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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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war, daß auf das Ganze der Natur überhaupt, ihrem Daseyn nach, der Begriff von Wirkung und Ursache nicht anzuwenden, auch gezeigt wurde, daß sie ihrer Beschaffenheit nach nicht als Wirkung einer von Motiven (Zweckbegriffen) geleiteten Ursache zu denken sei. Wenn man die große Scheinbarkeit des physikotheologischen Beweises bedenkt, den sogar Voltaire für unwiderleglich hielt; so war es von der größten Wichtigkeit, zu zeigen, daß das Subjektive in unserer Auffassung, welchem Kant Raum, Zeit und Kausalität vindicirt hat, sich auch auf unsere Beurtheilung der Naturkörper erstreckt, und demnach die Nöthigung, welche wir empfinden, sie uns als prämeditirt, nach Zweckbegriffen, also auf einem Wege, wo die Vorstellung derselben ihrem Daseyn vorangegangen wäre , enstanden zu denken, eben so subjektiven Ursprungs ist, wie die Anschauung des so objektiv sich darstellenden Raums, mithin nicht als objektive Wahrheit geltend gemacht werden darf. Kants Auseinandersetzung der Sache ist, abgesehn von der ermüdenden Weitschweifigkeit und Wiederholung, vortrefflich. Mit Recht behauptet er, daß wir nie dahin gelangen werden, die Beschaffenheit der organischen Körper aus bloß mechanischen Ursachen, worunter er die absichtslose und gesetzmäßige Wirkung aller allgemeinen Naturkräfte versteht, zu erklären. Ich finde hier jedoch noch eine Lücke. Er leugnet nämlich die Möglichkeit einer solchen Erklärung bloß in Rücksicht auf die Zweckmäßigkeit und anscheinende Absichtlichkeit der organischen Körper . Allein wir finden, daß, auch wo diese nicht Statt hat, die Erklärungsgründe aus einem Gebiet der Natur nicht in das andere hinübergezogen werden können, sondern uns, sobald wir ein neues Gebiet betreten, verlassen, und statt ihrer neue Grundgesetze auftreten, deren Erklärung aus denen des vorigen gar nicht zu hoffen ist. So herrschen im Gebiet des eigentlich Mechanischen die Gesetze der Schwere, Kohäsion, Starrheit, Flüssigkeit, Elasticität, welche an sich (abgesehn von meiner Erklärung aller Naturkräfte als niederer Stufen der Objektivation des Willens) als Aeußerungen weiter nicht zu erklärender Kräfte dastehn, selbst aber die Principien aller fernem Erklärung, welche bloß in Zurückführung auf jene besteht, ausmachen. Verlassen wir dieses Gebiet und kommen zu den Erscheinungen des Chemismus, der Elektricität, Magnetismus, Krystallisation; so sind jene Principien durchaus nicht mehr zu gebrauchen, ja, jene Gesetze gelten nicht mehr, jene Kräfte werden von andern überwältigt und die Erscheinungen gehn in geradem Widerspruch mit ihnen vor sich, nach neuen Grundgesetzen, die, eben wie jene ersteren, ursprünglich und unerklärlich, d.h. auf keine allgemeineren zurückzuführen sind. So z.B. wird es nie gelingen, nach jenen Gesetzen des eigentlichen Mechanismus auch nur die Auflösung eines Salzes im Wasser zu erklären, geschweige die komplicirteren Erscheinungen der Chemie. Im zweiten Buch gegenwärtiger Schrift ist dieses Alles bereits ausführlicher dargestellt. Eine Erörterung dieser Art würde, wie es mir scheint, in der Kritik der teleologischen Urtheilskraft von großem Nutzen gewesen seyn und viel Licht über das dort Gesagte verbreitet haben. Besonders günstig wäre eine solche seiner vortrefflichen Andeutung gewesen, daß eine tiefere Kenntniß des Wesens an sich, dessen Erscheinung die Dinge in der Natur sind, sowohl in dem mechanischen (gesetzmäßigen) als in dem scheinbar absichtlichen Wirken der Natur, ein und das selbe letzte Princip wiederfinden würde, welches als gemeinschaftlicher Erklärungsgrund beider dienen könnte. Ein solches hoffe ich durch Aufstellung des Willens als des eigentlichen Dinges an sich gegeben zu haben, demgemäß überhaupt, in unserm zweiten Buch und dessen Ergänzungen, zumal aber in meiner Schrift, »Ueber den Willen in der Natur«, die Einsicht in das innere Wesen der anscheinenden Zweckmäßigkeit und der Harmonie und Zusammenstimmung der gesammten Natur vielleicht heller und tiefer geworden ist. Daher ich hier nichts weiter darüber zu sagen habe. –
    Der Leser, welchen diese Kritik der Kantischen Philosophie interessirt, unterlasse nicht, in der zweiten Abhandlung des ersten Bandes meiner Parerga und Paralipomena die unter der Ueberschrift »Noch einige Erläuterungen zur Kantischen Philosophie« gelieferte Ergänzung derselben zu lesen. Denn man muß erwägen, daß meine Schriften, so wenige ihrer auch sind, nicht alle zugleich, sondern

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