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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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für die er ein Nest baut; die junge Spinne nicht von dem Raube, zu dem sie ein Netz wirkt; noch der Ameisenlöwe von der Ameise, der er zum ersten Male eine Grube gräbt; die Larve des Hirschschröters beißt das Loch im Holze, wo sie ihre Verwandelung bestehn will, noch ein Mal so groß, wenn sie ein männlicher, als wenn sie ein weiblicher Käfer werden will, im ersten Fall um Platz für Hörner zu haben, von denen sie noch keine Vorstellung hat. In solchem Thun dieser Thiere ist doch offenbar, wie in ihrem übrigen Thun, der Wille thätig; aber er ist in blinder Thätigkeit, die zwar von Erkenntniß begleitet, aber nicht von ihr geleitet ist. Haben wir nun ein Mal die Einsicht erlangt, daß Vorstellung als Motiv keine nothwendige und wesentliche Bedingung der Thätigkeit des Willens ist; so werden wir das Wirken des Willens nun auch leichter in Fällen wiedererkennen, wo es weniger augenfällig ist, und dann z.B. so wenig das Haus der Schnecke einem ihr selbst fremden, aber von Erkenntniß geleiteten Willen zuschreiben, als das Haus, welches wir selbst bauen, durch einen andern Willen als unsern eigenen ins Daseyn tritt; sondern wir werden beide Häuser für Werke des in beiden Erscheinungen sich objektivirenden Willens erkennen, der in uns nach Motiven, in der Schnecke aber noch blind, als nach außen gerichteter Bildungstrieb wirkt. Auch in uns wirkt der selbe Wille vielfach blind: in allen den Funktionen unsers Leibes, welche keine Erkenntniß leitet, in allen seinen vitalen und vegetativen Processen, Verdauung, Blutumlauf, Sekretion, Wachsthum, Reproduktion, Nicht nur die Aktionen des Leibes, sondern er selbst ganz und gar ist, wie oben nachgewiesen, Erscheinung des Willens, objektivirter Wille, konkreter Wille: alles was in ihm vorgeht, muß daher durch Wille vorgehn, obwohl hier dieser Wille nicht von Erkenntniß geleitet ist, nicht nach Motiven sich bestimmt, sondern, blind wirkend, nach Ursachen, die in diesem Fall Reize heißen.
    Ich nenne nämlich Ursache , im engsten Sinne des Worts, denjenigen Zustand der Materie, der, indem er einen andern mit Nothwendigkeit herbeiführt, selbst eine eben so große Veränderung erleidet, wie die ist, welche er verursacht, welches durch die Regel »Wirkung und Gegenwirkung sind sich gleich« ausgedrückt wird. Ferner wächst, bei der eigentlichen Ursache, die Wirkung genau in eben dem Verhältniß wie die Ursache, die Gegenwirkung also wieder auch; so daß, wenn ein Mal die Wirkungsart bekannt ist, aus dem Grade der Intensität der Ursache der Grad der Wirkung sich messen und berechnen läßt, und so auch umgekehrt. Solche eigentlich sogenannte Ursachen wirken in allen Erscheinungen des Mechanismus, Chemismus u.s.w., kurz, bei allen Veränderungen unorganischer Körper. Ich nenne dagegen Reiz diejenige Ursache, die selbst keine ihrer Wirkung angemessene Gegenwirkung erleidet, und deren Intensität durchaus nicht dem Grade nach parallel geht mit der Intensität der Wirkung, welche daher nicht nach jener gemessen werden kann: vielmehr kann eine kleine Vermehrung des Reizes eine sehr große in der Wirkung veranlassen, oder auch umgekehrt die vorherige Wirkung ganz aufheben u.s.w. Dieser Art ist alle Wirkung auf organische Körper als solche: auf Reize also, nicht auf bloße Ursachen, gehn alle eigentlich organischen und vegetativen Veränderungen im thierischen Leibe vor. Der Reiz aber, wie überhaupt jede Ursache, und eben so das Motiv, bestimmt nie mehr, als den Eintrittspunkt der Aeußerung jeder Kraft in Zeit und Raum, nicht das innere Wesen der sich äußernden Kraft selbst, welches wir, unserer vorhergegangenen Ableitung gemäß, für Wille erkennen, dem wir daher sowohl die bewußtlosen, als die bewußten Veränderungen des Leibes zuschreiben. Der Reiz hält das Mittel, macht den Uebergang zwischen dem Motiv, welches die durch das Erkennen hindurchgegangene Kausalität ist, und der Ursache im engsten Sinn, in den einzelnen Fällen liegt er bald dem Motiv, bald der Ursache näher, ist indessen doch noch immer von Beiden zu unterscheiden: so geschieht z.B. das Steigen der Säfte in den Pflanzen auf Reiz und ist nicht aus bloßen Ursachen, nach den Gesetzen der Hydraulik, noch der Haarröhrchen, zu erklären: dennoch wird es wohl von diesen unterstützt und ist überhaupt der rein ursächlichen Veränderung schon sehr nahe. Hingegen sind die Bewegungen des Hedysarum gyrans und der Mimosa pudica , obwohl noch auf bloße Reize erfolgend, dennoch schon denen auf Motive

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