Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
kleinen Leute müssen gehorchen, selbst wenn die Anweisungen noch so unsinnig sind«, antwortete ihre Freundin mit einer wegwerfenden Handbewegung.
Klara wollte sich damit nicht zufriedengeben, doch ehe sie etwas erwidern konnte, klopfte es an die Tür, und auf ihre Aufforderung kamen Rita und der Küchenjunge herein. Anton trug ein großes Paket mit Lebensmitteln, das er ihr grinsend überreichte.
»Ihr werdet es brauchen, denn ihr wollt in den nächsten Tagen gewiss keine Zeit damit verlieren, euch etwas zu essen zu besorgen.«
»Danke!« Klara reichte das Paket an Martha weiter, da diese es am nächsten Tag sowieso würde schleppen müssen, und umarmte sowohl Anton wie auch Rita.
»Es ist schade, dass ihr nicht bleiben könnt«, schluchzte die ehemalige Küchen- und jetzige Kindsmagd.
»Das ist wirklich schade«, stimmte Anton ihr zu.
»Ich komme nächstes Jahr wieder vorbei«, versprach Klara lächelnd.
Zwar mochte sie die beiden, doch Waldstein war nicht ihre Welt. Außerdem warteten ihre Mutter und ihre jüngeren Geschwister auf sie. Bei Martha mochte es anders sein, denn die ehemalige Leibeigene hatte keine Heimat mehr. Doch hier auf Waldstein würde sie gewiss nicht glücklich werden.
Als Rita und Anton wieder gegangen waren, wollten Klara und Martha sich zum Schlafen zurechtmachen. Da klopfte es erneut an die Tür, und diesmal stand Emma draußen. Zu Beginn hatte die Zofe Klara abgelehnt und schlecht behandelt. Nun aber schloss sie sie unter Tränen in die Arme.
»Ich wünsche euch beiden viel Glück!«, flüsterte sie. »Ihr habt das Licht an dieser düsteren Stätte neu entzündet.«
»Hab Dank für deine guten Worte und auf Wiedersehen!«, sagte Klara und meinte es zu ihrer eigenen Überraschung genau so, wie sie es sagte.
11.
T obias Just wusste nicht, ob er sich nun ärgern oder eher besorgt sein sollte. Spätestens vor einer Woche hätte Klara hier eintreffen müssen, doch bislang wartete er vergebens auf sie. Wenn sie nicht bald kam, würde ihr Onkel vor ihr ankommen. Dabei hatte er den Platz auf dem Markt diesmal ihr zuschanzen wollen, denn ihr Vater hatte in all den Jahren hier gute Geschäfte gemacht. Dies, so hatte er gehofft, würde auch ihr gelingen.
Der Wirt trat herein, als Tobias in seinen Grübeleien verstrickt war. »Welche Laus ist denn Euch über die Leber gelaufen, Herr Just? Ihr macht ja ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Dabei scheint draußen die Sonne, und morgen ist Markt. Da findet Ihr hier alles, was Euer Herz begehrt!«
»Genau der Markt macht mir Sorge. Wenn weder Klara noch ihr Oheim früh genug erscheinen, muss ich selbst einen Stand aufbauen und meine Ware verkaufen«, antwortete Tobias.
Zwar traute er sich dies zu, doch das war nicht seine eigentliche Aufgabe. Laut seinem Vater sollte er Klara überwachen, aber diese Anweisung hatte er anscheinend nicht ernst genug genommen. Wenn ihr etwas zugestoßen war, würde er sich für den Rest seines Lebens Vorwürfe machen.
Tobias’ Gedanken beschäftigten sich immer wieder mit dem Mädchen. Zugegeben, sie war sehr hübsch, aber für seinen Geschmack viel zu energisch. Der Mann, der sie einmal heiratete, würde aufpassen müssen, nicht unter den Pantoffel zu geraten.
Unterdessen fand der Wirt, dass ein Krug seines guten Bieres die Laune des Gastes verbessern würde, und stellte einen vor Tobias hin. »Wohl bekomm’s! Eure Leute werden schon noch auftauchen. Ist ja erst Mittag vorbei. Da fällt mir ein – habt Ihr schon gegessen?«
»Ja, ich …« Tobias musste überlegen, ob er es schon getan hatte, und schüttelte dann den Kopf. »Nein, habe ich noch nicht. Ich war mit meinen Gedanken zu sehr bei meinen Leuten.«
Vor allem bei Klara, dachte er und ärgerte sich noch mehr über sie. Am liebsten hätte er sich erneut ein Pferd geliehen, um ihr entgegenzureiten. Doch da war dieser verdammte Markt, auf dem der Stand aufgebaut werden musste. Wenn Klara oder Alois Schneidt nicht am selben Tag noch erschienen, blieb diese Arbeit an ihm hängen.
Der Wirt brachte Brot und Braten sowie ein Salzfass und setzte sich zu ihm. »Ihr schafft das schon, Herr Just. Ich erinnere mich noch gut daran, wie Euer Vater einst als Buckelapotheker hier durchgezogen ist. Hat es zu etwas gebracht, meine ich. Ist immerhin Laborant und kann nun selbst Balsamträger für sich laufen lassen.«
»Gelegentlich erzählt Vater von jener Zeit. Im Winter hat er die Arzneien angefertigt und sie im Sommer ausgetragen. Damals konnte er noch
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