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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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dunkelgrün unter dem Himmel, in seinen unübersichtlichen Zügen und Inseln, es wurde später bläulich, und viel später erst entdeckte Donald, daß der Mond es beschien, dessen geruhiges Gesicht links über dem See sich erhoben hatte. Um diese Zeit stand der Ton der Frösche auf der höchsten Höhe und schwebenden Gleichmäßigkeit seines Singens.
    Der Hieb, den Donald zuletzt in Budapest empfangen, blieb liegen in seiner tiefgeschlagenen Kerbe, die sich nicht mehr schloß, als wäre dem getroffenen Stoffe die Elastizität verloren gegangen. Es hätte gestern, es hätte heut’ nachmittag gewesen sein können. Er tat auch nichts daran mit irgendwelchem Denken, das, wie wir ja wissen, seine Sache nie war, und jetzt sogar weniger denn je. Er begriff plötzlich, wie es ihn zog, wie die Strömung blank unter ihm wegsank und ihn mitnahm, und noch mehr, seit er Monica hatte zu entkommen getrachtet. Jetzt suchte er seinen alten Schmerz geradezu wieder auf, aus einem Irrtum zurückkehrend, und damit sie selbst, und damit den Weg zu ihr. Die Vorstellung traf ihn einmal morgens wie ein Schlag – der See lag draußen in milchheller dampfiger Hitze – daß man sich ja hier garnicht weit von Wien befand. Doch es sollte Agram sein. Es war gut so, gut. Keine verfrühte Rückkehr, mit der von Budapest her noch klaffenden Verletzung. Ruhe, Distanz, Umweg. Nur so konnte sich alles für ihn noch wenden. Es mußte sich wenden und es würde sich wenden. Zu spät nach Wien zu kommen, diese Gefahr bestand garnicht. Nur zu frühe, zu bald durft‘ es nicht sein.
    Seine Brust befreite sich. Jetzt und hintnach empfand er’s, unter welch hartem, zusammenpressenden Griffe sie beschwert geatmet hatte, als er, im ,Britannia‘, nach stundenlangem Schlaf auf dem Diwan erwachend, sofort die brandrote Breite von Margot’s nackten Hüften wieder vor den inneren Blick bekam, das grelle Licht und die reglose Statue eines wie aus ihm selbst hervorgesprungenen Schreckens.
    I m übrigen funktionierte Donald als Briefbeschwerer. Man besichtigte, taxierte, rechnete, und bekam so allmählich heraus, was dieser Wirtschaft hier an neuen Maschinen fehlte, um sie wahrhaft wirtschaftlich zu machen. Donald ritt mit Globusz und den beiden Gergelffis umher – auch sonst standen für den Engländer allezeit Reitpferde und Stallbursch bereit – und abends hielten die Parteien sozusagen getrennten Kriegsrat, Donald und Chwostik im Zimmer des einen oder des anderen (beide schönen Räume sahen auf den See, dessen rückwärtiger Rand den Horizont beruhte), und die Runzel rechnete auf Grund von Donald‘s technischen Angaben, und errechnete einen möglichen Sonder-Rabatt für die Budapester Firma, der es dem Gergelffi wiederum ermöglichte an Globusz preisgünstig zu liefern. Tibor für sein Teil verhandelte nach zwei Seiten und stand gewissermaßen zwischen den Parteien, und es ging schließlich, als alle dann zusammen saßen, gut ab, und jeglicher machte seinen Schnitt dabei. Die Lieferung war so umfänglich, mit so knappem Ziel, ja fast sofortiger Kassa, daß auch die Fabrik befriedigend dabei weg kam. Schließlich telegraphierte Chwostik die Liste der für Budapest alsbald erforderlichen Positionen nach Wien.
    N achdem alles Geschäftliche in’s Reine gebracht war, feierte man ein Fest, an welchem auch das ganze Gesinde teilnahm. Tische, Bänke, Tanzboden – alles war im Freien aufgeschlagen, zwischen dem See-Ufer und der Rückseite jenes Wirtschaftsgebäudes, in dessen Dachgeschoß Finy und Feverl geräumig hausten. Alles bunt, Fülle der Stiefel. Das Fisch-Gulyás bereitete man im Kessel über offenem Feuer. Die Zigeuner kamen mit einem Leiterwagen, der die großen Instrumente fuhr, Cimbal, Baß und Violoncello. Jetzt ergraute der See, die Windlichter auf den Tischen wurden entzündet.
    Aber Tibor, wie ist’s mit ihm, was erlebte er? Fülle der Stiefel, sagten wir – aber sie umschlossen heute zum größten Teile die Beine von Mannsbildern. Er hätte es wissen können, wissen müssen, er hat es ja auch gewußt. Und doch war’s niederschlagend, die Mädchen in langen weißen Strümpfen zu sehen und in einer Art roter Halbstiefelchen, bis zur Mitte der Wade nur. Sie waren ja nicht zur Feldarbeit hier erschienen. Burschen und Mädeln waren aus der Umgebung gekommen auf laubgeschmückten und bunt bebänderten Leiterwagen mit quer befestigten Sitzbrettern. Manche Burschen auch zu Pferde. Sie trugen dementsprechend Sporen.
    Auf den langen Tischen blinkten

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