter an. Der blieb stehen, hielt auch sie auf und lauschte.
    »Wenn ich diese beiden Mistviecher erwische, werden sie was erleben«, schrie Görch voller Wut. »Die werden es bereuen, mich niedergeschlagen zu haben! Ich werde ihnen das Fleisch bei lebendigem Leib von den Rippen schneiden und es braten, wie ich es bei der Jüdin gemacht habe. Bis dorthin aber werden sie mir als Huren dienen.«
    »Es ist tatsächlich der Köhler Görch, und er hat eben seine Untaten gestanden.«
    Klara nahm das Entsetzen wahr, das in der Stimme des Jägers mitschwang, aber auch seine Erleichterung, dass das Rätsel um die beiden Morde und die verschwundenen Mädchen endlich gelöst war. Nun trat er näher an die Felskante heran und blickte in die Dunkelheit hinein.
    »Hörst du mich, du Hund?«, rief er so laut, dass es von den Felswänden widerhallte.
    »Du bist doch einer der Jäger! Hilf mir! Ich bin hier abgerutscht. Oben muss eine Strickleiter liegen«, antwortete der Köhler kaltblütig.
    »Dir helfen? Du hast eben selbst zugegeben, ein Mädchen getötet und sein Fleisch verzehrt zu haben. Auch hast du zwei weitere Mädchen gefangen und wolltest ihnen dasselbe antun. Nein, Köhler, dir kann keiner mehr helfen! Meine Kameraden werden bald kommen, und dann holen wir dich von dort unten hoch und bringen dich nach Rudolstadt. Dort wird der Richter den Stab über dich brechen!«
    Görch blieb einen Augenblick still, stieß dann aber ein solches Geheul aus, dass es Klara nicht mehr in dem Höhlengang hielt. Sie rannte ins Freie, so schnell es ihr in dem Halbdunkel möglich war, und klammerte sich schutzsuchend an Dieta. Nun erst begriff sie, welchem Schicksal sie entkommen war, und alles andere, was sie bisher bedrückt hatte, war im Augenblick vergessen.

16.
    D a die Unschlittkerze der Laterne immer weiter niederbrannte, musste auch der Jäger die Höhle wieder verlassen. Das Fluchen des Köhlers verfolgte ihn bis nach draußen, und er fürchtete, dass der Unhold versuchen würde, die Felswand zu erklimmen. Mit bleicher Miene spannte der Jäger seine Büchse und richtete den Lauf auf den schmalen Spalt, aus dem Görch kommen musste, wenn ihm der Aufstieg gelang.
    Doch vorerst blieb alles ruhig. Klara und Dieta klammerten sich aneinander und sagten alle Schutzgebete auf, die sie kannten. Bei jedem flehten sie den Herrn Jesus an, dass bald Unterstützung kommen möge. Der Jäger sah ihnen nicht so aus, als würde er sich gegen Görch behaupten können.
    Daher waren beide erleichtert, als endlich Rufe ertönten und sie auf sich aufmerksam machen konnten. Wenig später kletterten mehrere Männer mit dem Amtmann von Königsee an der Spitze den Geröllhang hinauf.
    »Der Jochen sagt, du hättest den Unhold gefangen. Stimmt das?«, fragte der Amtmann den Jäger.
    Dieser zeigte mit verkniffener Miene auf Klara. »Sie hat es getan!«
    »Du, Klara?«
    Nun erst konnte Klara erkennen, dass auch Tobias, der Sohn des Laboranten Just, zu den Begleitern des Amtmanns zählte. »Ich hatte Dietas Hilferufe gehört und wollte den Köhler bitten, mir bei der Suche nach ihr zu helfen.

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