Die Weisse Massai
auch Lketinga, mir endlich mehr zu vertrauen. Wir vereinbaren, morgen um dieselbe Zeit wieder zu telefonieren. Nach dem Gespräch geht es mir besser, und ich stolpere zu unserem Häuschen zurück.
Mein Mann ist natürlich noch streitsüchtiger geworden und will wissen, woher ich komme. Als ich ihm von meinem Telefongespräch und dem anstehenden Besuch eines Familienmitglieds erzähle, wird er sofort ruhig.
Zu meiner Erleichterung erfahre ich am nächsten Abend, daß mein ältester Bruder bereit ist zu kommen. Er wird bereits in einer Woche mit meinem benötigten Geld hier sein. Lketinga ist gespannt, noch jemanden von meiner Familie kennenzulernen. Da es mein ältester Bruder ist, hat er schon jetzt Respekt und behandelt mich freundlicher. Als Geschenk näht er ihm ein Massai-Armband mit seinem Vornamen aus bunten Glasperlen. Irgendwie rührt es mich, wie wichtig dieser Besuch für ihn und James ist.
Mein Bruder Marc ist im Hotel »Two Fishes« eingetroffen. Die Freude ist allgemein groß, obwohl er nur eine Woche bleiben kann. Er lädt uns oft zum Essen ins Hotel ein. Es ist herrlich, obwohl ich nicht an seine Rechnungen denken darf. Natürlich erlebt er meinen Mann von der besten Seite. In dieser Woche geht er nie weg, um Bier oder Miraa zu konsumieren, und weicht meinem Bruder nicht von der Seite. Als Marc uns zu Hause besucht, staunt er, wie seine früher so elegante Schwester haust. Doch vom Shop ist er begeistert und gibt mir noch ein paar gute Tips. Die Woche ist viel zu schnell vorbei, und am letzten Abend spricht er ausführlich mit meinem Mann. James übersetzt ihm jedes Wort. Als er ehrfürchtig und kleinlaut verspricht, mich nicht mehr mit seiner Eifersucht zu quälen, sind wir überzeugt, daß dieser Besuch ein voller Erfolg war.
Auch James muß zwei Tage später nach Hause. So begleiten wir ihn nach Nairobi und gehen wegen der Arbeitsbewilligung nochmals ins Nyayo-Gebäude. Die Stimmung unter uns ist gut, und deshalb bin ich sicher, daß es gelingen wird. Der Name ist registriert worden, und wir haben alle Papiere beisammen. Wieder sind wir im Office und stehen derselben Dame gegenüber wie vor zweieinhalb Wochen. Als sie das eingeführte Geld sieht, ist alles klar. Ich bekomme meine Arbeitserlaubnis. Dafür streicht sie mir die Niederlassung, die ich die nächsten zwei Jahre nicht benötige. Bis dahin muß ich den Namen meines Mannes im Paß führen und Napirai einen kenianischen Ausweis haben. Mir ist das gleichgültig, Hauptsache ich habe meine Arbeitserlaubnis für die nächsten zwei Jahre. Viele warten jahrelang auf diesen Stempel, der mich allerdings 2.000 Franken kostet.
In Nairobi gehen wir auf den Massai-Markt und kaufen gleich groß ein. Jetzt kann das Geschäft losgehen.In Mombasa suche ich Fabriken, wo ich Schmuck, Masken, T-Shirts, Kangas, Taschen und andere Waren günstig bekomme. Mein Mann begleitet mich meistens mit Napirai. Mit den Preisen ist er selten einverstanden. Sophia ist überrascht, als sie meinen Laden besichtigt. Nach nur fünf Wochen an der Küste steht alles, inklusive Arbeitsbewilligung. Bei ihr hat es leider noch nicht geklappt.
Ich lasse 5.000 Flugblätter drucken, auf denen ich uns vorstelle. Auch eine Wegbeschreibung ist angegeben. Angesprochen sind hauptsächlich Deutsche und Schweizer. In fast allen Hotels darf ich sie an der Rezeption auflegen. In den zwei größten Hotels miete ich zusätzlich Vitrinen, um Ware auszustellen. Natürlich hänge ich noch ein ungewöhnliches Hochzeitsbild dazu. Nun sind wir bereit.
Morgens um neun eröffnen wir das Geschäft. Für Napirai nehme ich Omelett und Bananen mit. Es ist sehr ruhig, nur zwei Personen erscheinen kurz im Laden. Mittags ist es sehr heiß, und kein Tourist kommt die Straße entlang. Wir gehen in Ukunda essen und öffnen um zwei Uhr wieder. Ab und zu laufen auf der Hauptstraße Touristen zu dem weiter unten gelegenen Supermarkt, unser Geschäft bemerken sie nicht.
Am Nachmittag kommt endlich eine Gruppe Schweizer mit dem Flugblatt in den Händen. Freudig unterhalte ich mich mit ihnen, und sie wollen natürlich vieles wissen. Fast jeder kauft etwas. Für den ersten Tag bin ich zufrieden, obwohl mir klar ist, daß wir die Leute noch besser auf uns aufmerksam machen müssen. Am zweiten Tag schlage ich meinem Mann vor, sobald Weiße des Weges kommen, ihnen einen Zettel in die Hand zu drücken. Bei ihm schaut jeder sofort hin. Tatsächlich, es gelingt. Der Inder nebenan versteht die Welt nicht mehr, als alle
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