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Die Welle

Titel: Die Welle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morton Rhue
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nicht mehr auf. Ich gehe nach Hause!« »Warte, bis ich meine Bücher weggeräumt habe. Ich komme mit.«
    Als sie die Schule verlassen hatten, spürte Laurie Davids Niedergeschlagenheit. »Ich kann gar nicht fassen, wie dumm ich war«, sagte er immer wieder. »Ich kann es einfach nicht glauben, dass ich auf so etwas reinfallen konnte.« Laurie drückte seine Hand. »Du warst nicht dumm, David, du warst ein Idealist. Ich meine, es gab ja auch Gutes an derWelle. Es konnte gar nicht alles schlecht sein, sonst hätte sich niemand angeschlossen. Schlimm ist nur, dass kaum jemand das Schlechte daran erkennt. Sie glauben, dass durch die Welle alle gleich werden, aber sie begreifen nicht, dass dadurch jeder das Recht verliert, unabhängig zu sein.«
    »Laurie, ist es nicht vielleicht doch möglich, dass unsere Meinung über die Welle falsch ist?«
    »Nein, David, wir haben Recht!«, antwortete sie entschieden.
    »Aber warum erkennt das dann sonst niemand?«, fragte er. »Das weiß ich nicht. Ich glaube, sie sind alle wie in Trance. Sie hören einfach nicht mehr zu.«
    David nickte hoffnungslos.
    Es war noch früh, und sie beschlossen, in einen nahe gelegenen Park zu gehen. Keiner wollte schon heim. David war nicht mehr sicher, was er von der Welle und von Mr Ross halten sollte. Laurie glaubte noch immer, dass es sich nur um eine Mode handeln konnte, dass die Schüler der Sache endlich müde werden würden, gleichgültig, wie und durch wen alles organisiert würde. Sie empfand nur Furcht bei dem Gedanken daran, was die Schüler, die zur Welle gehörten, alles anrichten konnten, ehe sie genug davon hatten.
     

»Plötzlich fühle ich mich allein«, sagte David, als sie durch den Park gingen. »Es ist so, als gehörten alle meine Freunde zu einer verrückten Bewegung, und ich bin ein Ausgestoßener, bloß weil ich mich weigere, genau wie sie zu sein.«
    Laurie wusste, wie er empfand, denn bei ihr war es ganz ähnlich. Sie drängte sich näher an ihn, und er legte den Arm um sie. Laurie fühlte sich David enger verbunden denn je. War es nicht seltsam, dass man einander näher kam, wenn man gemeinsam etwas Schlimmes erlebte? Sie dachte an den Vorabend zurück, als David plötzlich die Welle völlig vergessen hatte, sobald ihm klar geworden war, dass er ihr weh getan hatte. Sie umarmte ihn heftig.
    »Was ist?«, fragte David überrascht.
    »Ach, nichts!«
    David wandte den Kopf ab.
    Laurie fühlte, dass ihre Gedanken wieder um die Welle kreisten. Sie versuchte, sich die Aula an diesem Nachmittag voller Wellenmitglieder vorzustellen. Und irgendein Führer sprach von irgendwoher über das Fernsehen zu ihnen. Was würde er ihnen sagen? Dass sie Bücher verbrennen sollten? Dass sie alle Nicht-Mitglieder zwingen sollten, Handschellen zu tragen? Es kam ihr alles so unglaublich verrückt vor, dass solche Dinge keineswegs auszuschließen waren.
    »Also ... « Plötzlich erinnerte sie sich an etwas. »David«, sagte sie, »erinnerst du dich noch an den Tag, an dem alles angefangen hat?«
    »Den Tag, an dem uns Mr Ross den ersten Grundsatz beigebracht hat?«, fragte David.
    »Nein, an den Tag davor, als wir den Film über die Konzentrationslager der Nazis gesehen haben. Der Tag, an dem ich so aufgeregt war. Erinnerst du dich? Niemand wollte verstehen, wieso die anderen Deutschen so tun konnten, als hätten sie nichts von dem gewusst, was da vor sich ging.«
    »Ja, und?«, fragte David.
    »Erinnerst du dich auch, was du damals am Nachmittag zu mir gesagt hast?«
    David dachte einen Augenblick nach, dann schüttelte er den Kopf. »Du hast mir gesagt, so etwas könnte sich nie wiederholen.«
    Einen Augenblick schaute David sie an und meinte, dass sie ironisch lächelte. »Weißt du was?«, sagte er. »Selbst mit dieser Versammlung heute Nachmittag und dem nationalen Führer der Bewegung, selbst wenn ich selbst dazugehört habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass es wirklich geschieht. Es ist so absolut wahnsinnig!«
    »Das habe ich mir auch gedacht«, antwortete Laurie. Dann kam ihr ein Gedanke: »Komm, David, wir gehen zur Schule zurück!«
    »Warum?«
    »Ich möchte ihn sehen! Ich möchte diesen Führer sehen. Ich schwöre, ich kann nicht glauben, dass es wirklich geschieht, wenn ich es nicht selbst sehe.«
    »Aber Mr Ross hat doch gesagt, es seien nur Mitglieder der Welle zugelassen.«
    »Wovor hast du Angst?«, fragte ihn Laurie.
    David zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich hingehen möchte. Mir kommt es

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