Die Weisse Massai
muß ich ihm zuerst mein Geld zeigen. Lketinga hält den Schlauch in das Faß, und ich entferne mich einige Meter, um nach dem Ärger eine Zigarette zu rauchen. Plötzlich schreit er auf, und entsetzt sehe ich das Benzin wie aus einem Wasserschlauch in der Gegend herumspritzen. Schnell bin ich beim Wagen und hebe den weggeworfenen Hahn auf, um ihn abzustellen. Der Riegel war eingehängt, und das Benzin floß weiter, als das Faß schon voll war. Einige Liter sind auf den Platz und ein Teil ins Fahrzeug gelaufen. Als ich sehe, wie schlecht sich Lketinga fühlt, versuche ich mich zu beherrschen, während Tom mit seiner Frau abseits steht und vor Scham im Boden versinken möchte. Das zweite Faß dürfen wir nicht mehr füllen, wir müssen zahlen und verschwinden. Ich wäre am liebsten zu Hause in der Manyatta, und zwar ohne Auto. Bis jetzt hat es mir nur Ärger gebracht.
Im Dorf trinken wir schweigend Tee und brechen dann auf. Im Auto stinkt es fürchterlich nach Benzin, und es dauert nicht lange, bis sich das Mädchen übergeben muß. Dann will sie nicht mehr in den Wagen steigen, sondern nach Hause laufen. Tom wird wütend und droht ihr, sie in Maralal wieder zu ihren Eltern zu schicken und sich eine andere Frau zu nehmen. Das muß eine große Schande sein, denn sie steigt wieder ein. Lketinga hat noch nichts gesprochen. Er tut mit leid, und ich versuche ihn zu trösten. Es ist dunkel, als wir Maralal erreichen.
Die zwei verabschieden sich ziemlich schnell, und wir beziehen unser Lodging. Obwohl es kühl ist, gehe ich noch unter die spärlich plätschernde Dusche, weil ich vor Dreck und Staub förmlich klebe. Auch Lketinga geht sich waschen. Dann verspeisen wir noch eine große Portion Fleisch im Zimmer. Diesmal schmeckt sogar mir das Fleisch ausgezeichnet, das wir mit Bier herunterspülen. Danach fühle ich mich richtig wohl, und wir verbringen eine schöne Liebesnacht, wobei ich zum ersten Mal mit ihm den Höhepunkt erreiche. Da dies nicht ganz geräuschlos abläuft, hält er mir erschrocken den Mund zu und fragt: »Corinne, what’s the problem?« Als ich wieder ruhiger atmen kann, versuche ich, ihm meinen Orgasmus zu erklären. Doch er versteht das nicht und lacht nur ungläubig. So etwas gibt es nur bei den Weißen, ist seine Erkenntnis. Glücklich und müde schlafe ich schließlich ein.
Am frühen Morgen kaufen wir richtig ein: Reis, Kartoffeln, Gemüse, Früchte, sogar Ananas. Auch das zweite Benzinfaß können wir auffüllen, da es wie zum Hohn in Maralal wieder Benzin gibt. Voll beladen machen wir uns auf die Heimreise. Zwei Samburu-Männer nehmen wir auch noch mit.
Lketinga will den kürzeren Weg durch den Busch fahren. Ich habe meine Zweifel, doch in seiner Gegenwart schwinden sie schnell. Die Fahrt verläuft gut, bis wir an den schrägen Teil gelangen. Da die gefüllten Fässer das Schaukeln des Fahrzeugs verstärken, bitte ich die beiden Mitfahrenden, alles Eingekaufte und sich selber auf der Bergseite zu plazieren, denn ich habe Angst, der Wagen könnte kippen. Keiner spricht, als ich die zweihundert Meter in Angriff nehme. Wir schaffen es, und das Geschnatter im Auto geht weiter. Bei den Felsen müssen alle aussteigen, und Lketinga lotst mich gut über die großen Brocken. Als das ebenfalls gelungen ist, fühle ich mich erleichtert und stolz. Problemlos erreichen wir Barsaloi.
Alltagsleben
Die nächsten Tage können wir richtig genießen. Es ist genug Eßbares da und Benzin in Hülle und Fülle. Täglich besuchen wir Verwandte mit dem Auto oder gehen Feuerholz schlagen, das wir mit dem Wagen nach Hause bringen. Ab und zu fahren wir zum River, vollziehen unser Waschritual und bringen für halb Barsaloi die Wasserkanister mit hoch, manchmal bis zu zwanzig Stück. Diese kleineren Ausflüge verbrauchen viel von unserem kostbaren Benzin, so daß ich Einspruch erhebe. Doch es entsteht jedesmal eine große Debatte.
Heute morgen, berichtet ein Moran, habe eine seiner Kühe gekalbt. Dieses Ereignis müssen wir besichtigen. Wir fahren nach Sitedi. Da dies keine offizielle Straße ist, muß ich ständig aufpassen, daß wir nicht über Dornen fahren. Wir besuchen im Kral seinen Halbbruder. Hier sind die Kühe abends versammelt. Deshalb stapfen wir durch Mengen von Kuhfladen, die Tausende von Fliegen anziehen. Lketingas Halbbruder zeigt uns das neugeborene Kalb. Die Mutterkuh bleibt am ersten Tag zu Hause. Lketinga strahlt, während ich mit den Fliegen kämpfe. Meine Plastiksandalen versinken im Kuhmist. Jetzt
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