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Die Weisse Massai

Die Weisse Massai

Titel: Die Weisse Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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fast jeder Krieger eine Freundin hat. Er schmückt sie mit Perlen und ist bedacht, ihr im Laufe der Jahre viel Schmuck zu kaufen, damit sie möglichst schön aussieht, wenn sie heiratet. Doch heiraten darf ein Krieger seine Freundin niemals. Sie dürfen freie Liebe machen bis einen Tag vor ihrer Hochzeit, dann wird sie von den Eltern an einen anderen verkauft. Das Mädchen erfährt erst an ihrem Hochzeitstag, wer ihr Ehemann sein soll.
    Erschüttert über das soeben Erfahrene, sage ich, daß das sehr schlimm sein muß. »Why?« fragt mich Lketinga. »This is normal for everybody!« Er erzählt mir, das Mädchen habe sich den ganzen Schmuck vom Hals gerissen, als es erfuhr, daß ich bei ihm lebe, noch bevor sie geheiratet wurde. Es sei schlimm für sie. Langsam steigt in mir die Eifersucht hoch, und ich frage ihn, wann er sie zuletzt besucht habe und wo sie überhaupt wohne. Weit weg von hier in Richtung Baragoi, und seit ich hier bin, habe er sie nicht mehr gesehen, ist seine Antwort. Ich überlege hin und her und schlage ihm vor, wenn ich weg bin, zu ihr zu gehen, um alles zu klären. Falls nötig soll er ihr Schmuck kaufen, doch wenn ich zurück bin, sollte diese Angelegenheit erledigt sein. Er antwortet nicht, und so weiß ich auch am Tag meines Aufbruchs nicht, was er tun wird. Doch ich vertraue ihm und unserer Liebe.
    Ich verabschiede mich von der Mama und von Saguna, die mich offensichtlich ins Herz geschlossen haben. »Hakuna, matata, keine Probleme«, lache ich ihnen entgegen, und dann fahren wir mit unserem Landrover nach Maralal, weil ich ihn in der Garage zwischenzeitlich reparieren lassen möchte. Lketinga will zu Fuß zurückgehen. Im Busch treffen wir auf eine kleine Gruppe von Büffeln, die aber sofort das Weite suchen, als sie den Motor hören. Trotzdem nimmt Lketinga sofort seine Speere zur Hand und gibt ein grunzendes Geräusch von sich. Lachend schaue ich ihn an, und er beruhigt sich wieder.
    Wir parken gleich in der Garage, damit nicht noch mehr Leute auf den verbeulten Kotflügel aufmerksam werden. Der Chef-Somali kommt und schaut sich den Schaden an. Etwa sechshundert Franken würde es schon kosten, sagt er. Ich bin bestürzt, daß dieser Schaden ein Viertel des Kaufpreises kosten soll. Hartnäckig verhandle ich, und schließlich bleibt es bei dreihundertfünfzig Franken, was immer noch viel zu hoch ist. Die Nacht verbringen wir in unserem Stamm-Lodging. Geschlafen wird nicht viel, zum einen wegen meiner Abreise, zum anderen wegen der vielen Moskitos. Der Abschied ist schwer, und Lketinga steht etwas verloren neben dem abfahrenden Bus. Ich vermumme mein Gesicht, um nicht völlig verstaubt in Nairobi anzukommen.

Fremde Schweiz
    Im Rucksack-Hotel Igbol finde ich ein Zimmer und esse mich erst einmal richtig satt. Ich checke jede Fluggesellschaft durch, bis ich endlich bei Alitalia einen Flug bekomme. Nach mehreren Monaten telefoniere ich wieder nach Hause. Die Aufregung ist groß, als ich meiner Mutter mitteile, daß ich für kurze Zeit nach Hause komme. Die bis zum Abflug verbleibenden zwei Tage in Nairobi empfinde ich als Plage. Kreuz und quer streune ich durch die Straßen, um die Zeit totzuschlagen. An jeder Ecke stehen Krüppel und Bettler, denen ich mein Kleingeld gebe. Abends im Igbol unterhalte ich mich mit Weltenbummlern oder halte mir mühsam Inder und Afrikaner vom Leib, die mir ihre Dienste als Boyfriend offerieren.
    Endlich sitze ich im Taxi zum Flughafen. Als das Flugzeug abhebt, kann ich mich nicht so recht freuen auf »zu Hause«, weil ich weiß, wie verzweifelt Lketinga und der Rest der Familie auf meine Rückkehr warten.
    In Meiringen im Berner Oberland, wo meine Mutter mit ihrem Mann lebt, fühle ich mich nach der ersten Wiedersehensfreude nicht wohl. Alles läuft wieder nach europäischem Zeitplan. In den Lebensmittelgeschäften wird es mir bei all dem Überfluß fast schlecht, und auch die Kühlschrankkost bekommt mir nicht mehr. Ständig habe ich Magenbeschwerden.
    Bei der Gemeinde besorge ich mir eine Bescheinigung auf Deutsch und Englisch, daß ich noch ledig bin. Wenigstens sind nun meine Papiere in Ordnung. Meine Mutter kauft für »meinen Krieger« als Hochzeitsgeschenk eine wunderschöne Kuhglocke. Auch ich besorge einige kleinere Glöckchen für meine Ziegen. Immerhin besitze ich schon vier eigene. Für Mama und Saguna nähe ich je zwei neue Röcke und erwerbe für Lketinga und mich zwei wunderschöne Wolldecken, eine knallrote für ihn, eine gestreifte für uns beide

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