Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)
und dem vom ausgeschlossenen Dritten entsteht die
d) Relation . Sie tritt bloß ein, wenn über fertige Urtheile geurtheilt wird und kann nur darin bestehn, daß sie entweder die Abhängigkeit eines Unheils von einem andern (auch in der Pluralität beider) angiebt, mithin sie verbindet, im hypothetischen Satz; oder aber angiebt, daß Urtheile einander ausschließen, mithin sie trennt, im disjunktiven Satz. Sie hängt der Kopula an, welche hier die fertigen Urtheile trennt oder verbindet.
Die Redetheile und grammatischen Formen sind Ausdrucksweisen der drei Bestandtheile des Urtheils, also des Subjekts, Prädikats und der Kopula, wie auch der möglichen Verhältnisse dieser, also der eben aufgezählten Denkformen, und der näheren Bestimmungen und Modifikationen dieser letzteren. Substantiv, Adjektiv und Verbum sind daher wesentliche Grundbestandtheile der Sprache überhaupt; weshalb sie in allen Sprachen zu finden seyn müssen. Jedoch ließe sich eine Sprache denken, in welcher Adjektiv und Verbum stets mit einander verschmolzen wären, wie sie es in allen bisweilen sind. Vorläufig ließe sich sagen: zum Ausdruck des Subjekts sind bestimmt: Substantiv, Artikel und Pronomen; – zum Ausdruck des Prädikats : Adjektiv, Adverbium, Präposition; – zum Ausdruck der Kopula : das Verbum, welches aber, mit Ausnahme von esse , schon das Prädikat mit enthält. Den genauen Mechanismus des Ausdrucks der Denkformen hat die philosophische Grammatik zu lehren; wie die Operationen mit den Denkformen selbst die Logik.
Anmerkung . Zur Warnung vor einem Abwege und zur Erläuterung des Obigen erwähne ich S. Sterns »Vorläufige Grundlage zur Sprachphilosophie«, 1835, als einen gänzlich mißlungenen Versuch, aus den grammatischen Formen die Kategorien zu konstruiren. Er hat nämlich ganz und gar das Denken mit dem Anschauen verwechselt und daher aus den grammatischen Formen, statt der Kategorien des Denkens, die angeblichen Kategorien des Anschauens deduciren wollen, mithin die grammatischen Formen in gerade Beziehung zur Anschauung gesetzt. Er steckt in dem großen Irrthum, daß die Sprache sich unmittelbar auf die Anschauung beziehe; statt daß sie unmittelbar sich bloß auf das Denken als solches, also auf die abstrakten Begriffe bezieht und allererst mittelst dieser auf die Anschauung, zu der sie nun aber ein Verhältniß haben, welches eine gänzliche Aenderung der Form herbeiführt. Was in der Anschauung daist, also auch die aus der Zeit und dem Raum entspringenden Verhältnisse, wird allerdings ein Gegenstand des Denkens; also muß es auch Sprachformen geben es auszudrücken, jedoch immer nur in abstracto , als Begriffe. Das nächste Material des Denkens sind allemal Begriffe, und nur auf solche beziehn sich die Formen der Logik, nie direkt auf die Anschauung. Diese bestimmt stets nur die materiale, nie die formale Wahrheit der Sätze, als welche sich nach den logischen Regeln allein richtet.
Ich kehre zur Kantischen Philosophie zurück und komme zur transscendentalen Dialektik . Kant eröffnet sie mit der Erklärung der Vernunft , welches Vermögen in ihr die Hauptrolle spielen soll, da bisher nur Sinnlichkeit und Verstand auf dem Schauplatz waren. Ich habe schon oben, unter seinen verschiedenen Erklärungen der Vernunft, auch von der hier gegebenen, »daß sie das Vermögen der Principien sei«, geredet. Hier wird nun gelehrt, daß alle bisher betrachteten Erkenntnisse a priori , welche die reine Mathematik und reine Naturwissenschaft möglich machen, bloße Regeln , aber keine Principien geben; weil sie aus Anschauungen und Formen der Erkenntniß hervorgehn, nicht aber aus bloßen Begriffen , welches erfordert sei, um Princip zu heißen. Ein solches soll demnach eine Erkenntniß aus bloßen Begriffen seyn und dennoch synthetisch. Dies aber ist schlechthin unmöglich. Aus bloßen Begriffen können nie andere, als analytische Sätze hervorgehn. Sollen Begriffe synthetisch und doch a priori verbunden werden; so muß nothwendig diese Verbindung durch ein Drittes vermittelt seyn, durch eine reine Anschauung der formellen Möglichkeit der Erfahrung; so wie die synthetischen Urtheile a posteriori , durch die empirische Anschauung vermittelt sind: folglich kann ein synthetischer Satz a priori , nie aus bloßen Begriffen hervorgehn. Ueberhaupt aber ist uns a priori nichts weiter bewußt, als der Satz vom Grunde, in seinen verschiedenen Gestaltungen, und es sind daher keine andere synthetische Urtheile a priori möglich, als
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