Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)
vom Subjekt, als wenn man vom Objekt ausgeht, gefunden werden können; daher man sie mit gleichem Recht Anschauungsweisen des Subjekts, oder auch Beschaffenheiten des Objekts, sofern es Objekt (bei Kant: Erscheinung) d.h. Vorstellung ist, nennen kann. Auch kann man jene Formen ansehn als die untheilbare Gränze zwischen Objekt und Subjekt: daher zwar alles Objekt in ihnen erscheinen muß, aber auch das Subjekt, unabhängig vom erscheinenden Objekt, sie vollständig besitzt und übersieht. – Sollten nun aber die in diesen Formen erscheinenden Objekte nicht leere Phantome seyn; sondern eine Bedeutung haben: so müßten sie auf etwas deuten, der Ausdruck von etwas seyn, das nicht wieder wie sie selbst Objekt, Vorstellung, ein nur relativ, nämlich für ein Subjekt, Vorhandenes wäre; sondern welches ohne solche Abhängigkeit von einem ihm als wesentliche Bedingung Gegenüberstehenden und dessen Formen existirte, d.h. eben keine Vorstellung , sondern ein Ding an sich wäre. Demnach ließe sich wenigstens fragen: Sind jene Vorstellungen, jene Objekte, noch etwas außerdem und abgesehn davon, daß sie Vorstellungen, Objekte des Subjekts sind? Und was alsdann wären sie in diesem Sinn? Was ist jene ihre andere von der Vorstellung toto genere verschiedene Seite? Was ist das Ding an sich? – Der Wille : ist unsere Antwort gewesen, die ich jedoch für jetzt bei Seite setze.
Was auch immer das Ding an sich sei, so hat Kant richtig geschlossen, daß Zeit, Raum und Kausalität (die wir späterhin als Gestaltungen des Satzes vom Grunde, und diesen als allgemeinen Ausdruck der Formen der Erscheinung erkannt haben) nicht Bestimmungen desselben seyn, sondern ihm erst zukommen konnten, nachdem und sofern es Vorstellung geworden, d.h. nur seiner Erscheinung angehörten, nicht ihm selbst. Denn da das Subjekt sie aus sich selbst, unabhängig von allem Objekt, vollständig erkennt und konstruirt; so müssen sie dem Vorstellungseyn als solchem anhängen, nicht Dem, was Vorstellung wird. Sie müssen die Form der Vorstellung als solcher, nicht aber Eigenschaften Dessen seyn, was diese Form angenommen hat. Sie müssen schon mit dem bloßen Gegensatz vom Subjekt und Objekt (nicht im Begriff, sondern in der That) gegeben seyn, folglich nur die nähere Bestimmung der Form der Erkenntniß überhaupt seyn, deren allgemeinste Bestimmung jener Gegensatz selbst ist. Was nun in der Erscheinung, im Objekt, wiederum durch Zeit, Raum und Kausalität bedingt ist, indem es nur mittelst derselben vorgestellt werden kann, nämlich Vielheit , durch das Neben- und Nacheinander, Wechsel und Dauer , durch das Gesetz der Kausalität, und die nur unter Voraussetzung der Kausalität vorstellbare Materie, endlich alles wieder nur mittelst dieser Vorstellbare, – dieses Alles insgesammt ist Dem, das da erscheint, das in die Form der Vorstellung eingegangen ist, wesentlich nicht eigen, sondern hängt nur dieser Form selbst an. Umgekehrt aber wird Dasjenige in der Erscheinung, was nicht durch Zelt, Raum und Kausalität bedingt, noch auf diese zurückzuführen, noch nach diesen zu erklären ist, gerade Das seyn, worin sich unmittelbar das Erscheinende, das Ding an sich kund giebt. Diesem zufolge wird nun die vollkommenste Erkennbarkeit, d.h. die größte Klarheit, Deutlichkeit und erschöpfende Ergründlichkeit, nothwendig Dem zukommen, was der Erkenntniß als solcher eigen ist, also der Form der Erkenntniß; nicht aber Dem, was, an sich nicht Vorstellung, nicht Objekt, erst durch das Eingehn in diese Formen erkennbar, d.h. Vorstellung, Objekt, geworden ist. Nur Das also, was allein abhängt vom Erkanntwerden, vom Vorstellungseyn überhaupt und als solchem (nicht von Dem, was erkannt wird, und erst zur Vorstellung geworden ist), was daher Allem, das erkannt wird, ohne Unterschied zukommt, was eben deswegen so gut wenn man vom Subjekt, als wenn man vom Objekt ausgeht, gefunden wird. – Dies allein wird ohne Rücksicht eine genügende, völlig erschöpfende, bis auf den letzten Grund klare Erkenntniß gewähren können. Dieses aber besteht in nichts Anderm, als in den uns a priori bewußten Formen aller Erscheinung, die sich gemeinschaftlich als Satz vom Grunde aussprechen lassen, dessen auf die anschauliche Erkenntniß (mit der wir hier es ausschließlich zu thun haben) sich beziehenden Gestalten Zeit, Raum und Kausalität sind. Auf sie allein gegründet ist die gesammte reine Mathematik und die reine Naturwissenschaft a priori. Nur in diesen Wissenschaften daher
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