Die Wanderapothekerin 6: Der Schatz (German Edition)
früh weiter. Verzeiht daher, wenn ich jetzt gehe. Gerold, hier ist das Geld!«
Er zählte dem Freund die Münzen auf den Tisch, die Graf Benno von Güssberg ihm als Entschädigung hatte zahlen müssen, reichte ihm die Hand und deutete vor Pulver eine Verneigung an.
Zuletzt schenkte er Lisa ein dankbares Lächeln. »Auf Wiedersehen, Jungfer! Ich wünsche dir alles Gute und Schöne auf dieser Welt. Du siehst nämlich so aus, als könntest du dein Glück festhalten.«
»Das kann sie allerdings«, murmelte ihr Vater im Hintergrund ein wenig bärbeißig, aber auch stolz.
Tobias kehrte in den Gasthof zurück. Da der Mond fast voll am Himmel stand, sah er das große Holzschaff am Straßenrand gerade noch rechtzeitig, bevor er darüber fallen konnte.
Als er die Gaststube betrat, hatte der Reitknecht bereits den zweiten Krug Wein geleert und stand nicht mehr allzu sicher auf den Beinen. Tobias fasste ihn unter und schleifte ihn in den Stall, wo der Bursche auf einem Büschel Stroh rasch einschlief.
Wieder in der Gaststube, bestellte Tobias sich einen Becher Wein und fragte die Magd, ob noch etwas zu essen übrig wäre.
»Das will ich wohl meinen!«, antwortete sie lachend. »Schließlich leben wir davon, dass die Gäste unseren Wein trinken und unsere Mahlzeiten verzehren. Was darf es denn sein? Es ist noch ein Rest Eintopf da, oder wollt Ihr Würste und Schinken?«
»Etwas Wurst und Brot reichen«, antwortete Tobias.
»Gerne!« Die Magd holte ihm das Verlangte und legte es ihm so vor, dass ihr Busen ihm kurz über die Wange strich.
»Wenn Ihr hinterher noch einen Wunsch habt, dürft Ihr ihn ruhig äußern«, sagte sie mit lockender Stimme.
Zu anderen Zeiten wäre Tobias vielleicht auf dieses Angebot eingegangen. Nun aber schob sich Klaras Gesicht in seine Gedanken, und er schüttelte den Kopf.
»Ich bin müde und muss morgen in aller Frühe weiter!«
»Schade!«, sagte die Magd und ging zum nächsten Gast, von dem sie hoffte, er würde ihr ihre Nachgiebigkeit mit ein paar Münzen vergelten.
4.
A ls Alois Schneidt die Türme von Gernsbach vor sich sah, kam die Anspannung in doppelter Heftigkeit zurück. War es ihm gelungen, die Räuber Galljockel und Knüppelpeter auf Klara zu hetzen?, fragte er sich. Wenn ja, war auch das letzte Hindernis, das zwischen ihm und dem Schatz seines Bruders lag, beseitigt. Die Schwägerin würde sich nicht mehr sträuben können und ihm das Gold aushändigen. Mit ihren beiden kleinen Kindern durfte sie froh sein, wenn sie überhaupt genug zu essen hatten. Schneidt stach auch das schöne Anwesen seines Bruders ins Auge. Oder sollte er ein neues Haus auf eigenem Grund errichten lassen?
Während er auf das Stadttor zuschritt, gingen ihm alle möglichen Überlegungen durch den Kopf. Am Tor angekommen, sprach er die Wachen an. »Gott zum Gruß! Da bin ich wieder, wie alle Jahre.« Aber auch zum letzten Mal, setzte er für sich selbst hinzu.
»Grüß dich, Schneidt! Bist wieder weit gewandert, was? Aber jetzt hat’s ein End. Nun musst du nur noch hier auf den Markt, dann kannst du wieder heim!«
Die Torwächter kannten Alois Schneidt seit vielen Jahren und ließen ihn sofort ein, während sie zwei wandernde Handwerksburschen einem scharfen Verhör unterzogen.
Schneidt ging weiter zu Bollands Wirtschaft und setzte sich dort an den gewohnten Tisch. »Einen kleinen Krug Wein und ein Stück Braten, wenn es genehm ist«, sagte er zu dem Wirt.
Dieser lachte nachsichtig. »Erst einmal grüß Gott, Schneidt. Den Wein und den Braten kriegst du gleich. Hast wohl heuer besonders gute Geschäfte gemacht?«
»Nein, leider noch schlechtere als im letzten Jahr«, sagte Schneidt und bedauerte, dass er nicht an Klaras Geld gekommen war. In den letzten zwei Jahren hatte ihm das Geld, das er seinem Bruder und ein Jahr später seinem Neffen abgenommen hatte, ein angenehmes Leben ermöglicht. Klaras Beutel war sogar noch besser gefüllt gewesen. Doch dieses Geld würden nun der Galljockel und der Knüppelpeter für Bier, Wein und schlechte Weiber ausgeben.
»Ich habe noch weniger eingenommen als im letzten Jahr«, wiederholte er. »Trotzdem lasse ich mich nicht verdrießen und feiere wie immer das Ende meiner Wanderschaft.«
»Mir soll’s recht sein!«, meinte der Wirt lachend. »Denn an dir habe ich immer mehr verdient als an deinem Bruder. Wer hat eigentlich heuer dessen Strecke übernommen, nachdem dein Neffe letztes Jahr nicht angekommen ist? Ich glaube nicht, dass Rumold Just einem so
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