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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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erkennendes Individuum. Daher, wenn er auch nicht dawäre, ja sogar wenn überhaupt kein anderes erkennendes Wesen als ich selbst existirte; so wäre damit noch keineswegs das Subjekt aufgehoben, in dessen Vorstellung allein alle Objekte existiren. Denn dieses Subjekt bin ja eben auch ich selbst, wie jedes Erkennende es ist. Folglich wäre, im angenommenen Fall, meine Person allerdings noch da, aber wieder als Vorstellung, nämlich in meiner eigenen Erkenntniß. Denn sie wird, auch von mir selbst, immer nur mittelbar, nie unmittelbar erkannt: weil alles Vorstellungseyn ein mittelbares ist. Nämlich als Objekt , d.h. als ausgedehnt, raumerfüllend und wirkend, erkenne ich meinen Leib nur in der Anschauung meines Gehirns: diese ist vermittelt durch die Sinne, auf deren Data der anschauende Verstand seine Funktion, von der Wirkung auf die Ursache zu gehn, vollzieht und dadurch, indem das Auge den Leib sieht, oder die Hände ihn betasten, die räumliche Figur konstruirt, die im Raume als mein Leib sich darstellt. Keineswegs aber ist mir unmittelbar, etwan im Gemeingefühl des Leibes, oder im innern Selbstbewußtseyn, irgend eine Ausdehnung, Gestalt und Wirksamkeit gegeben, welche dann zusammenfallen würde mit einem Wesen selbst, das demnach, um so dazuseyn, keines Andern, in dessen Erkenntniß es sich darstellte, bedürfte. Vielmehr ist jenes Gemeingefühl, wie auch das Selbstbewußtseyn, unmittelbar nur in Bezug auf den Willen da, nämlich als behaglich oder unbehaglich, und als aktiv in den Willensakten, welche, für die äußere Anschauung, sich als Leibesaktionen darstellen. Hieraus nun folgt, daß das Daseyn meiner Person oder meines Leibes, als eines Ausgedehnten und Wirkenden , allezeit ein davon verschiedenes Erkennendes voraussetzt: weil es wesentlich ein Daseyn in der Apprehension, in der Vorstellung, also ein Daseyn für ein Anderes ist. In der That ist es ein Gehirnphänomen, gleichviel ob das Gehirn, in welchem es sich darstellt, der eigenen, oder einer fremden Person angehört. Im ersten Fall zerfällt dann die eigene Person in Erkennendes und Erkanntes, in Objekt und Subjekt, die sich hier, wie überall, unzertrennlich und unvereinbar gegenüberstehn. – Wenn nun also meine eigene Person, um als solche dazuseyn, stets eines Erkennenden bedarf; so wird dies wenigstens eben so sehr von den übrigen Objekten gelten, welchen ein von der Erkenntniß und deren Subjekt unabhängiges Daseyn zu vindiciren, der Zweck des obigen Einwandes war.
    Inzwischen versteht es sich, daß das Daseyn, welches durch ein Erkennendes bedingt ist, ganz allein das Daseyn im Raum und daher das eines Ausgedehnten und Wirkenden ist: dieses allein ist stets ein erkanntes, folglich ein Daseyn für ein Anderes . Hingegen mag jedes auf diese Weise Daseiende noch ein Daseyn für sich selbst haben, zu welchem es keines Subjekts bedarf. Jedoch kann dieses Daseyn für sich selbst nicht Ausdehnung und Wirksamkeit (zusammen Raumerfüllung) seyn; sondern es ist nothwendig ein Seyn anderer Art, nämlich das eines Dinges an sich selbst , welches, eben als solches, nie Objekt seyn kann. – Dies also wäre die Antwort auf den oben dargelegten Haupteinwand, der demnach die Grundwahrheit, daß die objektiv vorhandene Welt nur in der Vorstellung, also nur für ein Subjekt daseyn kann, nicht umstößt.
    Hier sei noch bemerkt, daß auch Kant unter seinen Dingen an sich, wenigstens so lange er konsequent blieb, keine Objekte gedacht haben kann. Denn dies geht schon daraus hervor, daß er bewies, der Raum, wie auch die Zeit, sei eine bloße Form unserer Anschauung, die folglich nicht den Dingen an sich angehöre. Was nicht im Raum, noch in der Zeit ist, kann auch nicht Objekt seyn: also kann das Seyn der Dinge an sich kein objektives mehr seyn, sondern nur ein ganz anderartiges, ein metaphysisches. Folglich liegt in jenem Kantischen Satze auch schon dieser, daß die objektive Welt nur als Vorstellung existirt.
    Nichts wird so anhaltend, Allem was man sagen mag zum Trotz und stets wieder von Neuem mißverstanden, wie der Idealismus , indem er dahin ausgelegt wird, daß man die empirische Realität der Außenwelt leugne. Hierauf beruht die beständige Wiederkehr der Appellation an den gesunden Verstand, die in mancherlei Wendungen und Verkleidungen auftritt, z.B. als » Grundüberzeugung « in der Schottischen Schule, oder als Jacobischer Glaube an die Realität der Außenwelt. Keineswegs giebt sich, wie Jacobi es darstellt, die Außenwelt bloß auf Kredit

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