Die Weisheit des Feuers
klein, dass er fast als Zwerg hätte durchgehen können. »Ich bin Quoth Merrinsson. Wie kann ich Euch dienen? Wir haben gerade Brot gebacken, Schattentöter. Möchtet Ihr?« Er deutete auf einen Tisch, auf dem eine Platte mit zwei Reihen Sauerteigbroten stand.
»Ich nehme gern einen halben Laib, wenn ihr ihn erübrigen könnt«, antwortete Eragon. »Aber wir sind nicht hergekommen, weil
ich
hungrig bin.
Saphira
möchte etwas fressen. Sonst geht sie immer auf die Jagd, aber dazu fehlt uns heute die Zeit.«
Quoth starrte an ihm vorbei auf Saphiras massigen Körper und wurde blass. »Wie viel frisst sie denn normalerweise... Ich meine, wie viel esst Ihr normalerweise, Saphira? Ich könnte Euch sofort sechs gebratene Rinderhälften bringen lassen; sechs weitere sind ungefähr in einer Viertelstunde fertig. Genügt das, oder...?« Sein Adamsapfel hüpfte, als er schluckte.
Saphira stieß ein leises Knurren aus, woraufhin Quoth mit einem spitzen Schrei zurücksprang.
»Sie würde ein lebendes Tier vorziehen, wenn es dir recht ist«, erklärte Eragon.
»Recht?«, quiekte Quoth. »Es ist mir recht.« Er nickte und zerrte mit fettigen Händen an seiner Schürze. »Vollkommen recht, Schattentöter, Drache Saphira. König Orrins Tafel wird es deshalb heute Nachmittag an nichts mangeln, oh nein.«
Und dazu ein Fass Met,
sagte Saphira zu Eragon.
Als er diesen Wunsch weitergab, riss Quoth die Augen so weit auf, dass das Weiße um seine Iris leuchtete. »Ich... bedauerlicherweise haben die Zwerge fast den ganzen Vorrat an M-m-met aufgekauft. Wir haben nur noch wenige Fässer übrig und die sind alle für König...« Quoth zuckte vor dem mehr als armdicken Feuerstrahl aus Saphiras Nüstern zurück, der das Gras vor ihm versengte. Kleine Rauchsäulen kräuselten sich von den geschwärzten Halmen in die Luft. »Ich... ich... ich lasse Euch sofort ein Fass holen. Wenn Ihr mir jetzt f-folgen würdet, dann bringe ich Eu-euch zu unserem Viehbestand, wo Ihr Euch ein Tier aussuchen könnt.«
Der Koch führte sie um die Feuer, die Tische und die arbeitenden Männer herum zu einer Reihe großer Holzpferche, in denen sich Schweine, Rinder, Gänse, Ziegen, Schafe und Kaninchen drängten, außerdem einiges an Wild, das von den Jägern der Varden bei ihren Streifzügen durch die Wildnis gefangen worden war. Neben den Pferchen standen Ställe mit Hühnern, Enten, Tauben, Wachteln, Moorhühnern und anderem Geflügel. Die Kakofonie ihres Schnatterns, Zirpens, Gurrens und Krähens war so schrill, dass Eragon unwillkürlich mit den Zähnen knirschte. Um nicht von den Gedanken und Gefühlen so vieler Kreaturen überwältigt zu werden, öffnete er seinen Geist nur Saphira.
Sie blieben in einem Abstand von mehr als hundert Fuß zu den Pferchen stehen, damit Saphiras Anblick die gefangenen Tiere nicht in Panik versetzte. »Seht Ihr etwas, wonach Euch gelüstet?«, fragte Quoth. Er sah nervös zu ihr hoch und rieb sich beflissen die Hände.
Saphira ließ den Blick über die Pferche gleiten und schnaufte.
Welch eine erbärmliche Beute... So hungrig bin ich eigentlich gar nicht, weißt du? Ich habe erst vorgestern gejagt und verdaue noch die Knochen des Rehs, das ich verspeist habe.
Aber du wächst immer noch sehr schnell. Etwas zu essen, wird dir guttun.
Nicht, wenn ich es nicht vertrage.
Dann such dir etwas Kleines aus. Ein Schwein, zum Beispiel.
Das würde wohl kaum weiterhelfen. Nein, ich nehme... die da.
Sie schickte das Bild einer mittelgroßen Kuh an Eragons Geist, ein Tier mit weißen Flecken auf der linken Flanke.
Nachdem er Quoth die Kuh gezeigt hatte, rief der einigen Männern, die an den Pferchen herumlungerten, einen Befehl zu. Zwei von ihnen trennten die Kuh vom Rest der Herde, banden ihr einen Strick um den Hals und zogen das sich heftig sträubende Tier in Richtung Saphira. Als sie noch dreißig Fuß von dem Drachen entfernt war, muhte die Kuh vor Entsetzen, versuchte, das Seil abzuschütteln und zu fliehen. Bevor sie entkommen konnte, sprang Saphira mit einem gewaltigen Satz auf sie zu. Die beiden Männer, die die Kuh am Strick führten, warfen sich flach auf den Boden, als Saphira angerauscht kam, und glotzten sie fassungslos an.
Saphira erwischte die Kuh an der Flanke, als sie gerade weglaufen wollte. Sie schleuderte das Tier zu Boden und hielt es mit einer gespreizten Klaue fest. Das Rind stieß ein letztes panisches Muhen aus, bevor Saphiras Kiefer sich um seinen Hals schloss. Mit einem kurzen, heftigen
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