Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
Erlaubnis braucht, um Wanderhandel treiben zu können.«
Tobias hörte sich hart an, war aber im Recht. Sein Vater hatte einiges dafür bezahlt, um seine Wanderapotheker losschicken zu können, und diese selbst hatten sich die Erlaubnis ebenfalls erkaufen müssen. Wenn ihnen nun ein anderer Balsamträger ins Gehege kam, kam dies einem Diebstahl gleich. Dies erklärte er Klara und hoffte gleichzeitig, dass das Mädchen nicht in die Verlegenheit kam, einem solchen Mann zu begegnen. Wanderapotheker waren oft rauhe Gesellen und rasch bereit, jemand anderem ein paar derbe Stockschläge zu verabreichen.
Bei dieser Überlegung beschloss Tobias, die Gespräche mit den Apothekern, die ihm sein Vater genannt hatte, möglichst kurz zu halten. Stattdessen würde er Klaras Weg folgen, sooft es ihm möglich war, um ihr im Notfall beistehen zu können. Eine solche Angst wie in jenen Tagen, in denen sie so lange überfällig gewesen war, wollte er nie mehr durchmachen.
Weder Klara selbst noch Alois Schneidt ahnten etwas von seinen Überlegungen. Während Klara ihr Reff weiter auffüllte, überließ ihr Onkel es nun Tobias, ihr die gewünschten Arzneien zuzuteilen. Er selbst stieg nach oben in die Kammer, in der er schlief, und machte sich für die Nacht zurecht. Er wollte in aller Frühe aufbrechen und hoffte, dass ihm unterwegs eine Idee kam, wie er seine lästige Nichte loswerden konnte.
3.
A m nächsten Morgen verließ Alois Schneidt den
Ochsen,
ohne sich von Klara oder Tobias zu verabschieden. Er wanderte rasch und ließ so manchen Hof, auf dem er früher kleine Portionen verkauft hatte, links liegen, um schneller voranzukommen. Dabei überlegte er fieberhaft, wie er seine Nichte beseitigen konnte. Nach Hause zurückkehren durfte sie jedenfalls nicht. Klara war geschickt und würde ihn, sofern ihr nichts zustieß, bereits in ihrem ersten Jahr als Wanderapothekerin ausstechen. Da sie im Gegensatz zu ihm sparsam lebte, würde sie auch weitaus mehr Geld nach Hause bringen.
Als ihm das durch den Kopf schoss, lachte er wütend auf. Sie würde nicht nach Hause kommen! Das würde er zu verhindern wissen. In der Hinsicht war es sogar von Vorteil, wenn ihre Börse prall gefüllt war, denn er konnte ihre Taler selbst gut gebrauchen. Deshalb tat er alles, um einen Vorsprung zu gewinnen, damit er Klara und Martha an einer günstigen Stelle auflauern konnte.
Auf diesem Teil seiner Strecke verkaufte Alois Schneidt noch weniger als zuvor, doch das berührte ihn nicht. Zum einen rechnete er mit Klaras Geld und zum anderen mit dem Schatz, der ihn endlich zu einem reichen Mann machen würde. Dann würde ein Lümmel wie Tobias Just ihn nicht mehr wie einen Knecht anreden dürfen.
»Er wird ›Herr Schneidt‹ zu mir sagen müssen, so wie alle anderen bis hoch zum Amtmann von Königsee«, murmelte er vor sich hin, als er sich drei Tage später einem größeren Dorf näherte. Es war später Nachmittag, daher hätte sein Bruder versucht, noch einiges von seiner Ware zu verkaufen, und genau das würde auch Klara tun. Er sah sich unentschlossen um, hielt dann aber geradewegs auf die Schenke zu und setzte sich an den einzigen Tisch, den es darin gab.
»Einen Becher Wein, Wirt, und wenn du ein Stück Braten hast, kannst du es mir auch vorlegen!«, rief er großspurig.
»Hast wohl unterwegs gut verkauft?«, fragte einer der beiden Männer, die ebenfalls an dem Tisch saßen.
Schneidt sah sie nun erst genauer an und erschrak. Es waren der Galljockel und sein Freund Knüppelpeter, also nicht gerade die Leute, deren Gesellschaft er sich wünschte. Das Harmloseste, was man über sie sagen konnte, war, dass sie andere Gäste zwangen, sie im Wirtshaus freizuhalten. Derzeit gab es außer ihnen und ihm keinen anderen Gast, und daher würde er das Opfer sein. Einen oder zwei Becher Wein hätte er ihnen vielleicht sogar freiwillig bezahlt, doch die beiden hatten bekanntermaßen den Durst von Ochsen. Dann aber erinnerte er sich an ihre Frage und sah ihre lauernden Mienen.
»Gut verdient? Schön wär’s! Mir haben einige elende Lumpen das Geschäft versaut, indem sie wenige Tage vor mir einen Teil meiner Strecke abgelaufen sind und die Arzneien eines anderen Laboranten verkauft haben. Dabei hatten sie gar nicht das Recht dazu«, erklärte er scheinbar verärgert.
Der Galljockel brüllte vor Lachen. »Jeder Mensch will leben, Buckelschneidt! Das musst du verstehen. Wenn ich wie du mit der Kiepe auf dem Rücken rumlaufen müsste, würde ich auch zusehen,
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