Die Wanderapothekerin 4: Gift (German Edition)
Kammer überlegte die Wanderapothekerin, welche Mittel sie anwenden sollte. Zu viel Erfolg durfte sie sich nicht erhoffen. Doch vielleicht half es, das Leben der Gräfin bis zu einer frühen Niederkunft zu erhalten. Doch was war, wenn das Kind ebenfalls von dem Gift befallen war? Höchstwahrscheinlich würde es tot zur Welt kommen.
Klara stiegen Tränen in die Augen, denn sie fühlte sich so hilflos wie selten zuvor. Wie sollte sie mit ihren beschränkten Mitteln Mutter und Kind beistehen? In ihrer Kammer schulterte sie das Reff und ging wieder hinaus.
Als Martha ihr folgen wollte, herrschte die Mamsell die junge Frau an. »Du bleibst hier!«
»Aber ja doch!«, rief Martha erschrocken und verzog sich in das hinterste Eck.
Klara hatte keine Zeit, sich um ihre Freundin zu kümmern, sondern eilte den Flur entlang, um zum Haupttrakt zu gelangen.
Dort erwartete sie die Zofe Emma und musterte ihr Reff voller Misstrauen. »Du wirst mir sagen, welche Mittel du meiner Herrin gibst!«
»Kannst du lesen?«, fragte Klara, während sie ihr Reff abstellte und das erste Fläschchen zur Hand nahm.
»Ja, das kann ich!«, antwortete die Zofe verwundert.
»Dann lies dir die Zettel durch, die ich für jedes Mittel bei mir führe, und lass mich arbeiten.« Klara drückte der anderen die passenden Blätter in die Hand und zeigte auf ihr erstes Medikament. »Das hier ist eine Essenz aus verschiedenen Kräuterölen wie Pfefferminze, Vogelmiere und anderen. Es soll die Atemnot der Herrin lindern. Du siehst doch, wie schwer sie nach Luft ringt.«
Klara ließ sich nicht länger aufhalten, sondern träufelte ein paar Tropfen auf ein Tuch und hielt es der Kranken an die Nase. »Mach ihre Brust frei, damit ich es einreiben kann«, befahl sie der Zofe. Zögernd gehorchte diese und sah zu, wie Klara mehrere Tropfen über dem Brustbein der Gräfin verrieb. Schon nach ein paar Augenblicken kniff Emma verwundert die Augen zusammen.
»Sie atmet leichter!«
Es war ein erster, winziger Erfolg. Klara suchte nun einige andere Mittel heraus, maß sie ab und gab sie der Gräfin entweder zum Trinken oder rieb sie damit ein. Ein wenig wunderte sie sich, wie fein und glatt die Haut der Herrin war. Sicher war die Dame von vornehmer Blässe, aber ihre Haut wirkte alles andere als krank.
Der Gedanke kam und verschwand wieder, weil es für Klara genug zu tun gab. Um das Gift schneller aus dem Magen und Darm zu entfernen, verabreichte sie der Gräfin eine Mixtur aus Zaunwinde und Faulbaumrinde. Dabei betete sie, dass sie die richtige Wahl getroffen hatte. Schließlich suchte sie noch ein kräftigendes Mittel heraus und reichte es der Zofe.
»Die Herrin wird dich in den nächsten Stunden brauchen, denn alles, was drinnen ist, muss aus ihrem Darm heraus. Sobald das geschehen ist, gibst du ihr einen Löffel davon mit ein wenig Wein!«
»Du glaubst also auch, dass sie vergiftet worden ist?«, fragte Emma.
Klara hob in einer hilflosen Geste die Arme. »Ich kenne keine Krankheit, die so verläuft, wie es mir von dieser berichtet wurde. Hätte die Herrin eine Lungenentzündung, müsste sie hohes Fieber haben. Doch sie fühlt sich eher kühl an.«
»Das ist die Kälte vor dem Tod«, klang da plötzlich eine Männerstimme auf.
Thomas, der Vorkoster, war unbemerkt eingetreten und sah die Mamsell und Emma strafend an. »Warum verlängert ihr die Qualen Ihrer Erlaucht noch? Ihr seht doch, dass sie sterben wird. Gott hat es so bestimmt!«
»Ich glaube eher, Baron Triberg hat es so bestimmt«, fuhr die Zofe auf. »Außerdem – was hast du hier zu suchen? Dein Platz ist in der Küche. Also scher dich dorthin zurück!«
»Wäre es Gift, müsste ich es doch auch spüren. Schließlich koste ich alle Speisen der Herrin vor«, gab der Vorkoster zurück.
»Das Gift muss auf einem anderen Weg in den Leib Ihrer Erlaucht gelangen«, erklärte die Mamsell. »Wenn wir nur wüssten, auf welchem!«
»Das weiß nur Gott und jener, der es ihr gibt!« Der Blick, mit dem Thomas die Mamsell und Emma bedachte, wirkte so herausfordernd, als würde er sie beschuldigen, die Grafenfamilie vergiftet zu haben.
Klara war so weit fertig und wollte ihr Reff ergreifen. Da stieß die Mamsell ihre Hand zurück.
»Deine Kiepe bleibt hier! Niemand darf sie berühren!«
»Da ich hier nichts verkaufen kann, muss ich weiterziehen!«, beschwerte Klara sich.
»Deine Mittel scheinen der Herrin zu helfen. Also wirst du bleiben!« Der Tonfall der Mamsell ließ keinen Zweifel daran, dass sie
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