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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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und Chwostik gedachten sich uferlos auszuschlafen, und dann ein wenig spazieren zu gehen. Für den alten Herrn (so schien es dem Doctor) mochte der letzte Reise-Abschnitt schon anstrengend genug gewesen sein. Und Donald hätte sich den langschläferischen Vorsätzen seinerseits gern angeschlossen. Aber schon seit Budapest erwachte er jetzt immer zeitiger am Morgen. So gedachte er denn allein zu frühstücken und den Vormittag mit Spaziergang und Besichtigung zu verbringen.
    Sie nahmen das Abendessen auf einer Art von Terrasse, bei Windlichtern, über dem tiefeingeschnittenen Flusse. Der Wirt behauptete, daß man von hier schon die Wasserfälle hören könne. Zumindest war es so, wenn man schwieg. Das in irgendeiner Weise grundräumende und profunde Geräusch schien wie aus dem Boden zu kommen. Sie tranken nach Tische noch roten Požeganer Graševina. Doctor Harbach unterhielt sich lebhaft mit Chwostik, über das Fest in Moson, das gemessene Csárdás-Tanzen der Land-Leute, und über Ungarn überhaupt. Beide dachten zugleich darüber nach, was eigentlich in Budapest mit Donald vor sich gegangen sein mochte, ja, sie hätten ihn gerne provociert, damit er ihnen etwas darüber sage. Aber es gelang nicht. Er war auch im Privatleben zum Briefbeschwerer geworden, und saß gleichsam einen halben Meter noch hinter dem Mundstück seiner Pfeife, die er schweigend zwischen den Zähnen hielt, so daß sie ganz gerade hervorstand.
    Seit seiner Ankunft in Vanice fast ausschließlich allein, vermeinte Zdenko dann und wann ein Schwindelgefühl zu spüren. Etwa morgens, wenn der alte Diener das Frühstück in den Speisesaal brachte, wo ganz am Ende einer langen spiegelnden eichenen Tafel gedeckt war. Der weite Raum war nicht eben dunkel, er hatte hohe Bogenfenster gegen die Terrasse. Auf dieser aber lag ein so mächtiger Sonnenglast, daß dem Zdenko fast schien, als sitze er hier im Finstern. Die Tante blieb unsichtbar. Der Diener, befragt, sagte: „Ihre Gnaden sind indisponiert.“ Zdenko erfaßte den schwachen Blitz von Ironie, der dabei über das rasierte Gesicht huschte. Die Tante Ada holte wohl ausgiebig nach, woran sie durch die Ärzte in Wien wahrscheinlich verhindert, mindestens aber dabei behindert worden war.
    Vanice war eine Herrschaft von neunhundert Joch, auch mit Wald und Jagd. Die Frau von Vuković, der eine Überdosis von praktischem Verstand eignete und die dessen Aktionsgebiete alle gepachtet zu haben schien, war in Wirklichkeit infolge ihrer schweren Trunksucht ganz auf den Verwalter Brlić angewiesen. Denn so ausdauernd sie hier oft herumstiefelte (wir kennen das aus Wien), so andauernd kehrten ihre Vacua wieder, die sich wie Sauglöcher bis an den Rand mit Spiritus füllten, und zwar in kurzen Abständen. Kommandierte sie etwa morgens noch beim Bau eines neuen Schweinestalles herum, so lag sie am gleichen Vormittage schon vollgelaufen und grunzend auf ihrem Diwan. Auf diese Art ist eine kontinuierliche Tätigkeit nicht möglich. Vielleicht hat sie häufige Anfälle eines tiefen Mißvergnügens gehabt und sich dann eben besoffen. Wir wären die Letzten, die so etwas nicht aus tiefstem Herzen verstehen würden. Ihr Glück bestand darin, daß der tüchtige Brlić ein frommer und fleißiger Ehrenmann war. Die Vuković hatte ihn aus der Armseligkeit eines Waisenkindes vom Kleinhäuslerstande emporgezogen, lernen lassen, sogar auf einer Hochschule für Bodenkultur, und zum Verwalter bestellt. Man sieht: keine üble Frau. Für Brlić war sie mehr als das, nämlich das Höchste auf der Welt schlechthin; und das ihm anvertraute Eigentum seiner Wohltäterin wurde dem Verwalter eine Art Sanctuarium, das er administrierte. Er hätte sich ohneweiteres für seine Herrin auch regelrecht gerackert, aber das war unnötig, denn Arbeitskräfte standen reichlich zur Verfügung. Zudem besaß Brlić eine Art Genie im Organisieren und eine ausgeprägte Fähigkeit, jeden an den richtigen Platz zu stellen. Vanice war ein Mustergut, Ada eine Erbtante. Der alte Diener, Popovici hieß er, für sein Teil und auf seine Art auch ein treuer Mann, hielt doch Brlić für den größten Idioten, der ihm jemals vorgekommen. Für uns scheint übrigens bemerkenswert, daß der Verwalter eine gewisse Ähnlichkeit mit Münsterer hatte (der garnicht weit von hier als kgl. ungarischer Postamts-Vorstand saß), dem Stiefsohn der auf Seite 111 mit Vehemenz ausgeschleuderten Wewerka. Jedoch auf einem primitiveren Niveau, sozusagen. Wohl zerfiel sein Gesicht wie

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