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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Der Doctor Harbach hingegen hatte sich, schon vor der Türe seines Zimmers, noch einmal umgewandt und hinab begeben, und auf diese Weise erhielt er einen ganz reizenden Brief der Braut aus Budapest noch am Abend seiner Ankunft in Agram.
    Donald sah auf dem ersten Umschlag die Hand seines Vaters. Der andere zeigte Maschinenschrift. Auch hier war außen kein Absender angegeben, was damals, nebenbei bemerkt, überhaupt nicht so durchgängig üblich war wie heutzutage, nach durchlaufenen zensurbesessenen Zeiten. Nur die Engländer sind dem alten Brauche treu geblieben und schreiben auch jetzt noch keinen Absender auf den Umschlag.
    Robert schrieb verschiedenerlei, vor allem einmal hocherfreut über die von der Reise eingelangten zahlreichen festen Aufträge. Dann, privatim, daß Donald in Budapest ja „einige Abenteuer“ erlebt zu haben scheine; auch Gollwitzer habe so etwas angedeutet.
    Auch Gollwitzer. Wer vorher noch? Daß die Sachen nach Bukarest gelangt waren, ist uns bekannt, und damit erscheint auch ihr weiterer Weg bis in die Wiener Fichtnergasse nicht erstaunlich. Doch ist liier zweifellos auch eine direkte Leitung von Budapest nach Wien anzunehmen; und wir werden nicht fehlgehen, wenn wir als ihren Ausgangspunkt den Herrn Ingenieur Radinger, als ihre Zwischenstationen aber die Frau Direktor Henriette Frehlinger und weiterhin Monica Bachler annehmen.
    Etwas unvermittelt floß ein väterlicher oder, wenn man will, brüderlicher Rat an Donald ein, nämlich an’s Heiraten zu denken, an die Begründung von Familie und Hausstand.
    Dem folgte die Eröffnung, daß er selbst, Robert, solches zum zweiten Male in’s Werk zu setzen beabsichtige, und die Mitteilung seiner Verlobung mit Fräulein Monica Bachler, nebst der Ankündigung baldiger Heirat.
    Hier griff Donald mit einer kalten Hand nach jenem anderen Brief, der auf dem Tablette lag, beschädigte den Umschlag beim Öffnen erheblich, und fand darin einige maschinengeschriebene, mit ,M‘ Unterzeichnete Zeilen, worin es unter anderem (und mit einiger Vorsicht) hieß: ,. . . sei versichert, daß ich mich gewiß niemals zwischen Dich und Deinen Vater drängen werde. Ich bin sehr glücklich. Bleibe immer mein Freund!‘
    D ie Hitze dunkelte wie Stahl. Der Aufenthalt in Agram war kurz. Am folgenden Tage schon reisten sie weiter. Einmal trafen sie mit ihren Geschäftspartnern auch in einem Café zusammen. Donald war schweigsam wie ein Briefbeschwerer. Dieses Lokal machte ihm den Eindruck, als sei es vom Dampfer ,Cobra‘ hierher versetzt, und der Ober sah fast ganz so aus wie dort der Saalchef Kostazky. Dennoch war ja damals alles noch viel besser gewesen. Donald befand sich jetzt auf einer tieferen Kehre, und er wußte das. Die Wende des Wegs oder Umwegs bei Slunj versank vor seinen Augen, er ließ sie aus dem Blicke. Einmal hatte er großes Verlangen, mit der Pastorin, der Kruhlow, zu sprechen. Sie war versunken, ebenso wie seine vierte Pfeife vor Beirut.
    Die Reise nach Slunj, das damals schon zum teilweise an der Küste gelegenen Komitat Modrus-Fiume gehörte und nicht mehr, wie früher, zur kroatisch-slovenischen Militärgrenze, war einigermaßen umständlich, und mußte in ihrem letzten Teile mit aufgenommenem Fuhrwerk bewältigt werden, wollte man sich nicht in den schwerfälligen Postwagen quetschen, was auch angesichts des immerhin erheblichen Gepäckes der drei Herren kaum diskutabel gewesen wäre. In Sturlić übernachteten sie, recht gut sogar, wenn auch einigermaßen altertümlich. Es gab aus Holz gedrechselte Kerzenleuchter auf jedem Nachttische, die einen so breiten Fuß hatten, daß er die Platte fast ganz bedeckte; um Portefeuille und Uhr abzulegen, mußte man die kleine Lade aufziehen. Donald legte hier auch seine drei ihm verbliebenen Pfeifen hinein und die ,pouch‘, den Tabaksbeutel, halb aus Gummi, halb aus Leder. Dem Doctor Harbach gefiel dieser letzte Teil der Reise weitaus am besten. Von Sturlić gelangten sie in’s Tal der oberen Korana und folgten ihr flußabwärts, bis nahe dahin, wo von links die Slunjčica mit gewaltigen Fällen einmündet. Man hatte empfohlen, im altertümlichen Einkehrgasthof am Flusse zu nächtigen. So taten sie, und fanden alles solide wie in Sturlić, nur die Leuchter waren nicht so gewaltig. Von hier aus erschien im Rückblick die Fahrt von Budapest nach Györ in jenem kastenförmigen Automobil schon als ein Gipfel der Modernität.
    Oben im Markte Slunj wurden sie erst für den folgenden Nachmittag erwartet. Harbach

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