Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
erleichtert.
Nun wollten auch andere Knechte und Mägde etwas von ihr kaufen, doch da schlug die Köchin mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Lasst das Madla erst einmal essen. Danach kann dann jeder sagen, was er von ihr will.«
»Da wüsste ich mir schon etwas, aber das wird sie wohl kaum verkaufen«, meinte einer der jüngeren Knechte anzüglich und fing sich eine Ohrfeige des Oberknechts ein.
»Lass du die Finger von den Weibsleuten, sonst wird dir der Herr Verwalter etwas erzählen.«
»Ihm geht’s ja nicht um die Finger, sondern um etwas anderes«, spottete eine ältere Magd.
»Er soll bei den Fingern bleiben, aber bei den eigenen. Und jetzt Schluss mit dem sündhaften Gerede!«
Die Worte der Köchin brachten alle dazu, sich ruhig zu verhalten. Klara war froh darum, denn es gefiel ihr gar nicht, so im Mittelpunkt zu stehen. Sie aß mit gutem Appetit, hielt sich aber im Zaum, um nicht zu gierig zu erscheinen. Als sie zuletzt ihren Napf mit einem Stück Brot auswischte und dieses in den Mund steckte, erschien ihr der Tag, der so enttäuschend begonnen hatte, mit einem Mal in einem anderen Licht. Und er war noch nicht zu Ende, denn nun kamen die Köchin und andere aus dem Gesinde, um für sich oder Verwandte etwas von ihren Arzneien zu kaufen.
Es waren meist kleine Mengen, für die Klara nur ein paar Groschen erhielt. Die Köchin gab ihr gar kein Geld, dafür aber ein Stück geräucherten Speck, das, wenn sie sparsam damit umging, für mindestens eine Woche reichen würde. Auf diese Weise, so sagte Klara sich, würde sie in den nächsten Tagen einige Münzen sparen. Sie durfte auch die Waschstube benutzen, um sich für die Nacht zurechtzumachen. Als sie dann in die Kammer trat, die ihr die Frau des Verwalters zum Schlafen angewiesen hatte, lag dort ein Beutelchen mit Geld, das neben der ausgehandelten Summe noch ein paar zusätzliche Münzen enthielt. Nun war Klara froh, dass sie die Arzneien für den Gutshof etwas großzügiger bemessen hatte. Sie hätte sich sonst angesichts der Freigiebigkeit der Verwalterin geschämt.
Ihr Nachtgebet klang an diesem Abend froher als an den Tagen zuvor. Als sie sich ins Bett legte, genoss sie den frischen Duft des Strohsacks und schlief rasch ein. Danach träumte sie wirr von Märkten, auf denen niemand etwas von ihr kaufen wollte, und von großzügigen Köchinnen, die ihr so viel Speck und Schinken schenkten, dass sie zuletzt ihr Reff nicht mehr tragen konnte.
8.
A m nächsten Morgen musste Klara sich erst in Erinnerung rufen, wo sie sich befand. Noch während sie die kleine Kammer musterte, in der sie geschlafen hatte, meldete sich ihre Verdauung, und sie eilte zu dem Abtritt hinter dem Gutshof. Anschließend wusch sie sich und machte sich zum Aufbruch bereit.
Da kam die Köchin zu ihr und winkte sie in die Küche. »Ich habe dir etwas von der Morgensuppe aufgehoben.«
»Möge Gott es dir vergelten!« Klara war erleichtert, dass sie nicht mit leerem Magen losziehen musste, und folgte der Frau. Viel Zeit nahm sie sich beim Essen nicht, denn laut ihrem Plan sollte sie heute durch vier Dörfer wandern und dort ihre Arzneien verkaufen. Als sie sich bei der Köchin bedankte, steckte diese ihr noch ein großes Stück Brot zu.
»Für unterwegs! Du wirst gewiss keinem Wirt für schlechten Fraß gutes Geld geben wollen.«
»Hab Dank!« Klara fühlte sich beschämt und beschloss, sowohl die freundliche Verwalterin wie auch die Köchin in ihr Gebet aufzunehmen. Nun aber hieß es, die Beine in die Hand zu nehmen und weiterzuwandern.
Nachdem sie sich von der Köchin verabschiedet hatte, trat sie ins Freie und sah sich erneut den Hunden gegenüber. Diese flankierten sie knurrend, verbellten sie aber nicht mehr so wie bei ihrer Ankunft. Anscheinend hatten sie begriffen, dass jemand, der um diese Tageszeit offen aus der Tür kam, kein Dieb sein konnte. Trotzdem war Klara froh, als die Meute schließlich hinter ihr zurückblieb. Sie wanderte den Karrenweg entlang, der zu ihrem nächsten Ziel führte. Ein wenig ärgerte sie sich, weil Tobias Just zwar am Vortag ihre Niederlage auf dem Markt miterlebt hatte, nicht aber die freundliche Aufnahme in dem Gutshof, in dem sie gute Geschäfte gemacht hatte.
Dies erinnerte sie an den Theriak-Händler und die Bemerkung der Köchin, dass es sich bei dessen Wundermittel nur um einen Kräuterschnaps handelte. Sie wunderte sich, weshalb so viele Menschen auf diesen Betrüger hereinfielen, und war immer noch empört, weil er ihre weitaus
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