Die Weiße Burg
Wort, um es zu unterstreichen. Sie schien die Worte sorgfältig auszuwählen, als wollte sie sichergehen, dass sie auch jeder verstehen konnte. »Möglicherweise war es ursprünglich ein genauer Kreis, wie die Hälften einer Kugel geformt, aber an einigen Stellen sind die Seiten eingebrochen. Das Loch hat etwa einen Durchmesser von drei Meilen und ist vermutlich anderthalb Meilen tief.« Jemand keuchte laut auf, und Akarrin runzelte die Stirn, als hätte derjenige absichtlich versucht, sie zu unterbrechen. Sie machte jedoch ohne Pause weiter. »Wir konnten die Tiefe nicht genau bestimmen. Der Grund ist voller Wasser und Eis. Wir sind der Meinung, dass daraus ein See entstehen wird. Wie dem auch sei, wir konnten unsere Position ohne allzu große Schwierigkeiten bestimmen, und dieses Loch befindet sich an der Stelle, an der sich einst die Stadt Shadar Logoth erhob.« Sie verstummte, und einen langen Augenblick war nur das Rascheln von Röcken zu hören, als Aes Sedai unbehaglich auf ihren Plätzen hin und her rutschten.
Auch Egwene hielt es kaum auf ihrem Sitz. Beim Licht, ein Loch von dieser Größe würde die Hälfte von Tar Valon einnehmen! »Habt Ihr irgendeine... Idee, wie dieses... Loch erschaffen wurde, Akarrin?«, fragte sie schließlich. Sie war ziemlich stolz darauf, wie beherrscht ihre Stimme klang. Sheriam zitterte doch tatsächlich am ganzen Leib! Egwene hoffte, dass es sonst niemand bemerkte. Das Verhalten der Behüterin fiel immer auf die Amyrlin zurück. Wenn die Behüterin Angst zeigte, würden viele Schwestern glauben, dass Egwene Angst hatte, und diesen Eindruck wollte sie unter allen Umständen vermeiden.
»Jede von uns wurde ausgewählt, weil wir die Fähigkeiten haben, Rückstände lesen zu können, Mutter. Und zwar besser als die meisten.« Also waren sie nicht nur ausgewählt worden, weil keine, die in der Macht stärker waren, interessiert waren. Darin lag eine Lektion. Was Aes Sedai taten, war selten so einfach, wie es auf den ersten Blick erschien. Egwene wünschte, sie müsste nicht immer wieder Lektionen neu erlernen, die sie bereits gemeistert geglaubt hatte. »Nisain ist von uns darin am besten«, fuhr Akarrin fort. »Mit Eurer Erlaubnis überlasse ich die Antwort ihr, Mutter.«
Nisain glättete nervös den dunklen Wollrock und räusperte sich. Die schmächtige Graue mit dem kantigen Kinn und den überraschend blauen Augen hatte einen gewissen Ruf, was Gesetzesfragen und Verträge anging, aber es bereitete ihr offensichtlich Unbehagen, vor dem Saal zu sprechen. Sie blickte geradeaus auf Egwene, als wollte sie die versammelten Sitzenden nicht sehen. »Nach der Menge an Saidar zu urteilen, das dort benutzt wurde, Mutter, war es keine Überraschung, dass die Rückstände beinahe so dicht wie der Schnee waren.« Da war mehr als nur ein Hauch von Murandy in ihrer Stimme. »Selbst nach so langer Zeit hätte ich fähig sein müssen, mir eine Vorstellung davon zu machen, was dort gewebt wurde, wenn es auch nur annähernd Ähnlichkeit mit etwas hatte, das mir bekannt ist, aber das konnte ich nicht. Ich konnte das Gewebe nachempfinden, Mutter, und es ergab nicht den geringsten Sinn. Überhaupt keinen. Tatsächlich erschien es so fremd, dass es möglicherweise gar nicht von...« Sie räusperte sich erneut und schluckte. Ihr Gesicht verlor jegliche Farbe. »Es ist möglicherweise nicht von einer Frau gewebt worden. Natürlich sind wir davon ausgegangen, dass es die Verlorenen waren, also habe ich es auf ihre Resonanz hin überprüft. Wir alle haben das.« Sie drehte sich ansatzweise zu ihren Gefährtinnen um, um sich dann wieder eilig nach vorn zu wenden. Sie zog es eindeutig vor, Egwene anzusehen statt die Sitzenden, die sich alle begierig vorbeugten. »Ich kann nicht sagen, was man dort getan hat, abgesehen von den drei Meilen Erde, die aus dem Boden geholt wurden, oder wie es getan wurde, aber Saidin war definitiv auch im Spiel. Die Resonanz war so stark, dass wir es hätten riechen müssen. Dort wurde mehr Saidin als Saidar benutzt, viel mehr, der Drachenberg im Vergleich zu einem Hügel.
Und das ist alles, was ich sagen kann, Mutter.« Ein Laut wehte durch den Pavillon, der von Schwestern angehaltene Atem, der ausgestoßen wurde. Sheriam war dabei am lautesten, aber vielleicht erschien das auch nur so, weil sie am nächsten stand.
Egwene ließ ihre Miene zu Reglosigkeit erstarren. Die Verlorenen und ein Gewebe, das halb Tar Valon vernichten konnte. Wenn Malind die Flucht vorschlug, konnte
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