Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
Emma und Rita umgehend ausführten, und beruhigte gleichzeitig die Gräfin, die verzweifelt schrie, dass sie niemals geahnt hätte, mit welchen Schmerzen eine Geburt verbunden war.
»Es wird schon alles gut, Euer Erlaucht! Es soll nur beim ersten Kind so schlimm sein. Zudem seid Ihr durch das Gift geschwächt. Hast du nichts, was die Schmerzen lindert?«
Der letzte Satz galt Klara, die kurz überlegte und dann losrannte, um mit einem kleinen Fläschchen zurückzukehren.
»Hier, das ist ein Elixier aus dem Saft einer speziellen Mohnsorte. Es ist aber sehr teuer, und man darf es nur ein- oder zweimal anwenden!«
»Als wenn Geld bei Ihrer Erlaucht eine Rolle spielen würde«, schnaubte die Mamsell und wollte Klara das Gefäß abnehmen, doch die hielt es fest umklammert.
»Es ist nicht ungefährlich! Ich muss die Tropfen genau abmessen, und sie dürfen nicht zusammen mit Wein verabreicht werden.«
Klaras Einschränkungen ängstigten die Gräfin, und sie schüttelte den Kopf. »Das ist ja fast so schlimm wie bei diesem schrecklichen Gift, das mich beinahe umgebracht hätte. Ich nehme es nicht!«
»Wie Euer Erlaucht wünschen!« Klara stellte das Fläschchen beiseite und half Emma, die Gebärende bequemer zu betten. Im Augenblick ging es der Gräfin wieder besser, und sie hoffte schon, dass es so bleiben würde. Einige Zeit später überfiel sie jedoch die nächste Wehe, und sie schrie wie am Spieß.
Die Mamsell versetzte Klara einen Stoß. »Gib ihr die Tropfen, aber achte darauf, dass es nicht zu viele werden.«
Obwohl Klara nickte, zögerte sie. Was war, wenn sie die Beschreibung nicht richtig verstanden hatte?, fragte sie sich. Auch wenn die Gräfin aus anderen Gründen bei der Geburt sterben würde, könnte man sie als die Schuldige ansehen. Schließlich aber nahm sie ein Glas, ließ es von Rita mit frischem Wasser füllen und zählte so viele Tropfen ab, wie sie glaubte, vertreten zu können. Als sie den Trank der Gräfin reichte, riss diese ihn ihr aus der Hand und trank ihn hastig leer.
»Spürt Ihr schon eine Erleichterung?«, fragte die Mamsell, obwohl es dafür noch viel zu früh war.
Die Gräfin schüttelte zunächst den Kopf, hielt dann aber inne und nickte dann. »Es ist besser geworden!«
Für Klara war es eine Folge der nachlassenden Wehen, und sie wagte noch nicht aufzuatmen. Als die nächste Wehe kam, war sie für die Gebärende nicht mehr so schmerzhaft wie die vorhergehenden. Dennoch waren die Nerven aller Beteiligten bis zum Zerreißen angespannt. Die Geburt dauerte lange, das Kind schien einfach nicht kommen zu wollen.
»Was sollen wir denn tun?«, fragte Emma verzweifelt.
»Es kann sein, dass das Kind falsch liegt und deshalb nicht geboren werden kann. Bei Tieren ist das manchmal so. Da muss man hineingreifen und es drehen!« Rita war auf einem Bauernhof aufgewachsen und erst vor wenigen Jahren ins Schloss gekommen. Zunächst hatte sie es nicht sagen wollen, doch wenn sie schwieg und die Gräfin deswegen starb, würde sie sich zeit ihres Lebens Vorwürfe machen.
»Es wäre einen Versuch wert«, fand die Mamsell und blickte auf ihre eigenen, recht breiten Hände. Die von Rita übertrafen die ihren noch, und auch Emmas waren recht kräftig. Da richteten sich aller Augen auf Klara.
»Ihr wollt doch nicht, dass ich das mache?«, rief das Mädchen entsetzt.
»Du hast die feinsten Hände von uns. Anders als du würden wir Ihre Erlaucht ganz sicher verletzen«, antwortete die Mamsell.
»Aber ich weiß doch gar nicht, wie ein Kind liegen muss!«
»Der Kopf muss als Erstes kommen!«, erklärte Rita, die zu Hause die Geburt mehrerer Geschwister miterlebt hatte. Mit diesem Wissen leitete sie Klara an, was diese tun sollte, und eine halbe Stunde darauf war das Kind da.
Klara hatte noch nie ein so kleines Wesen gesehen, doch es lebte und war unzweifelhaft männlichen Geschlechts. »Das wird etliche Mehlklöße vertilgen müssen, um richtig groß zu werden«, sagte sie erleichtert.
»Oh Gott!«, stieß da die Mamsell aus. »In der ganzen Aufregung haben wir vergessen, uns nach einer Amme umzusehen. Hoffentlich finden wir rasch eine Frau, die erst vor kurzem geboren hat.«
»In dem Fall wäre der Rat der Hebamme gewiss förderlich«, wandte Rita ein. »Lange haben wir nämlich nicht Zeit. Der Kleine sieht hungrig aus und braucht Milch.«
»Wir haben doch Kühe auf dem Wirtschaftshof. Lassen wir uns von dort Milch holen«, schlug die Zofe vor.
Klara schüttelte den Kopf. »Kuhmilch soll für
Weitere Kostenlose Bücher