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Die Welt in mir (German Edition)

Die Welt in mir (German Edition)

Titel: Die Welt in mir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Neuberger
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versuchte
ich krampfhaft, mein Kleid etwas runterzuziehen, weil es beim Sitzen schon
unverschämt kurz war. Nach einiger Zeit gab ich aber meinen nicht von Erfolg
gekrönten Versuch auf und fand mich mit der Tatsache ab. Ich hatte mir die
Suppe eingebrockt, jetzt musste ich sie auslöffeln. In meinem Fall bedeutete
dies, ich hatte das Kleid angezogen, jetzt musste ich damit leben.
    Irgendwann verließen wir meine
gewohnte Umgebung und fuhren in einen Stadtteil, den ich nicht kannte. Die
Gegend wurde immer unheimlicher. Ich fragte mich, ob Alex vielleicht doch nicht
übertrieben hatte, als er gesagt hatte, wir würden auf zwielichtige Typen
treffen.
    Endlich hielten wir an und standen
vor einer Bar, die ihre beste Zeit offensichtlich schon hinter sich hatte. Als wir
eintraten, bestärkte sich mein Eindruck. Es gab nur schummriges Licht und es roch
nach Rauch und Alkohol. Das Mobiliar war alt, und neben der Bar gab es noch ein
paar Tische sowie mehrere Billardtische.
    Alex lenkte mich zur Bar und
ich setzte mich neben ihn auf einen Hocker.
    Die anderen Gäste musterten uns.
Mein Selbstbewusstsein rutschte in den Keller. Ich wünschte, ich hätte etwas
weniger Aufreizendes und eher Unscheinbares angezogen. Doch solange Alex an
meiner Seite blieb, hatte ich wohl nichts zu befürchten.
    Er bestellte uns zwei Bier,
ohne mich zu fragen, ob ich es mochte und dazu einen Burger. Zwar war ich mir
nicht sicher, ob man sich in diesem Laden keine Lebensmittelvergiftung einfing,
aber ich hatte keine Lust, mit Alex über die Wahl des Lokals zu diskutieren.
Vor allem nicht, wenn die Aussicht bestand, dass er mich wutentbrannt hier
sitzen ließ. Zwar glaubte ich dies nicht, aber ein Risiko wollte ich nicht
eingehen.
    „Entspann dich. Dir passiert
hier nichts. Aber ich wette, du hättest jetzt lieber Jeans an.“
    Damit traf er den Nagel auf den
Kopf. Aber dies ließ ich mir nicht anmerken. Ich war noch nicht bereit, auch
diesen Versuch mich gegen ihn zu behaupten − auch wenn mir dabei nichts
Besseres eingefallen war, als ein zu kurzes Kleid anzuziehen − als
gescheitert anzusehen. Sollte er ruhig glauben, ich würde mich unwohl fühlen.
Den Triumph, damit richtig zu liegen, wollte ich ihm nicht gönnen. Also reiß dich zusammen, Clara! , sagte
ich zu mir selbst und straffte die Schultern. Ich setzte mein
selbstbewusstestes Lächeln auf und schaute ihn an. „Ich wohne mit einem
zwielichtigen Typen zusammen, da glaubst du doch nicht etwa, dass diese Jungs
hier mich aus der Ruhe bringen“, flüsterte ich ihm ins Ohr und war wahnsinnig stolz
auf mich. Das Kleid hatte mich offenbar nicht nur äußerlich in einen Vamp
verwandelt.
    Ich nippte an meinem Bier. Alex
machte es mir nach. Auf seinen Lippen sah ich wieder den amüsierten Ausdruck,
den er immer hatte, wenn er das Gefühl hatte, mich ein Stückchen mehr zu einem
bösen Mädchen gemacht zu haben.
    Beim Essen plauderten wir noch
einmal über das Training, und ich musste gestehen, dass der Burger erstaunlich
gut schmeckte.
    Alex verriet mir, dass er nur
aufgrund des Essens herkam und die Bar eher zufällig entdeckt hätte. An einem
Abend hätte er etwas Dampf ablassen wollen, wie er sagte, und ich vermutete, er
meinte damit, er wollte sich prügeln, als er hier in der Kneipe gelandet war.
Zum Schluss hatte ihm das gute Essen milde gestimmt, was wohl so viel bedeutete
wie, dass er seine Fäuste doch nicht eingesetzt hatte.
    Eine so entspannte Plauderei,
in der er auch freiwillig etwas von sich preisgab, und war es nur eine alberne
Geschichte über das Essen, hatten Alex und ich noch nie gehabt. Ich glaubte
schon fast daran, es könnte ein toller Abend werden, bis er seinen Blick an mir
hochgleiten ließ. Von meinen Pumps über meine nackten Beine bis hin zu meinem
Kleid und meinem Gesicht. Ich wand mich unter seinem Blick und bekam eine
Gänsehaut.
    „Ehrlich Kleine, wo hast du nur
dieses Kleid her?“
    Mit trockenem Mund erklärte ich
ihm, wie eine Freundin es mir aufgedrängt hatte. Eigentlich hätte ich sagen
sollen, dass ich tausende solcher Kleider im Schrank hatte oder etwas anderes Keckes
und Selbstbewusstes. Aber nach seiner Musterung waren mir die guten Sprüche
ausgegangen.
    „Habe ich es mir gedacht. So
ein Kleid passt nicht zu jemandem wie dir.“
    Jemanden wie mir? Was meinte er
damit? Klang auf jeden Fall nicht nach einem Kompliment. Was bildete er sich
eigentlich ein? Zugegeben, war es nicht mein gewohntes Outfit, aber das hieß
doch nicht, es würde mir nicht

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