Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
würden wir Jolly finden und sie an Bord nehmen. Aber was dann? Die Palomino schießt uns in Stücke, du und Jolly werdet sterben - und der Mahlstrom siegt.« Der Händler trat auf Munk zu und packte ihn an der Schulter. »Das ist nicht nur eine Möglichkeit, Junge - das ist eine unumstößliche Tatsache. Entweder, wir geben Jolly und Griffin jetzt auf - oder die Welt geht schon bald zu Grunde.«
    Soledad hatte stumm zugehört und mischte sich auch jetzt nicht in das Gespräch ein. Aber ihr Gesichtsausdruck verriet ihre Gedanken. Sie wollte die beiden retten, wollte alles für sie tun, damit sie nicht hier draußen einem Ungewissen Schicksal überlassen blieben. Aber sie erkannte auch die fatale Wahrheit in den Worten des Geisterhändlers.
    »Munk«, sagte sie ruhig, »es ist deine Entscheidung.«
    Munk zögerte noch, dann begann er, mit müden Bewegungen über die Reling zu klettern. »Ich gehe und suche sie.«
    »Nein!« Die Stimme des Geisterhändlers klang anders als noch vor wenigen Herzschlägen, aufbrausend wie ein Sturmwind und von eisiger Kälte durchdrungen. »Soledad hat Unrecht. Es ist nicht deine Entscheidung.« Seine Hände zeichneten ein Symbol in die Luft, und im selben Augenblick stürzten drei Geister aus der Takelage herab und zogen Munk sanft, aber bestimmt zurück aufs Deck.
    Munk fluchte und wehrte sich, aber der Griff der Nebelwesen war unerbittlich.
    »Es tut mir Leid«, sagte der Geisterhändler leise, und alle außer Munk erkannten die Aufrichtigkeit und Trauer in seiner Stimme. »Aber es geht nicht anders. Glaube nicht, dass es mir leicht fällt.«
    »Lasst mich!«, brüllte Munk, als die Geister ihn von der Reling fortzogen und in der Mitte des Decks festhielten. Er hatte jetzt Tränen in den Augen, und seine müden Züge sprühten nur so vor Zorn und Verzweiflung. »Das könnt ihr nicht tun!… Soledad! Walker! Ihr könnt Jolly nicht einfach zurücklassen.«
    Die Prinzessin senkte den Blick und schwieg.
    Walker kehrte zurück auf die Brücke, aber seine Schritte wirkten schwer, als wäre die Luft vor ihm zu etwas Festem geronnen. Jeder sah, wie sehr es ihm widerstrebte, die nächsten Befehle zu geben.
    »Volle Fahrt voraus!«, sagte er, um es dann - zögernd -noch einmal lauter zu wiederholen.
    Buenaventure regte sich nicht. »Das Mädchen«, flüsterte er. »Was wird aus dem Mädchen?«
    Munk schrie und fluchte unten auf dem Hauptdeck. Der Hexhermetische Holzwurm dagegen schwieg und hatte den Schädel mit dem Hornschild gesenkt; man hätte fast meinen können, er trauere ebenso um Jolly und Griffin wie alle anderen.
    »Walker«, sagte Buenaventure. »Wir können -«
    »Du hast ihn gehört.«
    Der Pitbullmann zögerte, und für einen langen Moment sah es aus, als würde er den Befehl verweigern. Dann aber stieß er ein hohes Jaulen aus, voller Schmerz und Verzweiflung, legte die Pranken ans Steuer und tat, was getan werden musste.
    »Danke«, sagte der Geisterhändler, wandte sich um und ging ganz allein nach vorn zum Bug. Keiner folgte ihm, niemand wollte jetzt in seiner Nähe sein.
    »Jolly!«, brüllte Munk noch einmal, aber der Dunst verschluckte seine Stimme.
    Die Carfax setzte sich in Bewegung und ließ den Ort der Schlacht rasch hinter sich.
    Jolly nahm all ihre Kräfte zusammen und zerrte Griffins Oberkörper aus dem Wasser. Er war schwer, nicht nur, weil er ein Junge und sogar ein Stück größer war als sie, sondern mehr noch, weil er reglos über dem Trümmerholz hing wie ein Leichnam. Zu allem Unglück hatte sich seine Kleidung voll Wasser gesogen.
    Die Carfax war verschwunden. Unmöglich, zu sagen, ob sie nur hinter der nächsten Dunstwand verborgen lag oder ob sie . nein, die anderen ließen sie gewiss nicht im Stich.
    Aber würde der Geisterhändler das Leben beider Quappen aufs Spiel setzen, wenn er die Chance hatte, wenigstens eine zu retten? Er hatte nie einen Zweifel daran gelassen, wie wichtig es war, sie nach Aelenium zu bringen. Zumindest einen von ihnen.
    Sie schnappte nach Luft und hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Dann aber, ebenso unverhofft, bekam sie sich wieder unter Kontrolle. Sie musste Griffin irgendwie aus dem Wasser ziehen.
    Die Haie kamen näher, ihre Kreise führten jetzt nur noch wenige Fuß an den beiden Schiffbrüchigen vorüber.
    Jolly ging in die Knie, zog Griffins linken Arm um ihre Schulter und stemmte sich mit aller Kraft auf die Füße. Vor Anstrengung stieß sie einen Schrei aus, so laut, dass er trotz des Kanonenrauchs von den

Weitere Kostenlose Bücher