Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
Hoffnung!« Die Mamsell krallte die Finger in Klaras Schulter und zerrte diese mit sich.
Am liebsten hätte Klara sich losgerissen und wäre davongelaufen. Doch ihr blieb nichts anderes übrig, als der aufgelösten Frau zu folgen. Am Eingang zu den Gemächern der jungen Herrin erwartete sie die Zofe. Die sah derartig zornerfüllt aus, dass Klara erschrocken zusammenzuckte.
»Diese Hausiererin wird Ihre Erlaucht auch nicht retten können!«, stieß Emma hervor.
»Wenn wir sie nicht zur Herrin lassen, werden wir es nie herausfinden!«, antwortete die Mamsell nicht weniger scharf.
»Sie wird sie umbringen! Gewiss hat dieser entsetzliche Baron sie geschickt, weil ihm das Sterben Ihrer Erlaucht zu lange dauert. Doch eines schwöre ich! Wenn er wirklich kommt, um sein Erbe anzutreten, wird er ebenso sterben wie unsere arme Herrschaft, und wenn man mich hinterher ertränkt oder köpft!«
In diesen Hallen herrschte ein Hass, der Klara entsetzte. Die Zofe sah aus, als würde sie sie am liebsten als Erste umbringen. Auch versperrte Emma die Tür mit ihrem Leib, als wolle sie sogar dem Teufel standhalten. Erst nachdem sie die Mamsell angeherrscht hatte, den Weg freizugeben, wich sie widerwillig zur Seite, folgte Klara aber dicht auf dem Fuß und ließ sie nicht aus den Augen.
Das Schlafgemach der Gräfin war prachtvoll ausgestattet, doch dafür hatte Klara keinen Blick, sie interessierte sich nur für die junge Frau, die sich vor Schmerzen krümmte und verzweifelt nach Luft rang.
»Tu etwas!«, flehte die Mamsell verzweifelt.
Wie unter einem Zwang trat Klara an das Bett der Kranken und legte ihr die Hand auf die schweißnasse Stirn. Zu ihrer Verwunderung war diese kühl. Die junge Gräfin hatte mit Sicherheit kein Fieber. Jetzt hustete sie und erbrach sich. Gerade noch rechtzeitig konnte Klara die Schüssel nehmen, die auf dem Nachttisch bereitstand, und sie ihr vors Gesicht halten.
An den langen Winterabenden zu Hause hatte ihr Vater viel von seinen Reisen berichtet, aber auch erzählt, welche der Arzneien, die er verkaufte, für welche Krankheiten nützlich waren und wie man diese erkennen konnte. Klara versuchte, sich zu erinnern, ob irgendwelche Anzeichen auf die Gräfin zutrafen, fand aber keinen Anhaltspunkt. Daher würde sie der jungen Frau etwas auf Verdacht eingeben müssen. Allerdings zählten ihre Mittel nicht zu den starken Arzneien, die die Apotheker in den großen Städten für die dortigen Ärzte herstellten. Sie halfen bei kleinen, gewöhnlichen Erkrankungen und verschafften bei schlimmeren eine gewisse Linderung.
Was soll ich tun?, fragte sie sich und wandte sich an die Mamsell. »Ich muss mein Reff holen!«
»Du wirst keines deiner Mittel nehmen«, fuhr Emma sie an.
»Lass sie! Vielleicht hilft es, bis mein Kind zur Welt kommt. Gebe Gott, dass es ein Sohn wird!« Die Stimme der jungen Gräfin klang wie ein Hauch.
Da Magen und Darm der Dame am meisten betroffen schienen, wollte Klara mehrere Mittel anwenden, die hier am besten halfen. Doch gegen Gift waren auch diese nutzlos. Das Sterben der Gräfin würde weitergehen, und ob die Mamsell dann wirklich den Mut aufbringen würde, um ihr den Leib aufzuschneiden und das Kind ans Licht der Welt zu holen, bezweifelte Klara.
»Komm jetzt! Du wolltest doch deine Kiepe holen!« Erneut zerrte die Mamsell Klara hinter sich her.
Auf dem Weg in die Kammer überlegte die Wanderapothekerin, welche Mittel sie anwenden sollte. Zu viel Erfolg durfte sie sich nicht erhoffen. Doch vielleicht half es, das Leben der Gräfin bis zu einer frühen Niederkunft zu erhalten. Doch was war, wenn das Kind ebenfalls von dem Gift befallen war? Höchstwahrscheinlich würde es tot zur Welt kommen.
Klara stiegen Tränen in die Augen, denn sie fühlte sich so hilflos wie selten zuvor. Wie sollte sie mit ihren beschränkten Mitteln Mutter und Kind beistehen? In ihrer Kammer schulterte sie das Reff und ging wieder hinaus.
Als Martha ihr folgen wollte, herrschte die Mamsell die junge Frau an. »Du bleibst hier!«
»Aber ja doch!«, rief Martha erschrocken und verzog sich in das hinterste Eck.
Klara hatte keine Zeit, sich um ihre Freundin zu kümmern, sondern eilte den Flur entlang, um zum Haupttrakt zu gelangen.
Dort erwartete sie die Zofe Emma und musterte ihr Reff voller Misstrauen. »Du wirst mir sagen, welche Mittel du meiner Herrin gibst!«
»Kannst du lesen?«, fragte Klara, während sie ihr Reff abstellte und das erste Fläschchen zur Hand nahm.
»Ja, das kann ich!«,
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