Die Weiße Burg
UND DAS RAD DREHT SICH
Das Rad der Zeit dreht sich, Zeitalter kommen und vergehen und lassen Erinnerungen zurück, die zu Legenden werden. Legenden verblassen zu Mythen, und sogar der Mythos ist lange vergessen, wenn das Zeitalter ihres Ursprungs wiederkehrt.
Mit diesen Worten beginnt jede Chronik aus der Welt des Rades, eines Universums, in dem das Rad der Zeit und das Große Muster, das es webt, das oberste Prinzip sind.
Am Anfang steht eine Prophezeiung, die Prophezeiung des Drachen. Sie verkündet die Befreiung des Dunklen Königs, des Bösen schlechthin, und die Wiedergeburt Lews Therin Telamons, des Drachen, der einst vor Jahrtausenden sein Gefängnis versiegelte und dafür den höchsten Preis bezahlen musste. Sie berichtet von einem Mann, der sowohl der Vernichter als auch der Erlöser der Welt sein soll. Er kann die Eine Macht lenken, und er ist der Wiedergeborene Drache, der Tarmon Gai'don schlagen soll, die Letzte Schlacht gegen den Dunklen König.
Rand al'Thor ist der Wiedergeborene Drache.
Man schreibt das Dritte Zeitalter seit der Zerstörung der Welt. Wieder strecken der Dunkle König und seine Vertrauten, die Verlorenen, die ihm schon in tiefer Vergangenheit zur Seite standen, die Hand nach der Welt aus. Horden nichtmenschlicher Trollocs und Myrddraals überziehen das Land mit Verwüstung, gelenkt von den Verlorenen, die nahezu unerkannt unter den Menschen wandeln, wo sie Unruhe schüren und Kriege auslösen.
Allein Rand al'Thor ist laut den Prophezeiungen dazu bestimmt , di e Letzt e Schlach t z u schlagen . E r beherrscht di e Ein e Mach t , kan n di e Wel t nac h seine n Wünsche n for men , un d di e Wel t fürchte t ihn . E r ha t treu e Freund e um sic h geschart , Natione n besieg t un d Thron e gestürzt . E r hat mächtig e Feind e un d zweifelhaft e Verbündete , abe r die größt e Bedrohun g is t di e Ein e Mach t . Den n wi e all e M än ner , di e sic h de r Mach t bedienen , kämpf t e r gege n de n Ma kel des Wahnsinns an, der die mystische Energie beschmutzt.
Wie die Eingeweihten wissen, besteht sowohl die Eine Macht als auch die Wahre Quelle, der sie entspringt, aus zwei widerstreitenden und sich dennoch ergänzenden Teilen: Saidin , der männlichen Hälfte, und Saidar , der weiblichen Hälfte. Die Energie versetzt einige wenige Menschen in die Lage, die Elemente Erde, Wind, Feuer, Wasser und Geist nach ihrem Willen zu beeinflussen und Heldentaten zu vollbringen. Im untergegangenen Zeitalter der Legenden nannte man diese Männer und Frauen Aes Sedai, was in der Alten Sprache ›Diener aller‹ bedeutet.
Als der Dunkle König, der im Augenblick der Schöpfung vom Schöpfer des Universums außerhalb von Zeit und Schöpfung gefangen gesetzt wurde, aus seinem Gefängnis auszubrechen drohte und von Lews Therin Telamon, dem stärksten Aes Sedai seiner Zeit, besiegt wurde, geriet der triumphale Sieg zugleich zur verheerenden Niederlage. Bei der Versiegelung wurde Saidin , die männliche Quelle der Einen Macht , mit einem Makel versehen. Jeder Mann, der nach der Macht griff - was für ihn so natürlich war wie das Atemholen -, wurde wahnsinnig. Das hat sich erst kürzlich geändert.
Bei den meisten vollzog sich das als schleichender Prozess. Bei Lews Therin Telamon, dem Drachen, war dies anders. Blindwütig in seinem Wahn, wandten er und seine Helfer sich mit der Macht gegen alle und jeden und schließlich gegen die Welt selbst. Erdbeben erschütterten das Land, Stürme fegten darüber hinweg, Vulkane brachen aus, der Ozean überschwemmte das Land. Reiche gingen unter, und ganze Völker starben.
Nach dem Neubeginn hat sich das Antlitz der Welt verändert. Nun benutzen nur noch die weiblichen Aes Sedai die Eine Macht . Sie haben die Weiße Burg gegründet, und seit jenen dunklen Tagen wachen sie unerbittlich darüber, dass sich kein Mann der Einen Macht bedient. Sie spüren sie auf und ›dämpfen‹ sie, schneiden sie vom Zugang zur Wahren Quelle ab, um Unheil zu verhindern.
Rand al'Thor hatte schon seit jeher ein zwiespältiges Verhältnis zu den Aes Sedai, die von vielen als die wahren Herrscher der Welt gefürchtet und gehasst werden. Aber er ist der Wiedergeborene Drache, der wie kein Zweiter über die Eine Macht gebietet; er ist der Car'a'carn der Aiel, der Wüstennomaden, deren Clans ihm fast alle bis in den Tod ergeben sind; er ist der Begründer der Schwarzen Burg und der Asha'man , der Männer, die ungeachtet aller gegenteiligen Bemühungen gelernt haben, mit der Einen
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