Die Wanderapothekerin 4: Gift (German Edition)
sind.«
»Lange sollten wir hier nicht bleiben«, erwiderte Martha und schüttelte sich.
Klara war jedoch nicht bereit, sang- und klanglos abzuziehen. »Ich möchte zumindest mit der Mamsell über meinen Bruder reden. Sie sagte, sie hätte ihm einen Auftrag erteilt, den er nicht ausgeführt hat. Auch will ich mehr über diesen Baron wissen, der am Verschwinden meines Bruders schuld sein kann.«
»Wir sollten unsere Nasen nicht zu sehr in diese Angelegenheit hineinstecken, sonst verschwinden auch wir«, sagte Martha eindringlich.
Ihr war ausgesprochen mulmig zumute, doch sie spürte, dass sie bei Klara auf Granit biss. Daher gab sie auch diesmal der Jüngeren nach. »Erst einmal sollten wir zusehen, dass wir Wasser zum Trinken und zum Waschen und danach etwas in den Bauch bekommen. Meine Zunge klebt, und meine Gedärme rumpeln schon ganz schön.«
»Wo mag die Küche sein?« Da Klara nicht wusste, wie so ein riesiges Gebäude eingeteilt war, ging sie einfach los.
Martha folgte ihr und hielt sich an ihrem Ärmel fest. »Hoffentlich ist die Küche nicht in dem anderen Seitenflügel. Wir dürfen den Hauptflügel ja nicht einmal betreten, geschweige denn durchqueren.«
»Dann gehen wir durch den Garten«, antwortete Klara, schnupperte ein paarmal und hielt auf eine größere Tür zu.
»Wenn das hier nicht die Küche ist, würde es mich sehr wundern.« Sie öffnete die Tür und spähte hinein.
Drinnen arbeiteten ein halbes Dutzend Leute unter der Anleitung eines Kochs. Das Unheimliche war, dass niemand sprach oder auch nur einen Ton von sich gab. Das einzige Geräusch, das Klara vernahm, war das Blubbern eines Kessels, der überzukochen drohte.
»Gott zum Gruß!« Obwohl Klara nicht laut sprach, zuckten die Bediensteten zusammen wie bei einem Kanonenschuss. Der Koch fuhr herum, entdeckte den überkochenden Kessel und stieß einen zornigen Ruf aus.
»Anton, du solltest doch achtgeben!«
Der gescholtene Küchenjunge schoss auf den Herd zu, nahm im Vorbeilaufen einen Kochlöffel von einer Stange und begann hastig zu rühren, während er gleichzeitig den Arm, an dem der Kessel hing, vom Feuer wegdrehte. Unterdessen wandte der Koch sich Klara und Martha zu, die ihrer Freundin über die Schulter schaute.
»Seht zu, dass ihr verschwindet, bevor euch die Mamsell entdeckt. Die macht wenig Federlesens mit euresgleichen!«
»Genau die Mamsell hat uns eingelassen und uns eine Kammer zugeteilt«, antwortete Klara so freundlich, wie es ihr angesichts der Unhöflichkeit, mit der sie hier behandelt wurden, noch möglich war.
»Das stimmt!«, versicherte Martha. »Die Mamsell hat gesagt, wir sollen uns hier Wasser zum Trinken und zum Waschen holen, und auch, dass wir etwas zu essen bekämen.«
Der Koch schüttelte den Kopf. »Die Mamsell soll das gesagt haben? Das glaube ich nicht!«
»Dann frage sie doch!« Jetzt konnte Klara ihre Empörung nicht mehr verbergen.
Nachdem er kurz überlegt hatte, winkte der Koch ab. »Es ist eure Sache, wenn die Mamsell euch erwischt. Von mir erhalten Bettler nichts!«
Damit wandte er Klara und Martha den Rücken zu und befahl einer Magd, Holz nachzulegen.
»Sind denn hier alle verrückt geworden?«, rief Klara nicht gerade leise.
»Was ist denn los?«, erklang die scharfe Stimme der Mamsell, und gleich darauf trat die Frau ein.
»Dieser Mann«, sagte Klara und wies auf den Koch, »will uns weder Wasser noch etwas zu essen geben.«
»Tu es!«, befahl die Mamsell und verließ die Küche sofort wieder.
»Anton, gib ihnen einen Eimer Wasser, aber kaltes! Das warme brauchen wir selbst. Dann …«
»Ich kann hier nicht weg, sonst kocht die Suppe über«, protestierte der Küchenjunge.
»Dann soll Rita es tun«, sagte der Koch und befand, dass er sich damit genug um die beiden fremden Frauen gekümmert hatte.
Eine nicht mehr ganz junge Magd nahm einen Eimer, füllte diesen an einem Schaff und winkte Klara und Martha mitzukommen. Erleichtert, die Küche verlassen zu können, folgten ihr die beiden Mädchen. Da sie glaubten, Rita würde sie ebenso behandeln wie Emma oder der Koch, schwiegen sie, bis sie in ihrer Kammer waren, und sahen zu, wie die Magd den Eimer abstellte und den Tisch ausklappte.
»Wenn ihr noch ein wenig warten könnt, hole ich etwas warmes Wasser und Seife. Damit wäscht es sich gewiss angenehmer als mit frischem Quellwasser«, bot Rita ihnen an.
Klara nickte überrascht. »Das wäre nett von dir. Wir haben unterwegs arg geschwitzt und müssten auch unsere Kleider
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