Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
hatte, und reichte es der Bäuerin.
»Hier, das kostet sechs Groschen.« Da sie die Flasche zugeben musste, würde sie kaum etwas daran verdienen, aber sie wagte nicht, einen zu hohen Preis zu verlangen.
Die Bäuerin dachte jedoch nicht daran, ihr Geld zu geben, sondern wog etwas Mehl ab und gab noch eine geräucherte Leberwurst hinzu. »Das wird wohl reichen«, meinte sie dabei.
»Möge Gott es dir vergelten!« Trotz ihrer freundlichen Worte hoffte Klara, dass die meisten ihrer Kundinnen ihre Arzneien mit Geld statt mit Lebensmitteln bezahlen würden. Zwar hatte ihr Vater von seinen Reisen immer wieder Rauchfleisch oder harten Käse mitgebracht, doch sein Geldbeutel war stets gut gefüllt gewesen.
Mit einem Knoten im Magen verabschiedete Klara sich von der Bäuerin und ging zum nächsten Hof. Hier stand der Bauer mit der Mistforke neben dem Misthaufen und lud einen alten, schief stehenden Wagen voll. Klara blieb daneben stehen und sagte ihr Sprüchlein auf, dass sie Rumold Justs gute Arzneien aus Königsee austragen würde.
»Brauchen wir nicht!«, bellte der Bauer und machte eine Bewegung, als wolle er ihr die nächste Forke Mist an den Kopf werfen.
Klara ging weiter und fragte sich, welche Riesenlaus dem Mann über die Leber gelaufen sein mochte. Beim nächsten Hof wies man sie ebenfalls ab, und die gute Laune, die sie am Abend zuvor wiedergewonnen hatte, schwand erneut.
Einen Hof weiter kaufte man ihr endlich etwas ab, doch die Bäuerin zählte ihr die ältesten Münzen hin, so dass sie sich erst einmal an einen Bach setzte und diese mit Sand so weit säuberte, dass die Prägung zu erkennen war. Danach ließ sie dieses Dorf hinter sich und ging weiter. Unterwegs aß sie ein wenig Brot und löschte ihren Durst an einer Quelle.
Gegen Mittag erreichte sie das nächste Dorf und ging dort von Hof zu Hof, um ihre Ware anzupreisen. Mal kaufte man ihr etwas ab, mal schickte man sie unverrichteter Dinge weiter. Allmählich gewöhnte sie sich daran und verließ den Weiler mit dem Gefühl, genug verdient zu haben.
Nun war ihr Ziel ein kleines Jagdschlösschen, dessen Verwalter auf Krankheiten und Verletzungen sowohl der Pferde wie auch ihrer Reiter vorbereitet sein wollte. Doch er begrüßte Klara von oben herab und übergab sie der Obhut seiner Frau, weil er sich seinen eigenen Geschäften widmen wollte. Die Verwalterin erwies sich als äußerst redselig und ließ Klara nicht so rasch entkommen.
»Du meinst, dein Bruder sei von Soldaten verschleppt worden?«, fragte sie.
»Ich hoffe es sogar«, antwortete Klara, »denn das wäre mir immer noch lieber, als wenn er Räubern zum Opfer gefallen wäre.«
»Räuber! Oh Gott! Das sind schlimme Burschen, sage ich dir.« Die Frau stieß einen tiefen Seufzer aus. »Mein Mann und ich sind im letzten Jahr bei Dörflis von einer Bande überfallen worden. Du kannst dir nicht vorstellen, welche Angst ich ausgestanden habe. Zum Glück hatte ich keinen Schmuck bei mir, denn den hätten die wüsten Kerle mir mit Gewissheit abgenommen. So blieb es bei den gut hundert Talern in der Börse meines Mannes. Aber auch das war schlimm genug, denn für das Geld wollte er ein paar Fohlen kaufen. Das konnte er dann natürlich nicht mehr. Stattdessen …«
Einmal in Fahrt gekommen, ließ die Frau sich nicht mehr bremsen. Als Klara versuchte, sich zu verabschieden und zu gehen, packte sie diese sogar an der Schulter und hielt sie fest. Es dauerte, bis Klara ihr endlich entkommen konnte. Der Kopf schwirrte ihr, und sie schritt, kaum, dass sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, so rasch aus, wie das schwere Reff auf dem Rücken es erlaubte.
Erst als sie den Wald erreichte und das Jagdschloss hinter den Bäumen verborgen lag, atmete Klara auf. Gleichzeitig blickte sie besorgt zum Himmel, der zwischen den Baumkronen zu erkennen war. Bis zur Dämmerung war es nicht mehr lange hin, und sie hatte ihres Wissens nach noch fast eine Meile zurückzulegen. Obwohl sie so schnell ging, wie es ihr möglich war, zog sie im Kampf gegen die Dunkelheit den Kürzeren. Der Himmel wurde vom Osten her immer düsterer, und schon bald konnte sie nur noch wenige Schritte weit sehen.
»Ich hätte mich nicht so lange aufhalten dürfen«, schalt sie sich selbst. Doch das war in ihrer Situation kein Trost. Wenn sie weiterging, würde sie irgendwann in der Dunkelheit im Wald stehen und den Weg nicht mehr erkennen können. Dann aber bestand die Gefahr, dass sie sich verirrte und am nächsten Morgen nicht mehr
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