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Die Welle

Titel: Die Welle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morton Rhue
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dachte einen Augenblick nach. So seltsam das auch sein mochte, fast jeder, den er in der Schule kannte, war Mitglied der Welle geworden. Aber Laurie fielen zwei Schüler ein: »Alex Cooper und Carl Block aus der Redaktion!«
    »Gut«, sagte Ben. »Und nun erwarte ich von euch, dass ihr morgen in den Unterricht geht, als wäre nichts geschehen. Sagt keinem, dass ihr heute Abend mit mir gesprochen habt. Abgemacht?«
    David nickte, doch Laurie sah besorgt aus. »Ich weiß nicht, Mr Ross.«
    Aber Ben unterbrach sie. »Laurie, es ist sehr wichtig, dass wir es so halten. Ihr müsst mir vertrauen. Okay?«
    Zögernd stimmte Laurie zu. Ben verabschiedete sie noch einmal, und die beiden traten in die Dunkelheit hinaus.

 

Am nächsten Morgen musste Ben sich im Büro des Direktors mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn tupfen. Hinter dem Tisch saß Direktor Owens, der gerade mit der Faust auf die Platte geschlagen hatte. »Verdammt noch mal, Ben! Ihr Experiment kümmert mich überhaupt nicht. Ich höre nur, dass die Lehrer sich beschweren, ich werde alle fünf Minuten von Eltern angerufen, die wissen wollen, was hier eigentlich los ist, was wir mit ihren Kindern anstellen. Meinen Sie vielleicht, ich kann denen sagen, dass es sich um ein Experiment handelt? Mein Gott, Mann! Sie wissen doch, dass vergangene Woche ein Junge zusammengeschlagen worden ist. Gestern war sein Rabbi hier. Der Mann hat zwei Jahre in Auschwitz zugebracht. Glauben Sie vielleicht, dass er sich auch nur einen Deut um Ihr Experiment schert?« Ben richtete sich auf. »Mr Owens, ich verstehe, dass Sie unter Druck stehen. Ich weiß, dass die Welle zu weit gegangen ist. Ich ...«, Ben atmete tief, » ich begreife auch, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ein Geschichtskurs ist kein wissenschaftliches Labor. Man darf nicht mit Menschen experimentieren. Besonders nicht mit Schülern, die gar nicht wissen, dass sie Bestandteil eines Experiments sind. Aber vergessen wir doch einmal für einen Augenblick, dass ich einen Fehler begangen habe und dass dieser Fehler Konsequenzen nach sich gezogen hat. Sehen wir doch wenigstensjetzt und hier den Tatsachen ins Gesicht: Im Augenblick haben wir hier zweihundert Schüler, denen die Welle etwas Großartiges bedeutet. Sie hören auf mich. Ich brauche nur noch diesen einen Tag, und ich kann ihnen eine Lektion erteilen, die sie niemals vergessen werden.«
    Direktor Owens sah ihn skeptisch an. »Und was soll ich den Eltern und Lehrern inzwischen sagen?«
    Ben fuhr sich wieder mit dem Taschentuch über die Stirn. Er wusste, dass er sich wie ein Spieler verhielt. Aber welche Wahl blieb ihm denn? Er hatte die Schüler in diese Sache hineingezogen und er musste ihnen jetzt heraushelfen. »Sagen Sie ihnen, dass heute Abend alles vorbei sein wird.« Direktor Owens hob eine Augenbraue. »Und wie wollen Sie das tun?«
    Ben brauchte nicht lange, um seinen Plan zu erklären. Jenseits des Schreibtisches klopfte Direktor Owens seine Pfeife aus und dachte darüber nach. Ein langes und unbehagliches Schweigen folgte. Endlich sagte der Direktor: »Ben, ich will ganz offen zu Ihnen sein. Ihre Geschichte mit der Welle hat das Prestige unserer Schule nicht gerade verbessert, und das ist mir unangenehm. Ich gebe Ihnen noch den heutigen Tag, aber ich warne Sie: Wenn das, was Sie vorhaben, nicht funktioniert, werde ich Sie bitten müssen, Ihren Rücktritt zu erklären.«
    Ben nickte. »Das verstehe ich«, sagte er.
    Direktor Owens stand auf und reichte ihm die Hand. »Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt. Sie sind ein ausgezeichneter Lehrer, den wir sehr ungern verlieren würden.« Draußen auf dem Flur blieb Ben keine Zeit, sich mit demaufzuhalten, was Direktor Owens gerade gesagt hatte. Er musste sofort Alex Cooper und Carl Block finden und er musste schnell handeln.
     

Im Geschichtsunterricht dieses Tages wartete Ben, bis die Schüler neben ihren Plätzen standen, dann sagte er: »Ich habe euch eine besondere Mitteilung zur Welle zu machen. Heute um fünf Uhr findet eine Versammlung in der Aula statt. Nur Mitglieder der Welle sind zugelassen.« David lächelte und zwinkerte Laurie zu.
    »Der Grund für diese Versammlung ist folgender«, fuhr Mr Ross fort. » Die Welle ist nicht nur ein Unterrichtsexperiment. Sie ist viel mehr. Ohne dass ihr es wusstet, haben in der vergangenen Woche Lehrer wie ich im ganzen Land eine Jugendbrigade rekrutiert und herangebildet, um dem Rest unseres Volkes zu zeigen, wie man eine bessere Gesellschaft

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