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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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schon im ganzen Daseyn unsers Leibes selbst ausspricht.
    Es bleibt uns nur noch der letzte Schritt zu thun übrig, die Ausdehnung unserer Betrachtungsweise auch auf alle jene Kräfte, welche in der Natur nach allgemeinen, unveränderlichen Gesetzen wirken, denen gemäß die Bewegungen aller der Körper erfolgen, welche, ganz ohne Organe, für den Reiz keine Empfänglichkeit und für das Motiv keine Erkenntniß haben. Wir müssen also den Schlüssel zum Verständniß des Wesens an sich der Dinge, welchen uns die unmittelbare Erkenntniß unsers eigenen Wesens allein geben konnte, auch an diese Erscheinungen der unorganischen Welt legen, die von allen im weitesten Abstande von uns stehn. – Wenn wir sie nun mit forschendem Blicke betrachten, wenn wir den gewaltigen, unaufhaltsamen Drang sehn, mit dem die Gewässer der Tiefe zueilen, die Beharrlichkeit, mit welcher der Magnet sich immer wieder zum Nordpol wendet, die Sehnsucht, mit der das Eisen zu ihm fliegt, die Heftigkeit, mit welcher die Pole der Elektricität zur Wiedervereinigung streben, und welche, gerade wie die der menschlichen Wünsche, durch Hindernisse gesteigert wird; wenn wir den Krystall schnell und plötzlich anschießen sehn, mit so viel Regelmäßigkeit der Bildung, die offenbar nur eine von Erstarrung ergriffene und festgehaltene ganz entschiedene und genau bestimmte Bestrebung nach verschiedenen Richtungen ist; wenn wir die Auswahl bemerken, mit der die Körper, durch den Zustand der Flüssigkeit in Freiheit gesetzt und den Banden der Starrheit entzogen, sich suchen und fliehn, vereinigen und trennen; wenn wir endlich ganz unmittelbar fühlen, wie eine Last, deren Streben zur Erdmasse unser Leib hemmt, auf diesen unablässig drückt und drängt, ihre einzige Bestrebung verfolgend; – so wird es uns keine große Anstrengung der Einbildungskraft kosten, selbst aus so großer Entfernung unser eigenes Wesen wiederzuerkennen, jenes Nämliche, das in uns beim Lichte der Erkenntniß seine Zwecke verfolgt, hier aber, in den schwächsten seiner Erscheinungen, nur blind, dumpf, einseitig und unveränderlich strebt, jedoch, weil es überall Eines und das Selbe ist, – so gut wie die erste Morgendämmerung mit den Strahlen des vollen Mittags den Namen des Sonnenlichts theilt, – auch hier wie dort den Namen Wille führen muß, welcher Das bezeichnet, was das Seyn an sich jedes Dinges in der Welt und der alleinige Kern jeder Erscheinung ist.
    Der Abstand jedoch, ja der Schein einer gänzlichen Verschiedenheit zwischen den Erscheinungen der unorganischen Natur und dem Willen, den wir als das Innere unsers eigenen Wesens wahrnehmen, entsteht vorzüglich aus dem Kontrast zwischen der völlig bestimmten Gesetzmäßigkeit in der einen und der scheinbar regellosen Willkür in der andern Art der Erscheinung. Denn im Menschen tritt die Individualität mächtig hervor: ein Jeder hat einen eigenen Charakter: daher hat auch das selbe Motiv nicht auf Alle die gleiche Gewalt, und tausend Nebenumstände, die in der weiten Erkenntnißsphäre des Individuums Raum haben, aber Andern unbekannt bleiben, modificiren seine Wirkung; weshalb sich aus dem Motiv allein die Handlung nicht vorherbestimmen läßt, weil der andere Faktor fehlt, die genaue Kenntniß des individuellen Charakters und der ihn begleitenden Erkenntniß. Hingegen zeigen die Erscheinungen der Naturkräfte hier das andere Extrem: sie wirken nach allgemeinen Gesetzen, ohne Abweichung, ohne Individualität, nach offen darliegenden Umständen, der genauesten Vorherbestimmung unterworfen, und die selbe Naturkraft äußert sich in den Millionen ihrer Erscheinungen genau auf gleiche Weise. Wir müssen, um diesen Punkt aufzuklären, um die Identität des einen und untheilbaren Willens in allen seinen so verschiedenen Erscheinungen, in den schwächsten, wie in den stärksten, nachzuweisen, zuvörderst das Verhältniß betrachten, welches der Wille als Ding an sich zu seiner Erscheinung, d.h. die Welt als Wille zur Welt als Vorstellung hat, wodurch sich uns der beste Weg öffnen wird zu einer tiefer gehenden Erforschung des gesammten in diesem zweiten Buch behandelten Gegenstandes 37 .

    § 24
    Wir haben von dem großen Kant gelernt, daß Zeit, Raum und Kausalität, ihrer ganzen Gesetzmäßigkeit und der Möglichkeit aller ihrer Formen nach, in unserm Bewußtseyn vorhanden sind, ganz unabhängig von den Objekten, die in ihnen erscheinen, die ihren Inhalt ausmachen, oder mit andern Worten: daß sie eben so wohl, wenn man

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